Der gesamte Abi-Jahrgang mit 27 Schülern einer privaten Fachoberschule in Schweinfurt ist bei der Abschlussprüfung durchgefallen. Nachdem die Eltern der Schüler Alarm geschlagen und dem Betreiber der Schule mit Schadenersatzklagen drohen, hat das bayrische Kultusministerium angekündigt, die Qualität der Einrichtung unter die Lupe zu nehmen. Es sei offensichtlich, dass die Schüler nicht aus eigenem Verschulden durchgefallen seien, sagte der Sprecher des Ministeriums, Ludwig Unger. „Offensichtlich war die Vorbereitung an der Schule so unzureichend, dass keiner der Schüler auch nur annähernd die nötigen Kompetenzen für die Prüfung mitbrachte.“ Am Ende einer umfangreichen Analyse der Situation an der privaten Fachoberschule in Schweinfurt könnte die Genehmigung für die Schule aberkannt werden.
Der Inhaber und Leiter der Privatschule, Michael Schwarz, war am Montag nicht für eine persönliche Stellungnahme zu erreichen. Der „Mainpost“ hatte er zuvor gesagt, dass er die Verantwortung für die Situation übernehme. Er hätte es demnach verstanden, wenn „acht, neun, zehn oder sogar die Hälfte“ gescheitert wären, aber mit diesem Debakel sei nicht zu rechnen gewesen. Am Mittwoch will er sich öffentlich äußern.
Schwarz betreibt in Schweinfurt eine Realschule, eine Wirtschaftsschule und seit 2011 auch eine Fachoberschule, auf der Real- und Wirtschaftsschüler ein Fachabitur erwerben können, dass den Zugang zu Fachhochschulen gestattet. Die Fachoberschule war vom Kultusministerium genehmigt, aber noch nicht anerkannt worden. Das bedeutet, dass die Schüler die Abiturprüfungen, die in Bayern landesweit einheitlich sind, an einer anderen staatlichen Schule ablegen müssen. Die "ungenügenden" Benotungen - auch "sechs" genannt - wurden also nicht von denselben Lehrern vergeben, die die Schweinfurter Schüler auch unterrichteten.
Laut Rechtsanwältin der Eltern der betroffenen Schüler, Patricia Fuchs-Politzki hatten diese schon vor der Prüfung über schlechte Lehrer und veraltete Lehrbücher geklagt. Die Werbung auf der Homepage der privaten Fachoberschule verheißt dagegen "eine Schule mit familiärer Atmosphäre und optimaler Betreuung in kleinen Klassen" und "eine Lernumgebung, die von gegenseitigem Respekt geprägt ist".
Für den bayrischen Kultusminister Ludwig Spaenle ist die Affäre höchst unangenehm, da man sich in Bayern sehr viel auf die überdurchschnittliche Qualität des Schulwesens zugute hält. Beim Genehmigungsverfahren für Privatschulen achte man vor allem auf die Qualifikation der Lehrer, sagte Sprecher Unger. Die von Schwarz schon länger betriebene Realschule und die Wirtschaftsschule sind nicht nur genehmigt, sondern auch staatlich anerkannt.
Ein Beauftragter des Ministeriums wird nun ein Treffen zwischen Schwarz und den Eltern der durchgefallenen Schüler organisieren. Man werde den Schülern "kulante" Optionen bieten, auf anderen Schulen das Fachabitur nachzuholen. Für die Schüler und deren Eltern sei es entscheidend, eine Lösung zu finden, die dafür sorge, "dass Sie nicht ihr Leben lang mit einem roten Balken im Lebenslauf belastet würden", sagte Fuchs-Politzki. "Wir werden die jungen Menschen nicht im Regen stehen lassen", hieß es dazu aus dem Ministerium.
Mit Material von dpa