An deutschen Unis genügt meist das Ausfüllen eines Formblatts und ein kurzes Motivationsschreiben, schon steht dem Studienaufenthalt im Ausland nichts mehr im Wege. Erasmus macht es möglich. Im Januar vergangenen Jahres feierte das Austauschprogramm der Europäischen Union 25. Geburtstag. Teilnehmer können für maximal zwei Jahre an einer Universität im europäischen Ausland studieren. Die Vorteile des Programms: Keine Studiengebühren an der Hochschule im Ausland, eine finanzielle Unterstützung für den Studenten und ein relativ geringer Organisationsaufwand für die Teilnahme an dem Austauschprogramm.
Gerade diese unkomplizierte Organisation dürfte eine der Hauptgründe für die Popularität des Erasmusprogramms sein. Doch auch einige Zeit im außereuropäischen Ausland zu studieren ist leichter denn je. Viele Studenten sind sich bewusst: Selten ist es so unkompliziert für einige Zeit im Ausland zu leben, neue Leute und ein anderes Land kennen zu lernen, wie während des Studiums. Das zeigen auch Zahlen des statistischen Bundesamtes: Während im Jahre 2000 noch rund 50.000 deutsche Studenten an Hochschulen im Ausland unterwegs waren lag diese Zahl 2011 fast dreimal so hoch, bei rund 134.000.
Das wirft im Hinblick auf das spätere Berufsleben vor allem eine Frage auf: Ist ein Auslandssemester noch ein möglicher Vorteil gegenüber Mitbewerbern in meinem Traumjob? Oder gehe ich in der Masse der Studenten, die im Ausland waren einfach unter? Denn eines ist klar: So exotisch wie vor Jahrzehnten ist ein Semester in Südspanien heute sicherlich nicht mehr.
Dennoch sind sich viele Hochschulen wie Arbeitgeber einig: Ein Auslandsaufenthalt bringt immer noch Vorteile mit sich, allerdings sollte man sich bewusst manchen, wohin es gehen soll und was man während seiner Zeit im Ausland machen will. Die Frage ist also weniger: Ist ein Auslandsaufenthalt noch ein Karrierevorteil?, sondern: Wie mache ich meinen Auslandsaufenthalt zu einem Karrierevorteil?
Denn auch wenn die steigenden Studentenzahlen im Ausland eine Art „Massenphänomen Auslandssemester“ vermitteln, sieht die Realität anders aus, wie Hans van Ess erklärt: „Es trifft nicht zu, dass heutzutage nahezu jeder Studierende während seines Studiums ein Auslandssemester absolviert.“ Van Ess ist Vizepräsident für Internationales an der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU). Ähnlich sieht das Anke Kohl, Leiterin des International Office an der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster: „Ein Auslandsaufenthalt ist heute nach wie vor etwas Besonderes und sehr wichtig.“ Denn auch wenn die Anzahl der Studenten, die ins Ausland gehen aktuell auf einem Spitzenwert liegt, sind es insgesamt lediglich 6,4 Prozent der deutschen Studentenschaft die den Schritt in die Ferne wagen.