Und schließlich hat sich die Arbeitswelt des Handwerks nicht erst gestern verändert: Maler und Lackierer nutzen heute digitale Anwendungen, um Farben zu mischen, statt wie früher so lange Rot und Gelb zusammenzukippen, bis das gewünschte Orange rauskommt. Wer Metalle, Holz oder Kunststoffe bearbeitet, muss wissen, wie man eine CNC-Fräse für den gewünschten Zuschnitt neu programmiert und lässt dafür nicht erst einen Informatiker einfliegen. Und Stuckateur Reingen kreiert seine Formen mit dem 3D-Drucker.
Auch Maurer Wichern kommt ohne Software nicht aus, wenn er komplexe Muster mauern will. Lageristen und Kommissionierer laufen schon seit Jahren mit Tablet-Computern statt mit einem Klemmbrett durch die Hallen und auch Industriemechaniker und Werkzeugmacher haben neben dem Schraubenschlüssel ein Tablet dabei. Währenddessen sitzen in den Büros dieser Welt immer noch ausreichend studierte Köpfe, die nicht wissen, was eigentlich ein Browser ist.
Trotzdem dreht sich die gesamte Debatte mehrheitlich um sie – obwohl die Nichtakademiker in Deutschland den Löwenanteil stellen. Laut OECD-Daten schreibt sich rund die Hälfte aller Schulabgänger in Deutschland an einer Universität oder Fachhochschule ein. Nicht alle verlassen die Hochschule auch mit einem Abschluss.
Studienanfänger contra Studienabbrecher: In welchen Ländern die meisten Studenten durchhalten
Im Durchschnitt aller OECD-Länder beginnen 67 Prozent aller jungen Menschen im Laufe ihres Lebens ein Studium an, gehen auf eine Meisterschule oder eine andere höhere Berufsbildungseinrichtung. 50 Prozent der jungen MEnschen in den OECD-Ländern schließen dies auch ab.
Quelle: OECD-Bildungsbericht
Spitzenreiter ist Australien: Hier ziehen 74 Prozent ihr Studium oder ihre Meisterschule auch bis zum Abschluss durch.
In Neuseeland beginnen 92 Prozent eines Jahrgangs ein Hochschulstudium.72 Prozent schließen das Studium auch ab.
71 Prozent der jungen Japaner beenden ihr Studium auch.
In Dänemark fangen 87 Prozent eines Jahrgangs ien Studium an, 62 Prozent bringen es zu Ende.
In Slowenien gehen 74 Prozent der jungen Leute an die Uni, 58 Prozent verlassen sie mit einem entsprechenden Zeugnis.
Auch in Lettland verlassen 58 Prozent der Studenten die Uni mit einem abgeschlossenen Studium.
In den USA schließen 54 Prozent der Studenten ihr Studium auch ab.
53 Prozent derer, die ein Studium begonnen haben, ziehen es auch bis zum Ende durch.
Hier gehen 52 Prozent mit einem Bachelor oder Master von der Uni ab.
In Chile beginnen 89 Prozent der jungen Leute ein Hochschulstudium oder eine Meisterausbildung, 52 Prozent schaffen es letztlich auch.
Nur 55 Prozent der jungen Finnen studieren. Von ihnen beenden 49 Prozent das Studium auch.
76 Prozent der jungen Schweizer gehen an eine Uni, nur 48 Prozent davon schließen das Studium auch ab.
In Großbritannien zieht es 58 Prozent eines Jahrgangs an die Unis und Fachhochschulen, 47 Prozent machen einen entsprechenden Abschluss.
Auch in der Türkei schließen 47 Prozent der jungen MEnschen das Studium ab.
In Tschechien beenden 46 Prozent ihre Unilaufbahn mit einem Zeugnis.
60 Prozent der jungen Slowaken studieren. Den Abschluss machen jedoch nur 45 Prozent der Studenten.
Die Abschlussquote in den Niederlanden und in Norwegen beträgt ebenfalls je 45 Prozent. In beiden Ländern verlassen also 55 Prozent der Studenten die Uni ohne einen Abschluss.
In Portugal gehen zwar 63 Prozent eines Jahrgangs auf eine Universität, dohc nur 43 Prozent der Studenten schließen ihr Studium auch ab.
In Schweden verlassen sogar nur 41 Prozent der Studenten die Uni oder FH mit einem entsprechenden Zeugnis.
Zählt man die jungen Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft mit, beginnen in Deutschland 59 Prozent eines Jahrgangs ein Studium oder gehen auf eine Meisterschule. Doch nur 36 Prozent machen auch einen Abschluss.
In Italien schaffen nur 34 Prozent der Studenten auch einen Abschluss.
Luxemburg ist sowohl bei der Anzahl der Studenten als auch bei den Absolventen Schlusslicht: Nur 19 Prozent eines Jahrgangs beginnen dort ein Hochschulstudium oder vergleichbares. Und nur 16 Prozent schließen das Studium auch ab.
Das heißt: Mindestens die Hälfte der jungen Deutschen macht – wenn auch über Umwege – eine Berufsausbildung. Nur bereiten die offenbar nicht so gut auf die digitalisierte Zukunft vor, wie es sich die Betriebe wünschen. Laut einer noch unveröffentlichten Studie von TNS Infratest im Auftrag von Samsung Electronics sind 69 Prozent der Entscheider in kleinen und mittelständischen Betrieben der Meinung, dass das Ausbildungssystem nicht mehr zeitgemäß ist und sich stärker der Digitalisierung anpassen muss.
Ausbildungsinhalte verändern sich
Wenn der Bäcker die Zutaten für sein Brot nicht mehr selber mischen und abwiegen muss, sondern ein Backprogramm mit den Befehlen für Schokocroissant und Roggenmischbrot schreibt, muss das in der Ausbildung vermittelt werden. Das bedeutet nicht, dass er nicht mehr lernen muss, was in beide Produkte hineingehört und wie viel Mehl es wofür braucht. Das Problem ist, dass viele Lehrlinge aus der Schule kommen und dafür nicht fit sind.
Sicher, es wird auch beklagt, dass es an Höflichkeit mangelt und allgemein mit der Bildung bergab geht. Aber dass die Jugend verwöhnt, dumm und faul ist, ist schon seit Sokrates‘ Zeiten eine gängige Beschwerde. Neu hinzugekommen ist das fehlende technische Verständnis: Nachdem die Kinder zu Hause lernen, wenigstens beim Essen das Smartphone wegzulegen, gibt es in vielen Schulen überhaupt keine Erziehung in Sachen Gadgets.
Entsprechend können die angehenden Fachkräfte zwar super mit Facebook und Youtube umgehen, aber bei Excel und anderer Arbeitssoftware hört es auf. 18 Jahre lang war das Tablet schlicht ein Spaßgerät und dann soll man auf einmal damit arbeiten? Das kann nicht gut gehen.