Hochschulmarketing Wir sind die Tollsten!

Hochschulen wollen mithilfe von Agenturen und Strategieberatern ihr Erscheinungsbild aufpolieren. Das ist kostspielig - und nicht immer eine gute Idee.

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Ein mit Studenten gefüllter Quelle: dpa/dpaweb

Das "exklusive Angebot" kam per E-Mail. Der Wettbewerb der Hochschulen untereinander habe in den letzten Jahren stark zugenommen, konnte Jesco Heyl, Pressesprecher der Braunschweiger Hochschule für Bildende Künste, da lesen. Neben der Konkurrenz um die klügsten Studenten, die neueste Ausstattung, die meisten Drittmittel gehe es auch um die besten Dozenten und Professoren. "Sie möchten sich im Wettbewerb bestens positionieren? Mit dem University Journal haben Sie dazu die Gelegenheit! Stellen Sie sich wahlweise auf ein oder zwei Seiten vor, und betreiben Sie erfolgreiches Imagebranding!" Kosten: 1999 Euro für eine Seite, zwei Seiten für nur 2999 Euro.

Einmalige Gelegenheiten wie diese landen mittlerweile stapelweise in Heyls Postfach: Werbedienstleister, PR-Agenturen, Verlagshäuser, Strategieberater und Online-Studienportale haben die akademische Welt für sich entdeckt. Exakte Zahlen, wie viel Geld Deutschlands Hochschulen bereits ins Marketing stecken, fehlen zwar. Fest steht aber, dass allein die neun sogenannten Eliteuniversitäten mehrere Millionen Euro im Jahr für Werbung ausgeben. Das Geschäft mit dem Uni-Image ist groß– so groß, dass es bei der Menge von Marketing-Dienstleistern, die daran teilhaben wollen, selbst versierten Hochschulsprechern schwerfällt, die seriösen von den windigen Akteuren zu unterscheiden. "Ich verliere allmählich den Überblick", gesteht Heyl, der all die E-Mails in einem Extraordner speichert. "Was ist sinnvoll, was lohnt sich und was nicht? Ich weiß es nicht."

Die Hochschule als Marke

Es sind die zwei Welten von Wissenschaft und Kommerz, die, lange voneinander getrennt, jetzt aufeinandertreffen – mit einer Wucht, auf die kaum einer in den Hochschulen vorbereitet ist. Seit die ersten Hochschulrankings in den Neunzigern das Gleichheitsdogma deutscher Universitäten anzukratzen begannen, hat eine Entwicklung Fahrt aufgenommen, die Rektorate und Pressestellen zunehmend unter Druck setzt: Wurden früher die meisten Studenten per zentraler Studienplatzvergabe den Hochschulen zugeteilt, können sich die Abiturienten ihre Wunsch-Uni heute selbst aussuchen. Die 2006 gestartete milliardenschwere Exzellenzinitiative dient der Forschungsförderung, vor allem aber hat sie den Nimbus einer Spitzenliga erstklassiger Universitäten geschaffen, in die aufzusteigen das höchste strategische Ziel moderner Rektoren ist. Und dann ist da die Bologna-Studienreform, dank derer die Hochschulen Weiterbildungsstudiengänge für Berufstätige anbieten können, für die sie häufig mehrere Tausend Euro Gebühren pro Semester verlangen.

Man mag es bedauern oder begrüßen: Dem Zwang, sich der Öffentlichkeit wie eine Marke anzubieten, kann sich heute kaum noch eine Hochschule entziehen. Und weil wenige Unis über das dafür notwendige Know-how verfügen, wittern die Agenturen und selbst ernannten Berater ihre Chance. Da hilft dann die Agenturengruppe Scholz & Friends der RWTH Aachen dabei, ihre "Zielgruppen" genauer zu definieren, und eine ehemalige Generalsekretärin der Hochschulrektorenkonferenz betreibt eine "Strategieberatung für die Wissenschaft". Die Werbeagentur DDB entwirft für die Universität Göttingen eine Anzeigenserie, die in Deutschlands überregionalen Zeitungen erscheint. Auch der Zeitverlag gründete eine Unternehmenstochter namens "Tempus Corporate", die unter anderem Imagemagazine für Universitäten produziert.

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