Bildungssystem Eltern sorgen sich um ihre Schulkinder

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Die Hauptschule als Verliererschule

Zeugnisnoten Quelle: dpa

Viele der jüngsten Veränderungen im Schulsystem treffen zudem auf eine große Ablehnung der Eltern. Ob die Verkürzung des Gymnasiums auf acht Schuljahre (G8) oder die Zusammenlegung von Real- und Hauptschulen – die Elternschaft hat Angst vor den negativen Konsequenzen für ihre Kinder. Für Eltern von Gymnasiasten, die jetzt in nur noch acht Jahren zum Abitur gelangen werden, steht bei dieser Reform das Leistungsprinzip im Vordergrund, das den Schülern keinen Spielraum lasse, Aktivitäten abseits der Schule zu leben. Von „komprimierten Lernen mit hoher Notenfixierung“ spricht Henry-Huthmacher.

Für Eltern aus anderen sozialen Milieus als der Mitte heißt das in der Konsequenz eine andere Schulart für ihr Kind zu wählen. Eltern der sozialen Mitte fällt das allerdings schwer.

Die Zusammenlegung von Haupt- und Realschule zur sogenannten Mittelschule kommt bei den Eltern nicht gut an. Schon jetzt nehmen Eltern von Hauptschülern die Entwicklung wahr, dass die Hauptschule immer mehr als Verliererschule gilt. „Ja, also, das System, das finde ich nicht gut. Okay, die tun halt die Eliteschüler herauspicken, das ist wahrscheinlich das Ziel an der ganzen Geschichte. Und der Rest fällt aber alles hinten unter“, so ein Elternteil im Interview zur Studie.

Leistungsprobleme und Erziehungsprobleme

Gilt die Hauptschule bei Eltern bereits als Verliererschule, überrascht es nicht, dass auch die zukünftige Mittelschule ein Stück dieses Rufs mit sich zieht. Zudem kritisieren vor allem Eltern der sozialen Mittelschicht, dass diese Schulform ihr Kind in den Berufschancen beschränken könnte. Der Grund dafür liegt in dem Gefühl, dass das Schulsystem undurchlässiger geworden ist. Der Wechsel der Schulform ist insbesondere durch G8 nicht mehr so einfach, wie er es früher war. Besonders für die Eltern der Mitte ein Grund, für ihre Kinder als Schulform direkt das Gymnasium zu wählen, um das Abitur auf direkten Wege zu erreichen.

„Die Bildungsdiskussion der vergangenen Jahre hat bei den Eltern in der Mitte zu einer Fokussierung auf das Abitur geführt“, schreibt Henry-Huthmacher dazu in ihrem Fazit. Währenddessen sei sie in den unteren sozialen Schichten allerdings nur bedingt angekommen. Dadurch ist die Bildungskluft auch weiterhin ein zentrales Thema: „Die soziale Lage und Bildungsnähe der Eltern, ihre Unterstützungsmöglichkeiten und ihre Unterstützungsbereitschaft entscheiden in hohem Maße darüber, welche Schulart ihr Kind besuchen wird und welchen Abschluss es erreichen kann“, so die Autorin.

Dabei dürfte in den nächsten Jahren ganz zentral diskutiert werden, wie der Wunsch der Eltern nach einer glücklichen Kindheit mit einem leistungsorientierten Schulsystem vereinbart werden kann. Zudem wird sich ein weiteres Problem immer mehr auftun, so das Fazit der Studie, da eine heterogene, kulturell vielfältige Schüler- und Elternschaft auch die Lehrer vor veränderte Verhältnisse stellt. Die Konsequenz: „Während ein großer Teil der Schüler an Gymnasien phasenweise Leistungsprobleme hat, stehen in den anderen Schularten vor allem Erziehungsprobleme im Vordergrund, für die Lehrer nicht ausgebildet sind.“

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