Am stärksten war nach den der Nachrichtenagentur dpa vorliegenden Abi-Daten der Sprung in Berlin - von einem Notenmittelwert 2,68 (2006) auf 2,40 (2016). Knapp dahinter Nordrhein-Westfalen, wo nach den bisher aktuellsten Zahlen für 2015 ein Schnitt von 2,41 ermittelt wurde (2006: 2,66). Klare Verbesserungen gab es auch in Brandenburg (in zehn Jahren von 2,48 auf 2,30) und Thüringen (von 2,33 auf 2,18).
Nur ganz wenige Bundesländer, etwa Baden-Württemberg, schwammen mit verschlechtertem Abi-Schnitt gegen den Strom. Meidinger - selbst Leiter eines Gymnasiums in Bayern - kritisiert dies als „Wettlauf um die besten Noten“, die über eine Studierbefähigung nichts mehr aussagten.
Auch bei den Einser-Quoten sind die Unterschiede groß: Während in Thüringen vier von zehn Abiturienten eine Top-Note - mit entsprechend besseren Chancen im NC-Wettbewerb - erhalten, sind es nicht mal 20 Prozent in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. „Für ein sehr gutes Abitur muss man sich nach wie vor auf den Hosenboden setzen“, sagte Meidinger dazu. „Aber die zumindest zwölf der 16 Bundesländer umfassende ständige Verbesserung der Abiturnoten in den letzten 15 Jahren kann man damit nicht erklären.“
Dies habe etwas mit politischen Entscheidungen der Kultusministerien zu tun. Denn Zustimmung zu umstrittenen Entscheidungen wie etwa die Verkürzung der Schulzeit von neun auf acht Jahre (G8) „erkauft sich die Politik gerade am Gymnasium und beim Abitur, indem sie Notenberechnungs- und Prüfungssysteme aufweicht“, sagte Meidinger. Probleme vor allem mit Eltern bekämen Bildungsminister „immer dann, wenn mehr Qualität der Schulen mit schlechteren Noten verbunden ist“. Die Länderminister reagieren teilweise pikiert auf die Vorwürfe.
Was junge Deutsche über unsere Geschichte zu wissen glauben
40 Prozent der Jugendlichen mussten diese Frage mit "nein" beantworten. Das ist das Ergebnis einer Studie des Forschungsverbundes SED-Staat von der Freien Universität Berlin.
Ebenfalls 50 Prozent glauben nicht, dass das Dritte Reich eine Diktatur war. Unter jugendlichen Migranten bewerten sogar 40 Prozent das damalige Regime positiv oder neutral.
50 Prozent der befragten Teilnehmer konnten diese Frage richtig beantworten: Der Beginn des Mauerbaus in Berlin. 31 Prozent dachten bei Nennung dieses Datums an ein anderes wichtiges politisches Ereignis der sechziger Jahre (bei der Fragestellung wurde zur Auswahl vorgegeben: Mauerbau, Kuba-Krise, Weltraumflug Juri Gagarins, Rücktritt Konrad Adenauers). Jeder fünfte Deutsche (19 Prozent) sieht sich nicht in der Lage, dem Datum "13. August 1961" eines der genannten Ereignisse zuzuordnen.
Mit dem Bau der der Berliner Mauer sollte die massenhafte Flucht in Richtung West unterbunden werden um so den Zusammenbruch des DDR-Systems zu verhindern. 22 Prozent der vom Forschungsverbund SED-Staat Befragten antwortete allerdings, dass die DDR-Führung mit dem Mauerbau die Einmischung des Westens in die Angelegenheiten der DDR unterbinden und damit den West-Ost-Konflikt entschärfen wollte. Einige Jugendliche hätten sogar behauptet, der Westen hätte die Mauer gebaut, um Armutsflüchtlinge aus dem Osten abzuwehren.
Zwar führte die Deutsche Demokratische Republik (DDR) das Wort Demokratie im Namen, demokratisch legitimiert war sie jedoch nicht. Laut Umfrage glaubte jedoch jeder dritte in Ostdeutsche, dass die DDR eine Demokratie gewesen sei. Im Westen dachte das jeder Vierte.
Immerhin 50 Prozent der Befragten sagten, dass es sich bei der alten Bundesrepublik um eine Demokratie gehandelt hat.
In Sachsen, wo sich der Abi-Schnitt innerhalb eines Jahrzehnts von 2,44 auf 2,29 verbesserte und die Traumnote 1,0 zuletzt von 167 Schülern (2006: 132) erreicht wurde, sagte Kultus-Ressortchefin Brunhild Kurth (CDU): „Wir messen uns nicht an der Quote der Spitzenzeugnisse, sondern an den Rückmeldungen von der Wirtschaft und den Universitäten - dort ist das sächsische Abitur anerkannt.“ Zudem lasse solche Kritik die tolle Arbeit der Lehrer völlig außer Acht.
KMK-Präsidentin Bogedan ahnt trotz der Bestrebungen für das einheitlichere Abitur, „dass uns diese Debatte erhalten bleiben wird“. Nun solle man die Länder aber erstmal ihre Erfahrungen machen lassen mit dem gemeinsamen Aufgabenpool ab 2017. „Dann sehen wir, ob wir noch weiter gehen können. Aber ich habe derzeit nicht die Fantasie, mir das eine Abitur oder die eine Aufgabe vorzustellen, die alle Schüler in Deutschland am gleichen Tag lösen müssen.“
Der Philologenverbands-Chef macht sich in der Gerechtigkeitsdebatte derweil einen Vorschlag zu eigen, wonach eine bundesweite Rangliste aller Abiturienten das Ziel sein müsse. Die Platzierung solle dann im Abi-Zeugnis stehen. „Dass ein Einser-Abitur in einem Bundesland oder Jahrgang leichter zu erreichen ist als in einem anderen, hätte dann auf die Studienzulassung keine Auswirkung mehr“, sagte Meidinger.
Eine Schülerin wie Antonia Arndt aus Berlin müsste sich dafür nicht im geringsten interessieren: Sie legte kürzlich ein 1,0-Abitur hin, und zwar mit der nahezu unfassbaren Maximalpunktzahl - 900 von 900.