Handelsblatt BWL-Ranking 2014 Forschen ist nur ein Teil des Professoren-Jobs

Der Einfluss des Handelsblatt-Rankings ist groß – einigen ist er sogar zu groß: Von mehr als 2600 forschenden Betriebswirten verzichtet eine Gruppe von rund 270 Betriebswirten auf die Teilnahme am Ranking.

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Die Forschung ist nur ein Teil des Jobs von Uni-Professoren – unter anderem gehört auch Vorlesungen halten dazu. Quelle: dpa

Düsseldorf Es sind vielfältige Aufgaben, die Uni-Professoren zu erfüllen haben: Sie müssen Vorlesungen halten, Arbeiten betreuen, forschen, Verwaltungsaufgaben erledigen – und Kontakt halten zu Unternehmen und Medien. Das Handelsblatt-Ranking bezieht sich seit jeher ganz bewusst nur auf eine dieser Dimensionen – das Forschen. Insofern kann das Handelsblatt mit seinem Ranking zwar die „forschungsstärksten“ Wissenschaftler küren, aber bestimmt nicht die „besten“. Denn dafür müsste es auch die anderen Bestandteile des Professoren-Jobs bewerten.

Dennoch gibt es unter den mehr als 2600 forschenden Betriebswirten eine Gruppe von rund 270, die diese Herangehensweise kritisch sehen und deshalb auf die Teilnahme am Ranking verzichten. Der frühere Dekan der Bamberger Fakultät für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Johann Engelhard, etwa kritisiert: „Durch das Ranking wird indirekt eine Beurteilungspraxis befördert, die längst eine Eigendynamik im Sinne der Verkürzung wissenschaftlicher Leistungen auf eine Dimension gewonnen hat.“ Er habe oft erlebt, dass die Platzierung der Bewerber im Ranking das allein entscheidende Merkmal war, wenn ein Lehrstuhl neu besetzt werden musste.

Andere Kritiker monieren eher die Praxis der internationalen Fachjournale, die das Handelsblatt für das Ranking auswerten lässt: Viele Kollegen würden die Forschungsfragen, die sie bearbeiteten, nicht danach auswählen, ob sie sinnvoll und interessant seien, kritisiert der Wiener Innovationsforscher Nikolaus Franke – sondern nur noch danach, ob man mit einer Studie dazu gute Chancen bei einem renommierten Journal habe. „Viele optimieren ihr Forschungsverhalten entsprechend“, sagt Franke.

Ähnlich sieht es der Leipziger Wirtschaftsethiker Andreas Suchanek: Er attestiert den Fachjournalen eine Tendenz dazu, Forschungsarbeiten über empirisch messbare Themen zu bevorzugen. Konzeptionelle Überlegungen zur Frage, welche Verantwortung ein Unternehmen habe, ließen sich dagegen „nur sehr begrenzt im klassischen Journalformat veröffentlichen“, sagt Suchanek. Tatsächlich gibt es in der ganzen Ökonomie inzwischen eine Vorliebe für Studien, die Daten auswerten – und Fragestellungen nicht nur verbal oder mit Hilfe von Modellrechnungen zu beantworten versuchen.

Für das Handelsblatt ist die Kritik am großen Stellenwert des Rankings eine zweischneidige Situation: Einerseits ist es erfreulich, wenn eine Publikation auf so viel Resonanz trifft. Doch andererseits kann es sicher nicht richtig sein, wenn Lehrstuhlbewerber allein aufgrund ihrer Forschungsleistung bewertet werden. Das war aber auch nie die Intention des Rankings.

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