Studierwillige Abiturienten stehen vor der Wahl. Kurz nachdem sie den geschützten Raum der Schule, mit verhältnismäßig wenig Auswahlmöglichkeiten verlassen haben, müssen sie eine Entscheidung treffen, die ihr Leben prägen kann: Was soll ich nun studieren? Lag nach Angaben der Hochschulrektorenkonferenz die Anzahl der in Deutschland angebotenen Bachelorstudiengänge im Wintersemester 2007 noch bei rund 4100, hat sich diese Zahl innerhalb von sechs Jahren nahezu verdoppelt. Wer im vergangenen Herbst sein Studium aufgenommen hat, konnte aus exakt 7477 Bachelorstudiengängen auswählen.
Nicht weniger als das was ist das wo: Welche Hochschule soll ich wählen? Nehmen wir den Klassiker BWL. Nach Angaben von Studieren.de, einem privaten Portal zur Studienwahl, bieten hierzulande 58 Hochschulen den Studiengang BWL an, wer unterschiedliche Vertiefungen wie Management oder Marketing dazu rechnet, hat schnell mehr als hundert Hochschulen zur Auswahl.
Schulabsolventen verlieren da schnell den Überblick. Hochschulrankings sollen helfen und listen Unis, FHs und andere Hochschulen nach unterschiedlichen Kriterien. Neben Rankings die Forschungsergebnisse oder Befragungen unter Studenten als Bewertungskriterien nehmen, gewinnt eine andere Art des Rankings zunehmend an Beliebtheit: Die Befragung von Arbeitgebern, welche Hochschulen sie als besonders gut erachten.
Das wirft die Frage auf: Wie entscheidend ist es für die spätere Karriere, welchen Ruf die Hochschule hat? Und sollte diese Frage für Studienanfänger die letztlich entscheidende sein?
Das kommt vor allem drauf an, wo man später hin will, glaubt Ulrike Hartmann, Studienberaterin bei Studieren.de: „Für große, international agierende Unternehmen spielt der Ruf der Universität bei der Bewerberauswahl eher eine Rolle als das bei kleineren und mittelständischen Unternehmen der Fall ist.“ Wer also eine Karriere bei Unternehmen wie Daimler, KPMG oder Apple anstrebt, sollte mehr auf das Renommee seiner Hochschule achten als jemand, der eine Karriere bei kleinen, vor allem in Deutschland agierenden Unternehmen anstrebt.
Internationale Unternehmen sieben stärker aus
Damit zeigt sich auch die erste, wichtige Erkenntnis: Je internationaler und größer ein Unternehmen, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Ruf der Uni in den Bewerbungsprozess mit einbezogen wird. Dieser Prozess folgt einer einfachen Logik: Je größer die Unternehmen, desto mehr Bewerbungen erhalten sie und müssen stärker aussieben. „Da kann auch der Ruf der Universität zu einem Auswahlkriterium werden“, erklärt Stefanie Zimmermann, Studienberaterin beim Staufenbiel-Institut gegenüber Unicum.de. Dennoch sei der Ruf einer Uni hierzulande bei der Bewerberauswahl noch verhältnismäßig unwichtig, wie der Karriereberater Thomas Landwehr anmerkt. Anders sei das in den USA, wo bestimmte Arbeitgeber fast immer Abschlüsse von renommierten Universitäten wie Harvard oder Yale verlangen.
Ist der Ruf einer Uni in Deutschland für den Arbeitgeber also doch nicht so wichtig, wie einem die Befragungen unter Personalchefs und die passenden Rankings weiß machen wollen?
Christine Rupp, Recruiting-Partnerin bei Booz & Company, erklärt: „Der Name der Universität sagt über einen Bewerber erst mal nicht viel aus.“ Allerdings merkt sie an, das Booz & Company von seinen Bewerbern hervorragende akademische Leistungen, soziales Engagement, Auslandserfahrungen und Praktika bei einschlägigen Unternehmen erwarten. „Die Erfahrung zeigt, dass Absolventen von Topuniversitäten diese Kriterien meistens mitbringen.“ Und genau hier könnte der entscheidende Punkt liegen. Unternehmen bewerten nicht direkt den Ruf einer Uni, sie wissen aber, dass Absolventen bestimmter Hochschulen ein Programm durchlaufen, das sie sich von späteren Mitarbeitern wünschen.
Das glaubt auch Jürgen Schneider, Dekan der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre der Universität Mannheim. Für ihn sind es drei Faktoren, die den guten Ruf einer Hochschule ausmachen: Hervorragende Forschungsleistungen, leistungsstarke und verantwortungsbewusste Absolventen und ein guter Kontakt zu Unternehmen. Diese drei Faktoren „hängen unmittelbar zusammen und bedingen sich gegenseitig“, erklärt Schneider. So suchen gute Forscher ein forderndes Umfeld in Form von leistungswilligen Studenten, die wiederum suchen nach starkem, wissenschaftlichem Personal. „Hat eine Universität beides zu bieten, sind auch Unternehmen am Austausch zwischen Forschung und Arbeitswelt interessiert“, sagt Schneider. So verstärkt eine Hochschule mit guten wissenschaftlichen Leistungen das Interesse von Unternehmen, die sich stärker an der Hochschule, beispielsweise durch Workshops oder Karrieremessen engagieren. Booz & Company zum Beispiel ist besonders an den "top Universitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz präsent und aktiv am Campus", sagt Christine Rupp. In der Konsequenz rekrutiere ihr Unternehmen "hier besonders viele exzellente Kandidaten".
So bedingen sich der Ruf einer Uni und ihre Beliebtheit beim Arbeitgeber häufig gegenseitig. Dennoch ist eine gute Hochschule kein Garant dafür, höhere Beachtung beim Traumarbeitgeber zu finden. So erklärt Martin Pulfer, Leiter Human Ressource beim digitalen Dienstleister Namics, auf der Website des Jobportals Connecticum: „Für mich sind persönliche Eigenschaften wesentlich wichtiger als das Ranking der Universität.“ Auch Ulrike Hartmann von Studieren.de glaubt, dass es mehr auf die Kombination von wünschenswerten Faktoren wie gute Noten, Auslandserfahrungen und passende Praktika ankommt. „Es zählt das Gesamtpaket.“
Die Uni auf bisherige Absolventen checken
So sollte bei der Auswahl der Hochschule nicht der alleinige Fokus auf dem möglichen Ansehen bei potentiellen Arbeitgebern liegen. Angehende Studenten sollten das zwar beachten, bestimmte Hochschulen „als alleinige Grundlage für die Karriereplanung" würden allerdings überbewertet, sagt Hartmann. Sie hält wenig davon, sich allein vom Renommee leiten zu lassen. Vielmehr sollten Studenten nach ihren Interessen entscheiden. So könne es zwar sein dass der Fachbereich einen exzellenten Ruf genieße, die gewünschte Studienrichtung dort aber gar nicht angeboten werde. Dann sollte man lieber an eine andere Hochschule gehen, so ihr Rat: „Das Studium an einer Hochschule mit schlechterem Renommee - aber der individuell gefragten Vertiefungsrichtung - wird sicherlich erfüllender sein.“
Doch was, wenn das gewünschte Studium von mehreren Hochschulen angeboten wird und Studenten nun vor der Wahl stehen, die beste Bildungseinrichtung mit Blick auf die Karriere zu wählen? „Ein Gespräch mit der Fachstudienberatung der jeweiligen Hochschule kann dabei helfen herauszufinden, ob eine Uni das passende Renommee für den Wunscharbeitgeber hat“, sagt Hartmann. Dort könnten angehende Studenten dann auch erfahren, mit welchen Unternehmen die Fachbereiche kooperieren und wo viele Absolventen landen.
Denn gerade diese Absolventen könnten Studenten später zum passenden Job im Wunschunternehmen verhelfen. Anerkanntes Renommee einer Hochschule hin oder her: Wer als Personaler die Bewerbung eines Studenten seiner alten Uni auf dem Schreibtisch hat, schaut genauer hin. Hat das Unternehmen mit Studenten der betreffenden Hochschule außerdem in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht, dürfte das die Einladung zum Bewerbungsgespräch erleichtern. Denn Absolventen und Studenten seien „Botschafter einer Universität, denn sie tragen durch ihre Kenntnisse, ihr Auftreten und ihre Wertvorstellungen, die sie im Studium erlernt haben, entscheidend zum Ruf ihrer Alma Mater bei“, sagt Schneider von der Uni Mannheim.
Die Frage „Wo arbeiten Alumni meiner Uni heute?“ kann bei der Jobsuche nützen. Zur Antwort reicht eine einfache Suche bei Karrierenetzwerken wie Xing oder LinkedIn aus, wie Raoul Wintjes von Karriereexperten.de gegenüber dem Unicum-Magazin verrät: „Wer an der Uni Köln BWL studiert hat, sucht einfach nach allen Kölner Alumni.“ Schon würden die Netzwerke Unternehmen anzeigen, bei denen mittlerweile besonders viele Absolventen der Uni Köln arbeiten. „Die Chance, sich hier für einen Job zu bewerben, könnte also größer sein als anderswo“, sagt Wintjes.