Kindheitstraum Warum der Beruf des Kapitän immer noch ein Traumberuf ist

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Verlockende Berufsaussichten

Uwe Jepsen kennt das unstete Leben fern von der Familie gut: "Als ich zur See gefahren bin, habe ich meine kleine Tochter oft monatelang nicht gesehen. Als ich zum Urlaub nach Hause kam, hat sie mich oft erst einmal nicht erkannt." Diese Abgeschnittenheit vom bekannten Umfeld sei heute für viele ein Grund, nicht Kapitän werden zu wollen, glaubt er. "Heute ist es nicht mehr wichtig wo die Reise hingeht, sondern ob das Schiff eine gute Internetverbindung hat." Außerdem seien dank Billigairlines und Co. die Möglichkeiten die Welt zu bereisen heute viel einfacher und günstiger als noch vor dreißig Jahren. "Der Anreiz als Kapitän fremde Länder kennen zu lernen ist also nicht mehr da." Außerdem sei heute oft gar keine Zeit mehr die bereisten Länder wirklich kennen zu lernen, dank moderner Verladetechnik mit Containern blieben die meisten Schiffe nur wenige Stunden im Hafen. Mehr als ein kurzer Hafenspaziergang sei da meist nicht drin.

Gleichzeitig steckt die deutsche Seefahrt in einer Krise, seit 2008 müssen Reedereien um Aufträge und gegen die erstarkende Konkurrenz aus dem Ausland kämpfen. Gleichzeitig werden Frachtschiffe immer größer und können dank moderner Technik mit immer weniger Personal betrieben werden. Waren nach Angaben des VDR 1970 noch rund 2600 Schiffe unter deutscher Flagge unterwegs, so sind es heute nur noch knapp 450 die aber gleichzeitig wesentlich höhere Gütermengen als noch vor 40 Jahren transportieren. Dennoch ist die Anzahl der Berufseinsteiger in der Seeschifffahrt in den vergangenen Jahren recht stabil. Nach Auskunft des VDR haben sich in den vergangenen zehn Jahren alljährlich zwischen 300 und 400 junge Männer und Frauen für einen Berufseinstieg in der Seeschifffahrt entschieden. Dabei dürfte die Vergütung für Kapitäne eine auch nicht unerhebliche Rolle spielen. Der Tarifvertrag für die deutsche Seeschifffahrt schreibt ein Bruttogehalt von monatlich mehr als 6000 Euro vor.

Außerdem locken die Berufsaussichten nach einigen Jahren auf See. "Viele Kapitäne, die einige Jahre zur See gefahren sind, landen anschließend in attraktiven leitenden Jobs in Reedereien, Hochschulen, bei Dienstleister, den Losten oder in der Schifffahrtsverwaltung", erklärt Christof Schwaner. Der Landbetrieb komme ohne erfahrene Seeleute gar nicht aus, so seine Einschätzung. Denn gerade die hohe Teamfähigkeit, gepaart mit interkultureller Erfahrung und einer hohen Stressresistenz sind Eigenschaften, die Arbeitgeber hoch schätzen. Uwe Jepsen vom Bundesverband der See-und Hafenlotsen ergänzt: "Ich kenne viele Berufseinsteiger, die bewusst einige Jahre das unstete Leben auf See in Kauf nehmen wegen der Aussicht später in einen vergleichbar dotierten Job, wie den der Hafenlotsen zu wechseln, bei dem man abends nach Hause kommt."

Für Jepsen hat sich das Berufsbild des Kapitäns in den letzten Jahren enorm gewandelt. "Aufgrund all der modernen Geräte ist der Job heute viel technischer als vor noch rund 40 Jahren." Er findet dennoch, dass trotz aller Veränderung, trotz Schifffahrtskrise und weniger Landgängen, Kapitän ein Traumberuf ist: "Wenn sie als junger Mensch bereit sind Verantwortung zu übernehmen ist die Arbeit als Kapitän eine sehr schöne Aufgabe mit vielen Herausforderungen." Wer sich für solch eine Aufgabe bereit fühle, könne schnell aufsteigen und in der Seefahrt Karriere machen. Außerdem ist seiner Meinung nach die hohe See das letzte, unberührte Stück Erde "und Sie als Kapitän müssen ihr Schiff sicher von Hafen zu Hafen bringen, das ist wirklich erfüllend." Denn auch wenn sich die Technik beständig verbessert, Abläufe optimiert und der Zeitdruck immer größer wird: "Das Gefühl, wenn Sie den letzten Hafen eines Kontinents hinter sich lassen und die Reise über See antreten, wird wohl bei allen Veränderungen immer gleich bleiben", freut sich Jepsen.

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