Auslandssemester Die große Erasmus-Lüge

Von einem Auslandssemester erhoffen sich die meisten Studenten bessere Jobchancen. Jetzt zeigt eine Studie, dass dieser Zusammenhang nicht existiert – es gibt aber Ausnahmen.

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StuPaDas Studierendenpa rlament gilt als die Vertretung der Studenten einer Universität und wird einmal im Jahr gewählt. Zu den Aufgaben des StuPa gehört es beispielsweise, den ASta, also den Allgemeinen Studierendenausschuss, zu wählen. Quelle: dpa
SWSDie SWS oder S emesterw ochens tunde ist - wie auch die Schulstunde, 45 Minuten lang. Sie gibt an, wie viel Zeit eine Vorlesung oder ein Seminar pro Woche in Anspruch nimmt. Quelle: dpa
OrchideenfächerAls Orchideenfächer werden Studiengänge wie Afrikanistik oder Ägyptologie bezeichnet, die nur an sehr wenigen Universitäten angeboten und in der Regel kaum belegt werden. Quelle: dpa
DAADDer DAAD oder Deutscher Akademischer Austauschd ienst hat seinen Sitz in Bonn und setzt sich für den internationalen Austausche von Studierenden und Wissenschaftlern ein. Das bedeutet, dass der DAAD Austauschprogramme betreut und fördert, ein weltweites Uninetzwerk pflegt und Stipendien für Auslandssemester vergibt. Quelle: GNU
TOEFLFür manche Praktika und Jobs ist der TOEFL die Zugangsvoraussetzung. Der Test of English as a Foreign Language ist ein standardisierter Englischtest, der international anerkannt wird. Der Test dauert rund vier Stunden und gibt Auskunft über das Hörverständnis sowie die Fähigkeiten, Englisch zu sprechen, lesen und schreiben. Quelle: dpa/dpaweb
Konsekutive MasterMit der Bologna-Reform kamen auch die neuen Abschlüsse Bachelor und Master an die deutschen Hochschulen. Bei den Masterstudiengängen wird zwischen konsekutivem und nicht-konsekutivem Master unterschieden. Für ersteren können sich nur Studierenden einschreiben, die ihren Bachelorabschluss im gleichen Fach absolviert haben. Beim nicht-konsekutiven Master handelt es sich um ein inhaltlich eigenständiges Fach, das nicht auf die Inhalte eines bestimmten Bachelor-Studiengangs aufbaut. Quelle: obs
CHEDas Centrum für Hochschule ntwicklung von der Bertelsmann Stiftung erstellt unter anderem jährliche Unirankings. Die gemeinnützige GmbH bezeichnet sich selbst als Reformwerkstatt des deutschen Hochschulwesens und verfügt jährlich über ein Budget in Höhe von 1,6 Millionen Euro. Dieses Geld verwendet das 1994 gegründete CHE beispielsweise für Förderprogramme an Hochschulen. Quelle: Presse

Jeder, der irgendwann in den 2000er Jahren studiert hat oder es heute noch tut, durchläuft die Uni mit einem simplen Dogma im Kopf: Geh ins Ausland! Geh! Wenn du später einen guten Job bekommen will, musst du Praktika vorweisen können, klar, aber eben auch Auslandserfahrung. In jeder Behördenbroschüre ist das zu lesen, auf jeder Jobmesse tönt es einem entgegen. Die Anweisung hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Die Anzahl der Studenten, die ein oder zwei Semester im Ausland verbringen, ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen.

Waren Auslandssemester in den Neunzigerjahren noch eine Rarität, sind sie heute Gewohnheit: Rund jeder vierte Student verbringt mindestens ein Semester im Ausland, fast 40 Prozent der Studenten gelten heute als „auslandsmobil“, haben also Studium, längeren Sprachkurs oder Praktikum im Ausland verdient. Mit dem Austauschprogramm „Erasmus“ der EU ist die Sache erst einfacher geworden, dann selbstverständlich. Nicht alle Studenten gehen dabei zwar aus Karrieremotiven ins Ausland und die wenigsten bereuen es später, ob sie beruflichen Erfolg haben oder nicht. Doch fast alle sind sich hinterher sicher, dass es ihnen auch beruflich genützt habe.

In diesen Ländern studieren die Deutschen am liebsten
Zuhause zu pauken ist langweilig, denken sich immer mehr deutsche Studenten und gehen zum lernen ins Ausland. Was sie dort studieren, ist von Land zu Land verschieden. In Australien studieren fast sechs von zehn deutschen Studenten Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, in Ungarn dagegen fast drei Viertel Humanmedizin. In Frankreich beschäftigt sich die Hälfte der deutschen Studenten mit der Fächergruppe „Sprach- und Kulturwissenschaften, Sport“. Quelle: dpa
Platz 10. Dänemark 2,200 deutsche Studenten schrieben sich 2010 in dänischen Hochschulen ein. Quelle: dpa
Platz 9. Spanien Auch ins sonnige Spanien zieht es die deutschen Studierenden. 2010 haben 2,700 deutsche Studenten spanische Hochschulen besucht, im Vergleich zum Vorjahr ist deren Zahl allerdings kaum gestiegen. Quelle: dpa
Platz 8. Schweden In Schweden studierten nach Angaben des statistischen Bundesamtes 2010 4000 Deutsche. Zehn Jahre zuvor waren es nur halb so viele. Quelle: dpa
Platz 7. China Auf der Beliebtheitsskala deutscher Studenten liegt China auf dem 7. Platz. 4800 Studierende entschieden sich für ein Studium an einer der Hochschulen der aufstrebenden Wirtschaftsmacht. Seine Beliebtheit ist rasant gestiegen - im Jahr 2000 hat das statistische Bundesamt nicht einmal Daten zu deutschen Studierenden in China erhoben. Quelle: REUTERS
Platz 6. Frankreich Auch nach Frankreich zieht es die deutschen Studenten. 6252 von ihnen waren 2010 dort eingeschrieben. Quelle: Reuters
Platz 5. USA 9,458 Studierende entschieden sich für ein Studium in den vereinigten Staaten. Im Jahr 2000 waren es noch knapp 10,000. Quelle: dpa

Jetzt zeigt sich, dass die Geschichte vom Erfolgsrezept Auslandserfahrung vor allem das ist: eine gute Geschichte. Gerade hat die Hannoveraner Hochschulforschungszentrum HIS eine Studie veröffentlicht, die dem beruflichen Verbleib von Studenten nachgeht. Im Mittelpunkt der Untersuchung des Hochschulforschers Nicolai Netz stand dabei die Frage, ob sich ein Auslandsaufenthalt positiv auf den beruflichen Erfolg ausgewirkt hatte. Dabei wurden sowohl Praktika im Ausland als auch Studienaufenthalte einbezogen. Verglichen wurden die Situation von Studenten, die 2005 ihren Abschluss gemacht hatten, fünf Jahre nach Ende des Studiums.

 

Die Antwort lautet, mit Ausnahmen: Nein. So hat ein absolvierter Auslandsaufenthalt generell keinen Einfluss darauf, ob ein Student später arbeitslos wird oder nicht, das Risiko ist für beide Gruppen gleich hoch. Auch die Einkommen von international erfahrenen Absolventen unterschieden kaum von denen, die nicht ins Ausland gingen.

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