Work-Life-Balance Was bringen Wohlfühlmanager wirklich?

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Wohlfühlmanager machen den miesen Chef nicht gut

Wohlbefinden ist für 62 Prozent Menschen das neue Statussymbol, wie eine internationale Studie zeigt. Damit verweist das innere Lächeln andere Faktoren wie eine gute Beziehung (48 Prozent) oder beruflichen Erfolg (47 Prozent) auf die Plätze. Von Autos, Mode, Ruhm oder Reichtum ganz zu schweigen. Das geht so weit, dass 18 Prozent eine Gehaltserhöhung ausschlagen würden, um ihr Wohlbefinden zu verbessern. Gut nachvollziehbar, wird doch Stress als größter Feind des Wohlbefindens empfunden.

Hier kommen die Wohlfühl- oder Feelgood-Manager ins Spiel: Ob Google mit seiner für Mitarbeiter kostenfreien Verpflegung das Feel-good-Management begründet hat, lässt sich nicht genau sagen. Tatsache ist jedoch, dass Unternehmen vermehrt Bemühungen anstellen, um das Arbeitsklima zu verbessern. In Deutschland sind solche Wohlfühlmanager jedoch noch die Ausnahme.

Was erfolgreiche Unternehmen für ihre Mitarbeiter tun

Um das Thema im Unternehmen dennoch zu etablieren, ließe sich am besten ein Lenkungskreis einrichten, der Vorschläge der Mitarbeiter sammelt und anschließend nach Möglichkeit umsetzt. Mitglieder eines solchen Lenkungskreises sollten verschiedene Hierarchiestufen repräsentieren, um eine breite Akzeptanz herzustellen.Unternehmen, Arbeitskreise und Feel-good-Manager sollten sich jedoch über drei Dinge im Klaren sein:

  1. Ein Wohlfühlmanager kann schlechte Führung nicht ausgleichen
    Es bleibt oberstes Führungsgebot, sich um die Menschen im Unternehmen zu kümmern. Auch wenn es die meisten Führungskräfte nicht gelernt haben, ist die heutige Welt eher eine Welt der Menschen als der Dinge. Wenn eine Maschine ausfällt, ist das teuer und unangenehm. Wenn die beste Fachkraft ausfällt, ist es noch viel schlimmer.

  2. Der Ruf nach Wohlbefinden kann neuen Stress auslösen
    Niemand ist jeden Tag gleich gut drauf. Das Bewusstsein, nun auch noch neue Erwartungen erfüllen zu müssen, die ich nur teilweise beeinflussen kann, könnte nach hinten losgehen. Sport und Spiel kann Spaß machen, aber auch neuen Leistungsdruck erzeugen. Selbst wenn das Prinzip der Freiwilligkeit gilt, kann Gruppendruck dieses zunichtemachen.

  3. Niemand ist für unser Wohlbefinden zuständig außer uns selbst
    Was bereits von zahlreichen Maßnahmen zum Gesundheitsmanagement bekannt ist, wird auch hier gelten: Die Gefahr besteht, dass sich Mitarbeiter „bespaßen“ lassen, die Ansprüche immer höher schrauben und trotzdem nie zufrieden sind. Die Verantwortung für sich selbst wird in dem Maß verloren gehen, wie sie dem Einzelnen abgenommen wird.

Tipps für mehr Wohlbefinden im Büro
Rund 17 Millionen Menschen in Deutschland arbeiten im Büro. Die 80.000 Stunden, die sie im Laufe ihres Lebens im Sitzen verbringen, sollten sie am besten an einem schönen Arbeitsplatz verbringen – das fördert Leistung und Motivation. Quelle: dpa Picture-Alliance
Mischarbeit: Dabei werden Arbeitsplatz und Tätigkeiten regelmäßig gewechselt. Bewegungsarme Aufgaben sollten sich mit Bewegung abwechseln und Aufgaben, die Konzentration erfordern, mit solchen, die weniger Aufmerksamkeit erfordern. Quelle: dpa
Wer am Schreibtisch arbeitet, bekommt schnell Probleme mit dem Rücken. Das Sitzen sollte mit Arbeiten im Stehen wechseln. Zum Telefonieren daher einfach mal aufstehen! Quelle: dpa
Bei der Gestaltung des Büros spielt die richtige Beleuchtung eine entscheidende Rolle. Sie beeinflusst Augenleiden, Konzentrationsfähigkeit und verhindert Kopfschmerzen. Quelle: dpa Picture-Alliance
Das Hermsdorfer Kreuz in Thüringen: Ob Bus, Bahn oder Auto – Millionen Deutsche pendeln täglich zwischen Heimat und Arbeitsplatz. Verlorene Freizeit, Verspätungen und Stau sorgen für Stress, den es besser zu vermeiden gilt. Quelle: dpa-dpaweb
Work-Life-Balance ist das Stichwort für zufriedene Arbeitnehmer: Wer zum Teil im Home-Office arbeiten darf, profitiert im Privatleben. Quelle: obs
Die Anforderungen und Tätigkeiten müssen vielseitig und den Fähigkeiten des Mitarbeiters angemessen sein. Denn Unterforderung wirkt sich ebenso nachteilig auf das Wohlbefinden und die Gesundheit aus wie dauernde Überforderung. Quelle: dpa

Denn letztlich kann jeder selbst etwas für sein Wohlbefinden tun. Die Psychologin Sonja Lyubomirsky und ihre Kollegen wollten wissen, ob und wenn ja, wie wir Wohlbefinden trainieren können. Sie verglichen drei Trainings, zwei für Wohlbefinden, bei denen Dankbarkeit und Optimismus trainiert wurden, und ein Organisationstraining. Das Ergebnis zeigte ganz klar, dass die Wohlbefindentrainings nur dann nützlich waren, wenn die Teilnehmer motiviert waren und beharrlich übten.

Die motivierten und engagierten Teilnehmer hatten nach Trainingsende und sechs Monate später deutlich höhere Wohlbefindenswerte als die Teilnehmer der Kontrollgruppe. Die Wissenschaftler konnten außerdem bestätigen, dass gestresste Personen mit Problemen oder schlechter Stimmung ganz besonders von Wohlbefindenstrainings profitieren. Das Beste: Allein die Absicht, etwas Gutes für sich zu tun, hat schon eine entsprechende Wirkung. Wer keinen Wohlfühlmanager à la Google im Betrieb hat, ist also seines eigenen Glückes Schmied. Das Thema Wohlbefinden bei der Arbeit wird sein, was wir daraus machen. Wir können bei einer Mode mitmachen, um dabei zu sein, oder eine Chance für eine neue Arbeitskultur ergreifen, von der jeder profitiert.

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