Duales System in Gefahr Die Hauptschule muss weg

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51 Prozent eines Jahrgangs machen das Abitur

CSU-Bildungsexperte Albert Rupprecht sorgt sich um die hohe Studierquote und den Mangel an jungen Ausbildungswilligen. Weil junge Bewerber fehlen, bieten manche Unternehmen auch älteren Menschen eine Erstausbildung.

Vor allem das duale System, der Grundpfeiler des wirtschaftlichen Erfolgs in Deutschland, gerät durch die Entwicklung in Deutschland „in Gefahr“, sagt Hurrelmann. Die Mehrheit der Jugendlichen, die auf der Siegerseite der Gesellschaft stehen, strebe nämlich in Richtung Abitur. Bereits 51 Prozent eines Jahrgangs schließen mit der allgemeinen Hochschulreife ab. Jedes Jahr steigt die Quote um ein Prozentpunkt. In 20 Jahren liege Deutschland bei 70 Prozent. Damit wäre das Ziel der OECD erreicht. Die Bildungsökonomen der internationalen Organisation wären zufrieden.

Doch das duale System verliert damit ihr Reservoire für den Nachwuchs. Früher absolvierte jeder zweite Jugendliche eine Ausbildung, heute nur jeder vierte. Der Akademisierungswahn, der Deutschland erreicht hat, entwertet die Berufsausbildung. „Das duale Systeme verliert die Hochqualifizierten“, sagt Hurrelmann. Vor zehn oder 20 Jahren hat sich auch der ein oder andere Abiturient für eine Bäckerlehre entschieden. Heute streben die Gymnasiasten an die Uni. 77 Prozent von ihnen wollen studieren, nur sieben Prozent zielen auf einen Ausbildungsplatz. Früher wollte jeder dritte Abiturient eine Lehre einschlagen – oft gekoppelt mit einem parallelen Hochschulstudium.

Das deutsche Berufsbildungssystem, inzwischen sogar ein weltweiter Exportschlager, gerät dadurch in Bedrängnis. Hurrelmann schlägt vor, das gesamte System zu reformieren. Vor allem die Schulen müssten umgebaut werden. Die Hauptschule habe keine Zukunft mehr. So wie in einigen Ländern wie Berlin praktiziert, könnte eine integrierte Sekundarschule die Lösung sein. Sie existiert neben dem Gymnasium und bereitet auf Lehre und Fachhochschulstudium vor. Denn auch an der integrierten Schule gibt es eine Oberstufe.

Auch die Wirtschaft ist gefordert. Die Zahl der Ausbildungsplätze ging im vergangenen Jahr um drei Prozent zurück. Die Wirtschaft sollte mehr Lehrstellen anbieten. „Eine Ausbildungsplatzgarantie wäre eine Möglichkeit“, so Hurrelmann.

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