Urteile Was Sie in der Mittagspause besser nicht tun sollten

Wir haben Ihnen diese Woche schon gesagt, was Sie in der Mittagspause tun sollten. Doch mindestens genauso wichtig ist, was sie nicht tun sollten. Einige kuriose Fälle bieten Anschauungsmaterial. So kann schon ein Bier in der Mittagszeit verhängnisvoll sein - selbst ein alkoholfreies.

Ski-EventDer Geschäftsführer eines Finanzunternehmens nahm an einem mehrtägigen Ski-Event teil, das die örtliche Volksbank organisiert hatte. Es sollte eine Kombination aus "Skivergnügen und Informationen zu aktuellen Finanzthemen" bieten. Im Vordergrund stand das Kontakteknüpfen. Der Geschäftsführer erlitt am Vormittag - nach eigenen Angaben in der Mittagspause - einen Skiunfall. Das rechte Kreuzband riss. Die gesetzliche Unfallversicherung wollte für die Folgen aber nicht aufkommen: Es handele sich um einen privaten Skiunfall, keinen Arbeitsunfall. Das sah der Geschäftsführer anders. Der Networking-Gedanke habe bei der gesamten Veranstaltung im Vordergrund gestanden, daher könne sie nicht in betriebliche und private Tätigkeiten aufgeteilt werden. Außerdem sei er mit den Skiern auf dem Weg zum Mittagessen auf einer Alm mit potenziellen Geschäftspartnern gewesen. Doch das Bayerische Landessozialgericht wies ihn ab (L 17 U 484/10): Die Alm für die Mittagspause sei viel leichter direkt zu Fuß oder mit einer Gondelbahn erreichbar gewesen, die Skiabfahrt sei daher nicht betrieblich notwendig gewesen, der Unfall also Privatsache. Quelle: dpa
KantineEine Lehrerin wich in der Mittagspause stets auf die Kantine einer benachbarten Sparkasse aus, da die Schule selbst keine Kantine hatte. Eines Tages blieb sie nach dem Essen im Sparkassengebäude auf der Treppe mit dem Schuh hängen, stürzte und verdrehte sich das rechte Knie. Sie riss sich das vordere Kreuzband und erlitt weitere Verletzungen. Die Lehrerin ging von einem Arbeitsunfall aus, doch die gesetzliche Unfallversicherung wies sie ab. Zu Recht, wie das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied (L 8 U 1506/13). Bei der Mittagspause sei nur das Zurücklegen der Wege zum und vom Ort des Mittagsessens versichert, nicht aber der Aufenthalt am Zielort. Da die Lehrerin noch im benachbarten Sparkassengebäude gestürzt war, sei der Sturz kein Arbeitsunfall. Wäre sie hingegen vor der Sparkasse und damit auf dem direkten Rückweg gestützt, hätte die Versicherung leisten müssen. Quelle: dpa
EispauseEin Kfz-Mechaniker verließ im Hochsommer gegen Mittag die Montagehalle um sich in einer kurzen Pause bei einem Eis zu erholen. Er stellte sich vor eine Tür, die ein Kollege schwungvoll öffnete. Die Tür traf ihn an der linken Ferse. Ein Achillessehnenriss und eine Schnittwunde waren die Folge. Die gesetzliche Unfallversicherung wollte auch hier nicht einspringen. Arbeitspausen seien nur ausnahmsweise versichert, wenn sie dazu dienten, der durch besondere Umstände der Tätigkeit verursachten Schwächung der Arbeitskraft entgegen zu wirken. Allein die Hitze in der Montagehalle sei aber noch kein ausreichender Anlass für eine Eis-Pause. ... Quelle: dpa/dpaweb
...Das Sozialgericht Heilbronn zeigte mehr Verständnis (S 13 U 1513/11). Sobald sich die "Nahrungsaufnahme abweichend von dem normalen Ess- und Trinkverhalten" abspiele und objektiv der betrieblichen Tätigkeit zugeordnet werden könne, sei ein Zusammenhang mit der Arbeit gegeben. Zwar sei der Verzehr von Eis normalerweise Privatvergnügen. Im vorliegenden Fall, bei Außentemperaturen von 30 Grad zum Unfallzeitpunkt, sehe die Angelegenheit aber anders aus. Urteil: Arbeitsunfall. Quelle: dpa
ForstarbeiterEin Forstarbeiter traf bei der Fahrt mit einem Bagger im Wald andere Forstarbeiter, die Mittagspause machten. Die Kollegen wollten ein Stück mitfahren. Er nahm sie auf der Baggerschaufel mit. Bei der Weiterfahrt senkte sich die Schaufel plötzlich bis zum Boden ab. Einer der Forstarbeiter wurde schwer verletzt, sein linker Unterschenkel musste amputiert werden. Der Baggerfahrer wurde vom Oberlandesgericht Zweibrücken dazu verdonnert der Berufsgenossenschaft knapp 85.000 Euro zu erstatten (1 U 197/12). Das entsprach zwei Drittel der Summe, die führ Behandlung und Verletztenrente angefallen waren. Zwar trage der mitfahrende Kollege eine Mitschuld, da er die Risiken gekannt haben musste. Die Hauptschuld treffe aber den Fahrer, da er dem Kollegen verbotenerweise die Mitfahrt ermöglicht habe. Quelle: dpa
WendemanöverDer Mitarbeiter eines Reifendienstes wollte auf dem Weg zu einem Kundentermin mit dem Auto wenden und fuhr dafür auf einen Supermarkt-Parkplatz. Kurzentschlossen stieg er aus und kaufte im Supermarkt zwei Berliner. Beim Verlassen der Parklücke fuhr er gegen einen Pfosten und erlitt ein Schleudertrauma. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte auch hier die Leistung ab. Der Unfall sei wegen des Einkaufs Privatsache. Die Unterbrechung des Dienstweges ende erst dann, wenn der öffentliche Verkehrsraum wieder erreicht sei. Doch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zeigte Lokalpatriotismus und machte aus den zwei Berlinern keine große Sache: Da dem Reifendienst-Mitarbeiter die Lust auf Berliner erst auf dem Parkplatz gekommen sei und er den Parkplatz eigentlich nur zum Wenden befahren habe, sei der Unfall ein Arbeitsunfall (L 3 U 287/11). Quelle: Fotolia
Porno-SeitenIn einem Autohaus machte eine Betriebsvereinbarung strikte Vorgaben zu den Arbeitszeiten. So sollte die Mittagspause stets zwischen 12 Uhr und 12 Uhr 45 stattfinden. Auch sonst gab es klare Regeln: Die private Internetnutzung war während der Arbeitszeit zum Beispiel untersagt. Ein angestellter Buchhalter hielt sich offenbar nicht so genau daran. Die Geschäftsführung warf ihm vor, er habe die Mittagszeit einfach durchgearbeitet und sei dafür vor dem festgesetzten Arbeitszeitende von 17 Uhr gegangen. Außerdem habe er während der Arbeitszeit privat im Internet gesurft und Porno-Seiten besucht. Für die Geschäftsführung eine klare Sache: Fristlose Kündigung. Doch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz kippte die Kündigung, ohne sich genauer mit den angeblichen Verfehlungen zu beschäftigen (9 Sa 85/12). So habe die Geschäftsführung den Betriebsrat nur sehr pauschal über die genauen Kündigungsgründe informiert. Das reiche für eine wirksame Kündigung nicht aus. Quelle: dpa
BierpauseEin Polizeibeamter aus Regensburg verstand die Welt nicht mehr. Er hatte seine Mittagspause in Zivilkleidung im Spätsommer draußen, vor einem Café, verbracht und dort ein alkoholfreies Bier getrunken. Nun sollte er plötzlich 400 Euro Geldbuße zahlen, weil er gegen die dienstliche Gehorsamspflicht verstoßen habe. Verrückt? Nein, völlig richtig, entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (16a DZ 10.1644). So habe das Bayerische Staatsministerium des Inneren schon im Jahr 2000 angeordnet, dass Polizeibeamte auch "in angemessener Zeit vor dem Dienstbeginn" weder Alkohol noch alkoholfreies Bier trinken dürften. Diese Anordnung sei gerechtfertigt und wirksam, so die Richter. So könne allein Biergeruch für Dritte den Anschein erwecken, ein Polizist sei alkoholisiert. Alkoholgenuss sei jedoch für Polizeibeamten im Dienst oder vor dem Dienst offensichtlich mit den Dienstaufgaben unvereinbar. Um Missverständnissen vorzubeugen sei es daher rechtens, dass die Anordnung auch für alkoholfreies Bier gelte. Die Regelung betreffe natürlich auch Mittagspausen. Es spiele zudem keine Rolle, ob ein Polizist diese in Uniform verbringe oder nicht. Quelle: dpa
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