Promotion Wem bringt der Doktortitel was?

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Arme Geisteswissenschaftler

Zwingend vorweisen muss man den Doktortitel allerdings für die wenigsten Stellen, zeigt eine Umfrage des Statistischen Bundesamts. Bei der Großkanzlei Hogan Lovells hat etwa die Hälfte aller Berufseinsteiger einen Doktortitel oder einen Master of Laws (LL.M.). Kerstin Neighbour, Partnerin bei Hogan Lovells, betont, dass der Titel keine Einstellungsvoraussetzung sei. Das wichtigste Kriterium seien nach wie vor die Noten der Staatsexamina, mindestens zwei "voll befriedigend" sollten es für einen Job in ihrem Hause sein. Auch die Aufstiegschancen hingen nicht vom Doktortitel ab. Der Titel zeige aber, dass sich der Absolvent schon gut mit einem bestimmten juristischen Thema auskenne. Berufseinsteiger mit einem LL.M. könnten hingegen oft mit sehr guten Englischkenntnissen glänzen und hätten während des Studiums im Ausland eine andere Kultur kennengelernt. Vor allem ausländische Klienten könnten häufig mehr mit dem LL.M. anfangen als mit dem deutschen Doktortitel.

Sozialwissenschaften

Sozialwissenschaftler mit Promotion verdienen beim Berufseinstieg 46.084 Euro im Jahr und damit gut 8.000 Euro mehr als Kollegen mit Masterabschluss. Ein Karrierebeschleuniger sei der Titel aber nur in bestimmten Fällen, sagt Vinzenz de Rouet, Sprecher des Berufsverbands Deutscher Soziologen. Nützlich sei er zum Beispiel für Führungspositionen, die nicht auf klassischen Berufsbildern aufbauen: Wenn man in der Kommunikationsabteilung eines Technologiekonzerns arbeite und dessen Interessen vertrete, könne der Doktortitel im Umgang mit Gesprächspartnern ausgleichen, dass man kein gelernter Ingenieur sei. In anderen Branchen, wie etwa der Werbung, sei der akademische Abschluss nicht entscheidend. In keinem Fall ersetze die Promotion frühzeitige Berufserfahrung, betont de Rouet.

Sprach- und Kulturwissenschaften

Egal ob mit oder ohne Doktortitel – in der Gruppe der Sprach- und Kulturwissenschaftler liegen die Einstiegsgehälter bei etwa 35.000 Euro im Jahr. Dennoch kann die Dissertation eine lohnende Investition sein: Laut Statistischem Bundesamt geben 38 Prozent der promovierten Sprach-, Kultur- und Kunstwissenschaftler an, dass der Doktortitel Voraussetzung für ihre jetzige Anstellung gewesen sei. Das ist nach den Naturwissenschaftlern die größte Gruppe.

Eine Studie des Institutes für Forschungsinformation und Qualitätssicherung in Bonn zeigt: 60 Prozent wollen in Forschung und Lehre arbeiten – und dafür braucht man natürlich den Doktor.

Wirtschaftswissenschaften

Für die Ökonomen lohnt sich die Arbeit an der Dissertation: Berufseinsteiger mit Doktortitel verdienen im Schnitt 57.617 Euro im Jahr – knapp 10.000 Euro mehr als Anfänger mit Masterabschluss. Der Titel ist außerhalb der Wissenschaft kein Muss, manchmal aber ein nice to have. Gern gesehen wird er zum Beispiel bei großen Unternehmensberatungen. Aber auch dort muss man nicht von vornherein mit einem Titel aufwarten können. Denn die Beratungen bieten ihren jungen Mitarbeitern oft die Möglichkeit, sich eine Zeit lang für eine Promotion oder für einen MBA freistellen zu lassen. "Ob man einen MBA macht oder promoviert, macht für die Karriere bei uns keinen Unterschied", sagt Thomas Fritz, der sich bei McKinsey darum kümmert, Nachwuchs ins Unternehmen zu holen. Die meisten Wirtschaftswissenschaftler in dem Programm hätten sich für die Promotion entschieden.

Im Finanzsektor sei der Doktortitel kaum entscheidend für die Karrierechancen, sagt Hartmut Kliemt, der bei der Frankfurt School of Finance & Management für das Promotionsprogramm zuständig ist. Wichtiger seien Praxiserfahrung, Auslandsaufenthalte und Mathe-Kenntnisse.

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