Bildung Die Tücken des neuen Stipendienprogramms

Die Pläne für das Nationale Stipendienprogramm an deutschen Universitäten sind ehrgeizig. Vielleicht zu ehrgeizig: Hochschulen in Nordrhein-Westfalen haben mit diesem Modell schon Erfahrungen gesammelt – nicht immer nur gute. Und Wirtschaft und Stiftungen streiten bereits über ihre Unterstützung.

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Studenten stehen am Freitag, Quelle: AP

Ganz simpel war das, erinnert sich Jan Eric van der Lucht, wirklich nicht viel Aufwand. Vergangenen Sommer klickt sich der 22-jährige Student durch die Web-Seite seiner Uni, der RWTH Aachen. Er liest dort von einem neuen Stipendienfonds in Nordrhein-Westfalen und öffnet das einseitige Bewerbungsformular. Kurz entschlossen trägt er, wie gewünscht, alle Noten ein, fügt seinen Lebenslauf hinzu und drückt auf Senden. Fertig.

Wenige Wochen später liegen seine Unterlagen sauber ausgedruckt auf dem Tisch von Bodo Vodnik. Vodnik ist Personalleiter bei Saint Gobain. Das Unternehmen verdient Geld mit Baufachhandel und der Produktion von Gips, Mörtel und Glas. Auf gute Ingenieure ist es angewiesen, schon lange engagiert man sich deshalb im Freundeskreis der RWTH. Und jetzt auch für deren Studenten.

NRW-Modell bald in ganz Deutschland

Seit Oktober ist van der Lucht Stipendiat von Saint Gobain. 300 Euro bekommt der angehende Werkstoffingenieur im Monat. 150 Euro davon gibt das Unternehmen, die anderen 150 steuert das Land Nordrhein-Westfalen bei, in dem der umtriebige FDP-Bildungsminister Andreas Pinkwart den Modellversuch 2009 gestartet hat. Rund 1400 dieser neuartigen Stipendien hat das Zusammenspiel von Uni, Wirtschaft und Politik hervorgebracht.

Van der Lucht und Vodnik gehören damit zu den Vorreitern. Zum Wintersemester 2010/11 soll das NRW-Modell – umbenannt in Nationales Stipendienprogramm – in ganz Deutschland anlaufen. Erfüllen sich die Pläne von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), werden so bis 2013 bundesweit rund 160 000 Stipendien für besonders engagierte oder leistungsstarke Studenten geschaffen. Je zur Hälfte wollen dann Bund und Länder den öffentlichen Anteil von 150 Euro monatlich finanzieren, 300 Millionen Euro könnten jährlich dafür fließen. Allerdings nur dann, wenn die Hochschulen zuerst den gleichen Betrag aus der Wirtschaft einwerben.

Widerstand regt sich

Gelänge der Kraftakt, könnten sich deutsche Studenten auf die größte Innovation der Studienfinanzierung seit Einführung des Bafög freuen. Nur knapp zwei Prozent der rund zwei Millionen Studierenden kommen derzeit in den Genuss von Stipendien. Mit dem vollausgebauten Programm sollen es eines Tages zehn Prozent sein. Deutschland, hofft Pinkwart, sei dann bei den Stipendien endlich „nicht länger Entwicklungsland“.

Doch gegen die Offensive regt sich Widerstand. Vor allem die Hochschulen, durch die Bologna-Großreformen und die Neuauflage der Exzellenzinitiative ohnehin schwer in Beschlag, sehen die neue Anforderung skeptisch. Ihnen dürfe „keine neue Last aufgebürdet werden, indem sie betteln gehen müssen“, warnt Margret Wintermantel, Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK). Die Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen zeigten, dass „der Aufwand für die Hochschulen erheblich und die Begeisterung potenzieller Förderer sehr begrenzt“ sei.

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