Berufe der Zukunft Für digitale Bildung fehlt das Geld

Seite 2/3

Digitalisierungsdebatte geht am Handwerk vorbei

Und schließlich hat sich die Arbeitswelt des Handwerks nicht erst gestern verändert: Maler und Lackierer nutzen heute digitale Anwendungen, um Farben zu mischen, statt wie früher so lange Rot und Gelb zusammenzukippen, bis das gewünschte Orange rauskommt. Wer Metalle, Holz oder Kunststoffe bearbeitet, muss wissen, wie man eine CNC-Fräse für den gewünschten Zuschnitt neu programmiert und lässt dafür nicht erst einen Informatiker einfliegen. Und Stuckateur Reingen kreiert seine Formen mit dem 3D-Drucker.

Auch Maurer Wichern kommt ohne Software nicht aus, wenn er komplexe Muster mauern will. Lageristen und Kommissionierer laufen schon seit Jahren mit Tablet-Computern statt mit einem Klemmbrett durch die Hallen und auch Industriemechaniker und Werkzeugmacher haben neben dem Schraubenschlüssel ein Tablet dabei. Währenddessen sitzen in den Büros dieser Welt immer noch ausreichend studierte Köpfe, die nicht wissen, was eigentlich ein Browser ist.

Trotzdem dreht sich die gesamte Debatte mehrheitlich um sie – obwohl die Nichtakademiker in Deutschland den Löwenanteil stellen. Laut OECD-Daten schreibt sich rund die Hälfte aller Schulabgänger in Deutschland an einer Universität oder Fachhochschule ein. Nicht alle verlassen die Hochschule auch mit einem Abschluss.

Studienanfänger contra Studienabbrecher: In welchen Ländern die meisten Studenten durchhalten

Das heißt: Mindestens die Hälfte der jungen Deutschen macht – wenn auch über Umwege – eine Berufsausbildung. Nur bereiten die offenbar nicht so gut auf die digitalisierte Zukunft vor, wie es sich die Betriebe wünschen. Laut einer noch unveröffentlichten Studie von TNS Infratest im Auftrag von Samsung Electronics sind 69 Prozent der Entscheider in kleinen und mittelständischen Betrieben der Meinung, dass das Ausbildungssystem nicht mehr zeitgemäß ist und sich stärker der Digitalisierung anpassen muss.

Ausbildungsinhalte verändern sich

Wenn der Bäcker die Zutaten für sein Brot nicht mehr selber mischen und abwiegen muss, sondern ein Backprogramm mit den Befehlen für Schokocroissant und Roggenmischbrot schreibt, muss das in der Ausbildung vermittelt werden. Das bedeutet nicht, dass er nicht mehr lernen muss, was in beide Produkte hineingehört und wie viel Mehl es wofür braucht. Das Problem ist, dass viele Lehrlinge aus der Schule kommen und dafür nicht fit sind.

Sicher, es wird auch beklagt, dass es an Höflichkeit mangelt und allgemein mit der Bildung bergab geht. Aber dass die Jugend verwöhnt, dumm und faul ist, ist schon seit Sokrates‘ Zeiten eine gängige Beschwerde. Neu hinzugekommen ist das fehlende technische Verständnis: Nachdem die Kinder zu Hause lernen, wenigstens beim Essen das Smartphone wegzulegen, gibt es in vielen Schulen überhaupt keine Erziehung in Sachen Gadgets.

Entsprechend können die angehenden Fachkräfte zwar super mit Facebook und Youtube umgehen, aber bei Excel und anderer Arbeitssoftware hört es auf. 18 Jahre lang war das Tablet schlicht ein Spaßgerät und dann soll man auf einmal damit arbeiten? Das kann nicht gut gehen.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%