Arbeitszufriedenheit Lehrer jammern nicht mehr als andere

Die Mär vom jammernden Lehrer scheint widerlegt zu sein. Bildungsforscher der Universität des Saarlandes haben in einer repräsentativen Studie herausgefunden, dass Lehrer trotz aller Belastungen ziemlich zufrieden sind.

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Die Länder mit den glücklichsten Schülern
Blick auf die isländische Hauptstadt Reykjavik Quelle: dpa
KasachstanDas zentralasiatische Steppenland steht nicht gerade für ein leistungsfähiges Schulsystem. Bei der Lesekompetenz schneiden die 15-jährigen Kasachen miserabel schlecht ab, untertroffen nur von Katar und Peru.  Doch sie sind umso glücklicher in ihren Schulen. Quelle: REUTERS
Eine Schülerin tanzt auf einer Parade am Independence Day in San Jose Quelle: REUTERS
Eine Frau schwenkt die Nationalflagge Mexikos Quelle: dapd
Schüler in Malaysia Quelle: dpa
Schüler in Kolumbien Quelle: dpa
Schüler in Thailand Quelle: dpa

Lehrer gelten als ein Berufsstand, der besonders unzufrieden mit seinen Arbeitsbedingungen ist – und besonders lautstark darüber jammert. Das meinte man zumindest bisher.

Doch das sei alles nur eine Mär, sagen jetzt Bildungsforscher von der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Tatsächlich sind nämlich Deutschlands Lehrer trotz der unleugbaren Belastungen mit ihrer Arbeit offenbar vergleichsweise zufrieden.

Dieses überraschende Ergebnis konnten Johannes Schult, Manuela Münzer-Schrobildgen und Jörn Sparfeldt aus der Analyse von Daten aus dem Sozioökonomischen Panel (SOEP) 2006 und 2011 ziehen. Das SOEP umfasst Antworten von 25 000 Personen, die seit 1984 jährlich über ihren Beruf und andere Aspekte des Lebens befragt werden. Die Saarbrücker Forscher hatten daraus die Daten von 425 Lehrern mit denen von Ärzten, Ingenieuren, Erziehern, Pflegern und Verwaltungsbediensteten verglichen. Und dieser Vergleich zeigte, dass Lehrer im Schnitt etwas zufriedener mit ihrer Arbeit sind als die anderen Berufsgruppen. Die Unterschiede sind allerdings sehr gering. Auch das Gefühl, besonders belastet zu sein und wenig anerkannt zu werden, ist bei allen untersuchten Berufsgruppen ähnlich ausgeprägt.

Die Arbeitszufriedenheit von Menschen wird in der Psychologie als das Ergebnis des Vergleichs der Bedürfnisse an den Beruf mit den Realisierungsmöglichkeiten. Als zufrieden gelten Arbeitende, die mit den Belastungen der Arbeit erfolgreich umgehen können, die also das Empfinden haben, dass ihre Anstrengungen  angemessen belohnt werden – nicht nur durch Geld, sondern auch durch Anerkennung, Erfolgserlebnisse, Aufstiegschancen. Wenn das nicht der Fall ist, spricht man von einer „Gratifikationskrise“, die umso stärker ist, wenn zur fehlenden Belohnung auch noch erhöhter Zeitdruck dazu kommt.  

Doch wie ist dieser Widerspruch zwischen dem populären Bild des unzufriedenen Lehrers und dem Ergebnis des SOEP zu erklären? Die Saarbrücker Forscher unterstellen, dass die meisten bisherigen Umfragen unter Lehrern nicht repräsentativ waren. Wenn man willkürlich Fragebögen an Lehrer schicke, antworteten eben vor allem die unzufriedenen, um ihrem Unmut Luft zu machen, und verzerrten damit die Ergebnisse. Im SOEP ist diese Fehlerquelle weitestgehend ausgeschaltet, weil jährlich dieselben Menschen befragt werden.

Die Studie macht allerdings schon im Titel – „Belastet, aber hochzufrieden?“ – klar, dass Lehrer keineswegs einen stressfreien Beruf haben. Immerhin klagen 59 Prozent von ihnen über einen hohen Zeitdruck und eine daraus resultierende Belastung. Dass Pfleger, Ärzte und Ingenieure noch öfter klagen, ist für die Betroffenen vermutlich ein geringer Trost.  

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