Bildung Nette Worte für protestierende Studenten

Von der Bildungsministerin bis zu Wirtschaftsvertretern gibt es viel Verständnis für die Protestierenden Studenten. Auf Verbesserungen der Studienbedingungen müssen sie jedoch weiter warten.

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Demonstration in München Quelle: AP

Es ist wie so oft, wenn Studenten protestieren: Sie ernten verständnisvolle Worte von vielen Seiten, konkrete Taten folgen kaum. Auch zum heutigen Höhepunkt der jüngsten Protestaktionen gibt es viel Zustimmung.  

„Den Punkt der Verbesserung der Lehre teile ich“ sagte Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) und räumte im Deutschlandfunk handwerkliche Fehler bei der Studienreform ein. Die Ministerin unterstrich aber auch, dass trotz der Wirtschaftskrise in Deutschland noch nie so viel in Bildung investiert worden sei wie zur Zeit.

Der Präsident des Hochschulverbandes, Bernhard Kempen, ermutigte die Studenten in ihrer Kritik an den Bachelor- und Masterstudiengängen. Die Klage über Stofffülle, Prüfungsdichte und auch über das jetzige Akkreditierungssystem sei berechtigt, sagte Kempen der in Ulm erscheinenden „Südwest Presse“. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, appellierte an die Universitäten, die Probleme der Studenten ernst zu nehmen. Er habe Verständnis für die Forderungen der Studierenden nach leichterem Wechsel zwischen den Hochschulen und mehr Praxisbezug, sagte Driftmann der „Neuen Osnabrücker Zeitung“

Auch der Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner hat Verständnis für die bundesweiten Proteste der Studierenden geäußert. Zöllner forderte ein „System von Finanzierung von Hochschulen, das Anstrengungen in Lehre gleichermaßen honoriert wie Forschung“. Bei dem Elitewettbewerb, bei dem ausgezeichnete Hochschulen mit zusätzlichen Milliarden gefördert wurden, richtete sich Auswahl und Förderung nach der Forschung.

Rund 50.000 Studenten, Schüler und Auszubildende haben am Dienstag nach Angaben des Netzwerks Bildungsstreik bundesweit gegen Reformen an Universitäten und Schulen protestiert. Die Universitäten in Bonn, Braunschweig und Nürnberg-Erlangen seien besetzt, sagte einer der Sprecher des Netzwerks, Philipp Tassev. In Berlin seien 12.000 Demonstranten auf die Straße gegangen, in München hätten sich 10.000 an einer Kundgebung beteiligt. Im Laufe des Tages würden noch mehr Teilnehmer an den Protesten erwartet.

Die Studierenden wollen Nachbesserungen an der sogenannten Bologna-Reform, mit der die Studiengänge in Europa angeglichen und vergleichbar gemacht werden sollen. In der Kritik stehen vor allen die Bachelor- und Masterstudiengänge. So ist beispielsweise trotz der angestrebten Vergleichbarkeit ein Wechsel von Studienorten oft schwierig, weil häufig jede Universität die Studiengänge verschieden ausgestaltet. Der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK), der Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister Henry Tesch, sieht die Verantwortung für Nachbesserungen bei den einzelnen Hochschulen. Die KMK habe bereits Korrekturen vorgenommen, sagte er dem WDR.

Angesichts der massiven Kritik von Studierenden hatten die Bildungsminister der Länder auf einer Sitzung der Kultusministerkonferenz (KMK) im Oktober Nachbesserungen angekündigt. So sollen Hochschulen bei der Neuzulassung und Überarbeitung von Bachelor- und Masterstudiengängen mehr darauf achten, dass Studierende nicht überfordert werden, also etwa der Prüfungsumfang angemessen ist. Auch sollen die Hochschulen Gebrauch von der Möglichkeit machen, einen Bachelor-Studiengang auf acht Semester anzulegen. Zudem wurden die Hochschulen von der KMK aufgefordert, Studien- und Prüfungsleistungen gegenseitig anzuerkennen und Austauschprogramme mit ausländischen Partnerhochschulen voranzutreiben. Um die Akzeptanz des Bachelors bei Arbeitgebern zu erhöhen, wurde empfohlen, Studieninhalte besser mit ihnen abzustimmen.

Bis diese Vorschläge umgesetzt werden, ist immer wieder mit Protesten zu rechnen. Netzwerk-Sprecher Tassev sagte, dies sei erst der Auftakt zu weiteren Großaktionen gegen das Bildungssystem. Mobilisiert werde für eine Kundgebung am 24. November in Leipzig, wenn dort die Hochschulrektoren tagen. Außerdem sei eine Blockade-Aktion der Kultusministerkonferenz am 10. Dezember in Bonn geplant. Dem Netzwerk Bildungsstreik gehören nach Angaben von Tassev rund 100 Initiativen an.

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