Exzellenzinitiative Die elf deutschen Spitzen-Unis stehen fest

Jetzt ist es endgültig: Elf deutsche Universitäten dürfen das Prädikat „Exzellenzuniversität“ tragen. Der Wettbewerb um Forschungs-Milliarden hat das deutsche Wissenschaftssystem in Wallung versetzt. In Zukunft muss es darum gehen, die Stärken jenseits der Spitzenforschung zu erhalten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Deutschlands Elite-Unis
Universität zu KölnDie Uni Köln genießt einen guten Ruf in den Wirtschaftswissenschaften und gehört mit rund 38.000 Studenten zu den größten der Republik. Schon bei der ersten Exzellenzinitiative der Bundesregierung bekamen die Kölner mehrere Millionen aus dem Fördertopf. Mit der Ernennung zur Elite-Universität werden es noch mehr sein. Mit dem wirtschaftswissenschaftlichen Schwerpunkt hat sich die Uni bereits profiliert, wie das alljährliche WirtschaftsWoche-Ranking zeigt. Bei der aktuellsten Umfrage unter deutschen Personalchefs belegt sie in den Fächern BWL und VWL den zweiten Platz, bei Jura Platz 3 und bei Wirtschaftsinformatik Platz 5. Die Kölner Uni geht auf eine Handelshochschule zurück. Gegründet im Jahr 1901, wurde sie 1919 zur Universität umgewandelt. Ihre Vorgängerin wurde 1388 als vierte Universität im deutsch-römischen Kaiserreich gegründet. 1798 wurde sie unter napoleonischer Besetzung geschlossen. Quelle: dpa
Humboldt-Universität zu BerlinEbenfalls neu im Kreis der Elite-Universitäten ist die Berliner Humboldt-Uni (HU). Mit ihrer Neuernennung holt sie im Konkurrenzkampf mit der Freien Universität Berlin (FU) auf. Die war bereits 2007 zur Crème de la Crème der deutschen Wissenschaftslandschaft ernannt worden, während man sich Unter den Linden noch mit der "normalen" Förderung aus der Exzellenzinitiative begnügen musste. In den vergangenen Jahren konnte die HU bei Hochschul-Rankings deutlich zulegen. Im "Top Universities by Reputation 2012"-Ranking belegte sie mit Platz 64 den zweitbesten deutschen Platz. Quelle: dpa
Universität BremenMit der Universität Bremen ist zum ersten Mal auch der hohe Norden Deutschlands mit dem Elite-Prädikat bedacht worden. Die Uni wurde 1971 gegründet und gehört damit zu den jüngsten staatlichen Hochschulen der Republik. Dem Standort entsprechend hat sich die Uni besonders bei der Meeres- und Klimaforschung einen Namen gemacht. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Logistikforschung. Mit der Ernennung fließen neben den bereits bewilligten Fördergeldern weitere 50 Millionen Euro nach Bremen, um zukünftige Projekte umzusetzen.
Technische Universität Dresden1821 als Technische Bildungsanstalt Dresden gegründet und 1961 zur Technischen Universität erhoben, zeigt sich auch heute im technischen Bereich die größte Kompetenz der Dresdener. Das haben sie nun auch Schwarz auf Weiß. Mit der Ernennung zur Elite-Universität ist das Prestigewelle der Wissenschaft nun auch zum ersten Mal im Osten Deutschlands angekommen. Schon bei der vergangenen Exzellenzinitiative hatte sie ein Stück vom großen Kuchen abbekommen, nun ist es ein großes Stück vom Kuchen. Auch im Ranking der WirtschaftsWoche ist die TU Dresden in den technischen Fächern überall in den Top 10 vertreten. Bei Elektrotechnik und Maschinenbau erreicht sie Platz 5, bei Wirtschaftsingenieurwesen und Informatik Platz 6 und bei Naturwissenschaften Platz 8. Quelle: dpa
Eberhard-Karls-Universität TübingenIn Baden-Württemberg weiß man wohl nicht, ob man nach der Entscheidung der Jury jubeln oder trauern soll. Mit der Albrecht-Ludwigs-Universität Freiburg und dem Karlsruher Institut für Technologie verloren gleich zwei Hochschulen im Südwesten Deutschlands den begehrten Titel. Dafür rückte die Universität Tübingen mit ihrem Konzept in den Kreis der Elite-Unis auf. Sie gehörte zu den ältesten Universitäten Deutschlands und kann eine lange Liste berühmter Absolventen vorweisen. Darunter die Philosophen Georg Friedrich Hegel und Ernst Bloch, sowie der Theologe Dietrich Bonhoeffer. In jüngerer Zeit ist die Uni beim Thema Frauenförderung aufgefallen. Rund 60 Prozent der Studierenden sind weiblich. Quelle: dpa
Ludwig-Maximilians-Universität MünchenKonrad Adenauer, Theodor Heuss und Gustav Heinemann studierten hier schon: Die 1472 gegründete Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) zählt zu den renommiertesten Universitäten Deutschlands. Im internationalen Times-Higher-Education-Ranking wurde sie 2011 als beste deutsche Universität ausgezeichnet, beim Ranking der Shanghaier Jiao-Tong-Universität landet sie in Deutschland auf dem zweiten Platz nach der TU München. Im WirtschaftsWoche-Ranking belegt sie den ersten Platz im Fach Jura, sowie den dritten Platz bei BWL und VWL, sowie den vierten bei Naturwissenschaften. Bei der Exzellenzinitiative konnten beide Universitäten der bayerischen Landeshauptstadt ihren Titel verteidigen. Quelle: dapd
Technische Universität MünchenAuf die Technische Uni München (TUM) hält die Bundesregierung große Stücke und überhäuft sie mit Fördergeldern. Schon im Jahr 2007 gehörte sie zu den ersten drei geförderten Hochschulen der Exzellenzinitiative. Außerdem ernannte sie der Bund im Rahmen der Existenzgründer-Initiative „Exist“ zur Gründerhochschule. Denn an der TUM soll nicht nur geforscht, sondern auch Geld verdient werden. Mit der UnternehmerTUM GmbH hat sie eine eigene Unternehmensberatung für ihre Studenten gegründet, die auch über einen Förder-Fonds verfügt. Mit der erneuten Ernennung zur Elite-Universität festigen die Münchener ihre Spitzenposition in der deutschen Wissenschaftslandschaft. Im Fach Wirtschaftsinformatik verleiht die WirtschaftsWoche der TUM den ersten Platz unter der deutschen Hochschulen, bei Naturwissenschaften gibt es den zweiten Platz, bei Elektrotechnik, Maschinenbau und Wirtschaftsinformatik den dritten Platz. Quelle: AP

Der Jubel in Berlin oder in Dresden, die Niedergeschlagenheit in Freiburg oder Karlsruhe, sie sind nicht zu hören im Bonner Wissenschaftszentrum, als Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) um kurz nach halb vier, mit mehr als 30 Minuten Verspätung, die Sieger verliest.

Am Ende wurden sie also noch einmal ziemlich auf die Folter gespannt, dann erst stand das Urteil über die Arbeit mehrerer Monate, hunderter Professoren, dutzender Anträge, Visionen und Konzepte fest: elf Universitäten dürfen sich bis 2017 mit dem Prädikat „Exzellenzuniversität“ schmücken.

Wochenlang hatte ein Experten-Gremium aus Wissenschaftlern und Politikern die Anträge der Hochschulen geprüft und nach einem Ampel-Prinzip bewertet. Bewerbungen von Unis, die auf jeden Fall Geld erhalten sollten, wurden grün markiert. Rote Bewerbungen flogen sofort raus. Über gelb markierte Bewerbungen wurde bis zur kurz vor der Verkündung am Freitag verhandelt. Eine heikle Angelegenheit, die politischen Zündstoff bietet, auch wenn offiziell nur nach wissenschaftlichen Kriterien entschieden wird.

Verlierer bekommen keine Förderung

Bei der ersten Entscheidungsrunde der Exzellenzinitiative im Jahr 2006 waren nur zwei Münchener und eine Karlsruher Uni mit dem Elite-Prädikat ausgezeichnet worden. Die Enttäuschung der anderen Bewerber war groß, sie warfen der Jury vor, bestimmte Unis zu bevorzugen. Einige Bundeländer drohten sogar, das ganze Projekt platzen zu lassen. Bei einer zweiten Auswahlrunde ging es weniger spektakulär zu. Strittige Fragen gab es trotzdem: So war im ganzen Osten Deutschlands bisher keine einzige Elite-Universität zu finden, während allein in Baden-Württemberg vier Hochschulen den begehrten Titel trugen. Mit der Entscheidung von Freitag sollten die Gemüter beruhigt sein.

Sechs Universitäten sind unter den Siegern, die ihren Titel aus der ersten Förderrunde (von 2007 bis heute) verteidigt haben: Die TU und die Ludwigs-Maximilians-Universität in München, die Freie Universität Berlin, Heidelberg, Konstanz und die RWTH Aachen. Die stolzen neuen heißen: Humboldt-Universität Berlin, Überraschungssieger wie Köln und Bremen, Tübingen, und (als einzige Ost-Alma Mater) die TU Dresden. Als große Verlierer müssen sich dagegen die ehrwürdigen Lehrstätten Freiburg und Göttingen fühlen – und vor allem das innovative Karlsruher Institute of Technology (KIT). Sie alle werden die Exzellenzehre nach fünf Jahren Förderung wieder abgeben – und auf einige Millionen Euro verzichten.

Große Herausforderung

RWTH Quelle: dpa

Doch der Ehrentitel ist nur ein Teil des Wettbewerbs, wenn auch meist beachtete. Insgesamt 39 Hochschulen werden für ihre Doktorandenprogramme, Forschungsprojekte und die prestigeträchtigen Zukunftskonzepte in den kommenden Jahren rund 2,4 Milliarden Euro erhalten. 39 von 117. Exakt ein Drittel.

Das zeigt: Die Exzellenzinitiative hat aufgeräumt mit der Vorstellung, alle Universitäten in Deutschland seien gleich gut. Der Kampf um die Milliarden hat Kreativität geweckt und Kräfte mobilisiert, die in der einen oder anderen Rektorat verschüttet waren. Tatsächlich schält sich mit den heutigen Ergebnissen ein oberes Drittel der deutschen Universitäten heraus, an denen international relevante Forschung betrieben wird.  

Aber der Elitewettbewerb hat noch mehr geliefert; Wirkungen, die gar nicht bestellt waren. Mit dem KIT, Exzellenz-Status hin oder her, entstand ein Fusionsvorbild  von Hochschule und außeruniversitärem Institut, das Nachahmer finden wird. Und der Bund hat seine Rolle als Geldgeber neben den Bundesländern derart zementiert, dass Bundesdrittmittel absolut unverzichtbar geworden sind. Eine Grundgesetzänderung, die diese De-facto-Bundeshochschulpolitik auf Dauer stellt und kanalisiert, wird damit ebenso unverzichtbar.

Lehre rückt in den Mittelpunkt

Noch viel wichtiger aber: Nach der Forschung rückt endlich die gute Lehre in den Mittelpunkt der Hochschulpolitik. Die Ergebnisse des Bologna-Prozesses (die Einführung der Bachelor- und Master-Abschlüsse) sind mal besser und mal schlechter als ihr Ruf, aber die Reform als solche ist fast überall akzeptiert. Nun gilt es, die Güte der deutschen Hochschulen in der Breite zu erhalten. Nicht überall mag Weltklasse-Forschung passieren – aber die (Fach-)Hochschulen, TUs und Universitäten hierzulande halten auch in der Provinz ein Lern- und Lehr-Niveau, um das andere Länder die Bundesrepublik beneiden.

Angesichts der Studentenwelle, die derzeit in die Hörsäle schwappt, ist das die größte Herausforderung, die Bund und Länder in den nächsten Jahren zu bewältigen haben. Und nicht das Prämieren von funkelnder Exzellenz.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%