Edelwohnheime Studentenwerke kleckern, Privatinvestoren klotzen

Seite 2/2

Auf einen neuen öffentlichen Wohnheimplatz kommen vier private

Kann man also ganz simpel im volkswirtschaftlichen Jargon argumentieren: es gibt immer mehr Studenten, die für edleren Wohnraum bereit sind, mehr zu zahlen und der Markt bedient diese Nachfrage mit neuen Luxuswohnheimen? Nicht ganz, denn während private Wohnheime aus dem Boden schießen, reagieren die Studentenwerke der Republik nur langsam auf die riesige Nachfrage. So beziffert der CBRE Marktreport die Anzahl privater Wohnheimplätze, die in den vergangenen Jahren geschaffen wurden auf rund 40.000, weitere 14.000 seien bereits im Bau oder der Planungsphase.  

Die teuersten WG-Zimmer Deutschlands
500 Euro Belohnung für die erfolgreiche Vermittlung einer Wohnung im angesagten Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg verspricht eine Freiluftanzeige Quelle: dpa
Karlsruhe, BonnPlatz 20 teilen sich die Universitätsstädte Bonn und Karlsruhe. Hier werden die Hälfte aller WG-Zimmer für mindestens 315 Euro angeboten. Bei den günstigsten 25 Prozent aller inserierten Zimmer in Wohngemeinschaften schwanken die Preise zwischen 315 Euro pro Monat (Karlsruhe) und 325 Euro (Mannheim). Das obere Viertel aller Zimmer liegt in den genannten Städten zwischen 400 Euro (Bonn) und 404 Euro pro Monat (Karlsruhe). Quelle: dpa
Studenten schreiben im Zentrum für Datenverarbeitung (ZDV) der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz eine E-Klausur. Quelle: dpa
Das Luftbild zeigt die Altstadt von Ulm Quelle: dpa
Wiesbaden Quelle: dpa
Tübingen und Rosenheim Quelle: dpa/dpaweb
Ludwigsburg, Heidelberg, Freiburg (im Breisgau) Quelle: dpa

Im Gegensatz dazu moniert man beim Deutschen Studentenwerk (DSW), dem Dachverband der 58 Studentenwerke in Deutschland schon lange, dass mehr bezahlbarer Wohnraum für Studenten geschaffen werden muss. „Immer noch fehlen mindestens 25.000 neue Wohnheimplätze“, erklärt Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des DSW. Die Länder hätten in den vergangenen Jahren zwar ausgebaut und rund 10.000 neue Wohnheimplätze geschaffen mit 10.000 weiteren in der Planung, genug sei das jedoch noch lange nicht. Das heißt im Klartext: Im Deutschlandschnitt kamen in der Vergangenheit auf jeden neuen öffentlichen Wohnheimplatz vier private. In Zukunft dürfte dieses Verhältnis zwar sinken, jedoch weiterhin deutlich über eins liegen.

40 Prozent mehr Studenten treffen auf fünf Prozent mehr Wohnheimplätze

Grund für den hohen Bedarf sei die rapide wachsende Zahl der Studenten, worauf bei den Bauträgern öffentlicher Wohnheime aber sehr zögerlich reagiert werde: „Seit 2007 ist die Anzahl der Studenten um 40 Prozent gestiegen, gleichzeitig wurden aber das Wohnheimangebot um nur rund fünf Prozent erweitert“, fasst Meyer auf der Heyde zusammen. Für ihn ist klar, dass es daher gerade an diesem bezahlbaren Wohnraum mangele: „Wir brauchen mehr Plätze mit öffentlicher Förderung und damit Mieten, von rund 250 Euro im Monat.“

Denn private Wohnheime würden den Markt zwar punktuell entlasten, jedoch könne "nur ein kleiner Teil der Studenten dauerhaft solch relativ hohe Mieten zahlen.“ Das Problem: Neue öffentliche Wohnheime können nicht in dem Tempo entstehen, wie derzeit junge Studenten an die Unis strömen. „Als öffentlicher Träger müssen sie den Bau eines neues Hauses ausschreiben, außerdem haben sie oftmals andere Auflagen als ein Privatinvestor“, sagt Meyer auf der Heyde.  So könnten private Unternehmen ihre Häuser ohne Probleme auch an Personen ohne Studentenstatus vermieten, was bei Wohnheimen des Studentenwerkes nicht möglich ist. „Das ändert natürlich die ganze Kalkulation und gerade öffentliche Ausschreibungen nehmen oftmals viel Zeit in Anspruch.“

Studentenwohnheime rechnen sich als Geldanlage

Die privaten Bauträger profitieren also einerseits von zahlungskräftigen Studenten, andererseits vom  schleppenden Ausbau öffentlicher Wohnheimplätze. „Wenn in manchen Städten das Angebot an Wohnheimplätzen einfach viel kleiner als die Nachfrage ist, dann ist das für unsere Häuser an diesem Standort natürlich von Vorteil“, gibt auch Henneberg von Youniq zu. So sei diese sogenannte Versorgungslücke, also die Differenz zwischen nachgefragtem und angebotenem Wohnraum, eine der wichtigsten Kennzahlen bei der Entscheidung über den Bau eines neuen Wohnheimes. Bedeutet konkret: Besonders da, wo Wohnraum für viele Studenten Mangelware ist, investieren private Bauträger. Diese Rechnung geht aus Investorensicht auf.

Wo investieren? Die Top 10 der regionalen Wohnungsmärkte 2015

So ermittelte eine Untersuchung des Marktforschungsunternehmens BulwienGesa durchschnittliche Rendite zwischen fünf und sechs Prozent für „Studentenwohnheime als Anlageform“.  Zudem sind bei vielen Studenten die Eltern als Mietbürgen eingetragen, was die Ausfallwahrscheinlichkeit minimiere, wie die Anbieter betonen.  Eine Untersuchung der IC International Campus AG hat zwar ergeben, dass ein Investment in studentisches Wohnen gerade in kleineren Unistädten mit Risiken, wie zu geringer Nachfrage, verbunden sein kann.

Doch gerade in beliebten Unistädten wie München, Frankfurt oder Münster können sich die Anbieter oft vor Anfragen nicht retten. „Wir rechnen zwar mit relativ hohen Fluktuationen in den Objekten, einen Nachmieter zu finden ist in der Regel jedoch nicht schwer, sodass die Häuser meist vollvermietet sind“, freut sich Henneberg von Youniq. Das kann auch die Konstanzer Jurastudentin Neuhauser bestätigen: „ich habe direkt am Tag als die Website des Wohnheims freigeschaltet wurde dort angefragt, ansonsten hätte ich vermutlich wenig Chancen auf ein freies Zimmer gehabt.“

Werden in Zukunft also immer mehr Studenten in Häusern privater Träger wohnen? Zwar prognostizieren Studien der Kultusministerkonferenz (KMK)  und des privaten Berliner Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (Fibs) einen deutlichen Rückgang der Studienanfänger an deutschen Hochschulen bis 2025. Doch gerade in Städten wie München, Frankfurt oder Hamburg dürfte der angespannte Wohnungsmarkt dafür sorgen, dass die Wohnheimplätze von Youniq und Co weiterhin studentische Abnehmer finden.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%