Der Jubel in Berlin oder in Dresden, die Niedergeschlagenheit in Freiburg oder Karlsruhe, sie sind nicht zu hören im Bonner Wissenschaftszentrum, als Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) um kurz nach halb vier, mit mehr als 30 Minuten Verspätung, die Sieger verliest.
Am Ende wurden sie also noch einmal ziemlich auf die Folter gespannt, dann erst stand das Urteil über die Arbeit mehrerer Monate, hunderter Professoren, dutzender Anträge, Visionen und Konzepte fest: elf Universitäten dürfen sich bis 2017 mit dem Prädikat „Exzellenzuniversität“ schmücken.
Wochenlang hatte ein Experten-Gremium aus Wissenschaftlern und Politikern die Anträge der Hochschulen geprüft und nach einem Ampel-Prinzip bewertet. Bewerbungen von Unis, die auf jeden Fall Geld erhalten sollten, wurden grün markiert. Rote Bewerbungen flogen sofort raus. Über gelb markierte Bewerbungen wurde bis zur kurz vor der Verkündung am Freitag verhandelt. Eine heikle Angelegenheit, die politischen Zündstoff bietet, auch wenn offiziell nur nach wissenschaftlichen Kriterien entschieden wird.
Verlierer bekommen keine Förderung
Bei der ersten Entscheidungsrunde der Exzellenzinitiative im Jahr 2006 waren nur zwei Münchener und eine Karlsruher Uni mit dem Elite-Prädikat ausgezeichnet worden. Die Enttäuschung der anderen Bewerber war groß, sie warfen der Jury vor, bestimmte Unis zu bevorzugen. Einige Bundeländer drohten sogar, das ganze Projekt platzen zu lassen. Bei einer zweiten Auswahlrunde ging es weniger spektakulär zu. Strittige Fragen gab es trotzdem: So war im ganzen Osten Deutschlands bisher keine einzige Elite-Universität zu finden, während allein in Baden-Württemberg vier Hochschulen den begehrten Titel trugen. Mit der Entscheidung von Freitag sollten die Gemüter beruhigt sein.
Sechs Universitäten sind unter den Siegern, die ihren Titel aus der ersten Förderrunde (von 2007 bis heute) verteidigt haben: Die TU und die Ludwigs-Maximilians-Universität in München, die Freie Universität Berlin, Heidelberg, Konstanz und die RWTH Aachen. Die stolzen neuen heißen: Humboldt-Universität Berlin, Überraschungssieger wie Köln und Bremen, Tübingen, und (als einzige Ost-Alma Mater) die TU Dresden. Als große Verlierer müssen sich dagegen die ehrwürdigen Lehrstätten Freiburg und Göttingen fühlen – und vor allem das innovative Karlsruher Institute of Technology (KIT). Sie alle werden die Exzellenzehre nach fünf Jahren Förderung wieder abgeben – und auf einige Millionen Euro verzichten.
Große Herausforderung
Doch der Ehrentitel ist nur ein Teil des Wettbewerbs, wenn auch meist beachtete. Insgesamt 39 Hochschulen werden für ihre Doktorandenprogramme, Forschungsprojekte und die prestigeträchtigen Zukunftskonzepte in den kommenden Jahren rund 2,4 Milliarden Euro erhalten. 39 von 117. Exakt ein Drittel.
Das zeigt: Die Exzellenzinitiative hat aufgeräumt mit der Vorstellung, alle Universitäten in Deutschland seien gleich gut. Der Kampf um die Milliarden hat Kreativität geweckt und Kräfte mobilisiert, die in der einen oder anderen Rektorat verschüttet waren. Tatsächlich schält sich mit den heutigen Ergebnissen ein oberes Drittel der deutschen Universitäten heraus, an denen international relevante Forschung betrieben wird.
Aber der Elitewettbewerb hat noch mehr geliefert; Wirkungen, die gar nicht bestellt waren. Mit dem KIT, Exzellenz-Status hin oder her, entstand ein Fusionsvorbild von Hochschule und außeruniversitärem Institut, das Nachahmer finden wird. Und der Bund hat seine Rolle als Geldgeber neben den Bundesländern derart zementiert, dass Bundesdrittmittel absolut unverzichtbar geworden sind. Eine Grundgesetzänderung, die diese De-facto-Bundeshochschulpolitik auf Dauer stellt und kanalisiert, wird damit ebenso unverzichtbar.
Lehre rückt in den Mittelpunkt
Noch viel wichtiger aber: Nach der Forschung rückt endlich die gute Lehre in den Mittelpunkt der Hochschulpolitik. Die Ergebnisse des Bologna-Prozesses (die Einführung der Bachelor- und Master-Abschlüsse) sind mal besser und mal schlechter als ihr Ruf, aber die Reform als solche ist fast überall akzeptiert. Nun gilt es, die Güte der deutschen Hochschulen in der Breite zu erhalten. Nicht überall mag Weltklasse-Forschung passieren – aber die (Fach-)Hochschulen, TUs und Universitäten hierzulande halten auch in der Provinz ein Lern- und Lehr-Niveau, um das andere Länder die Bundesrepublik beneiden.
Angesichts der Studentenwelle, die derzeit in die Hörsäle schwappt, ist das die größte Herausforderung, die Bund und Länder in den nächsten Jahren zu bewältigen haben. Und nicht das Prämieren von funkelnder Exzellenz.