Stimmt das denn wirklich? Ein häufig bemühtes Argument geht doch so: Egal, was man studiert, Physik, Chemie, Mathe - Unternehmen können diese abstrakten Denker immer gebrauchen, das praktische Handwerk lernen sie dann im Job.
Ich sehe das nicht so. Ich treffe mich zum Beispiel einmal im Jahr in Amerika mit deutschen Hochschulrektoren, um deutschstämmige Post-Doc-Studierende der großen amerikanischen Unis zu treffen. Da kommen einem viele wahnsinnig intelligente Leute entgegen, die alle richtig gut abstrakt denken können, aber keinerlei Berufsperspektive außerhalb des akademischen Milieus haben. Davon gibt es dann doch sehr viele.
Personaler schätzen es zwar, wenn Bewerber das Abstrakte beherrschen, aber noch wichtiger ist ihnen, dass sie zusätzlich einfach auf ihren Beruf hin ausgebildet sind.
Was ist die Konsequenz daraus?
Um bei den Physikern zu bleiben: Ich würde nur so viele theoretische Physiker ausbilden, wie ich in der Wissenschaft auch wirklich unterbringen kann.
Müssen denn überhaupt so viele Leute studieren? Es gibt Kritiker, die eine Akademikerschwemme befürchten.
Ich bin mit den 60 Prozent eines Jahrgangs, die heute studieren möchten, völlig d'accord. Die einfachen Berufe sterben weg, die Arbeitslosigkeit bei ungelernten Arbeitern ist sehr hoch, bei Akademikern aber sehr gering. Ich würde nur nervös werden, wenn die Akademiker nicht auf dem Arbeitsmarkt unter kämen, aber sie tun es. Auch wenn es viele erschüttert: Wir leben in einer Gesellschaft, in der selbst normale Berufe mittlerweile so komplex sind, dass ein Studium sinnvoll ist. Eine zunehmend komplexere Welt erfordert natürlich eine komplexere, eben akademische Ausbildung.
Wo ist dann das Problem?
Dass sich zu wenige junge Leute in praxisorientierten Studiengängen einschreiben.
Man kann doch schlecht den Studierenden vorschreiben, was sie zu studieren haben.
Das stimmt, die Gesellschaft kann nicht so ohne weiteres sagen: Ich hätte eigentlich gerne viel mehr BWLer und weniger Ägyptologen. Wenn jeder tun darf, was er will, dann entstehen automatisch ein paar Mismatches. Wenn das aber zu viel wird, muss ich die Studienplätze durch NC künstlich verknappen und zusehen, dass mehr Leute etwas machen, was wir als Gesellschaft wirklich brauchen. Das ist meine grundsätzliche Kritik: Das akademische Ausbildungssystem kennt keine Steuerung der Studierendenströme nach dem faktischen gesellschaftlichen Bedarf.
Deutschlands beste Universitäten im Überblick
40,2 Prozent der Personaler finden, dass BWL-Studenten von der Uni Mannheim am besten auf das Berufsleben als Betriebswirt vorbereitet sind. Damit ist die Uni Mannheim Deutschlands beste Hochschule für die Fachrichtung BWL.
28,7 Prozent der Personaler sind besonders von den Studenten der TU Darmstadt begeistert. Sie ist im Ranking die beste Uni im Bereich Wirtschaftsinformatik.
Bei 49,3 Prozent der Personaler sind Wirtschaftsingenieure von der RWTH Aachen sehr beliebt. Sie ist die beste Uni in der Fachrichtung Wirtschaftsingenieurwesen.
Die TU Berlin ist im Bereich der Naturwissenschaften besonders beliebt bei den Personalern. 22,3 Prozent von ihnen halten die Studenten dieser Uni für besonders gut.
Unter den Universitäten, die Jura als Fach anbieten, ist bei den Personalern besonders die LMU München beliebt. 20,8 Prozent bevorzugen Studenten dieser Uni.
Auch bei Informatik hat die RWTH Aachen bei den Personalern die Nase vorn. 27,9 Prozent finden Studenten dieser Uni besonders gut.
Bei 30,8 Prozent der befragten Personaler sind Elektrotechnik-Studenten der TU München besonders gefragt.
35,1 Prozent der Personaler finden im Bereich Maschinenbau Studenten der RWTH Aachen besonders gut.
Bei 23,8 Prozent der Personaler sind die Studenten der Johann-Wolfgang-Goethe Universität Frankfurt am Main besonders beliebt.
Aber nicht jeder beginnt doch aus dieser konkreten Bedarfslogik ein Studium.
Stimmt, wenn man Ägyptologie studiert oder altrussische Kirchengeschichte, dann ist das sicher nicht der Fall. Und das muss ja auch nicht sein. Eine ältere Forderung des Wissenschaftsrates lautet zum Beispiel, dass zwei von drei Studierenden an Hochschulen für angewandte Wissenschaften studieren sollten. Dort wird dann für den Beruf studiert. Und einer von Dreien studiert, weil er vielleicht den Bildungsgedanken wichtig findet oder weil er Lehrer, Mediziner, Jurist oder Theologe werden möchte, an der Universität. Das ist der kleinere Teil, aber immer noch ein großer Teil der Bevölkerung.
Was muss passieren, damit diese neue Aufteilung funktioniert?
Es muss klar werden, dass diese Unterscheidung zwischen Berufs- und Wissenschaftsorientierung bei der Studienwahl völlig ohne Wertung ist. Es muss beide Richtungen geben, aber klar ist: Die Gesellschaft braucht deutlich mehr Studierende in den berufsorientierten Studiengängen.
Es wundert natürlich nicht, dass Sie als Vertreter einer Fachhochschule das sagen.
Das sehen viele an den Universitäten auch so.