Universitäten Wie Studenten die Semesterferien verbringen

Drei Monate Sommerferien - das klingt wie im Paradies. So viel Zeit haben Studenten, zumindest auf dem Papier. Doch was fangen sie mit all der Freizeit an? Eine Typologie.

Der ReisendeEine Backpacker-Tour durch Thailand, ein Städte-Trip mit den Kumpels in die Hauptstadt und anschließend zwei Wochen Campen in der Wildnis: Der Reisende verliert keine Zeit und sitzt meist schon am ersten Tag der Semesterferien im Flieger Richtung Ferne. Immer mit dabei: Selfie-Stick und Smartphone mit Internet-Flat. Denn natürlich müssen die Daheimgeblieben über alle Stationen der Reise im Detail informiert werden. So wird jedes Essen, jeder Sonnenuntergang und jede Sehenswürdigkeit vom Reisenden stolz auf Facebook und Instagram präsentiert und zur Bewunderung freigegeben. Und wenn der Reisende dann einige Tage nach Vorlesungsbeginn wieder aus der Fremde an die Uni zurückkehrt, bringt er einen ganzen Koffer voller entzückender Anekdoten und neu gewonnener Lebensweisheiten mit, die sich Freunde und Familie für die nächsten drei Monate anhören dürfen - bis die Planung für den nächsten Urlaub beginnt. Quelle: dpa
Der KarrieristSemesterferien – was so schön nach Freiheit und Badesee klingt, ist für den Karrieristen der Zeitraum, in dem die Plackerei erst richtig losgeht. Vor elf Monaten hat er von seinem künftigen Wunscharbeitgeber die Zusage für ein Praktikum erhalten und natürlich will der Karrierist nun das Beste aus dieser (natürlich „einmaligen“) Chance herausholen. Gleich am ersten Tag powert er los. Während die anderen Praktikanten mittags gemeinsam in die Kantine gehen, schließt sich der Karrierist der Führungsriege an – schließlich weiß er, wie wertvoll solche Kontakte später für den Berufseinstieg sein können. Nach Feierabend studiert er die Power-Point-Folien für den Folgetag und überlegt sich intelligente Fragen, die er seinen Vorgesetzten stellen kann. Dass er die Präsentation selbst („noch“) nicht halten darf, ärgert ihn. Dennoch sieht er die Vorbereitung als gute Übung, um die eigenen „Skills“ zu verbessen. Freunde und Familie bekommen ihn – wenn überhaupt – nur noch am Wochenende zu sehen. Quelle: unpict - Fotolia.com
Die Party-QueenDie Party-Queen orientiert sich bei der Gestaltung ihrer Semesterferien an den Regeln ihrer Abi-Fahrt nach Bulgarien: Keine Feier wird von ihr ausgelassen. Dabei ist ihr in der Regel völlig egal ob WG-Party, Festival oder Schützenfest - Hauptsache bunt, laut und voller Menschen. Den Morgen danach verbringt die Party-Queen regelmäßig mit Aspirin und tiefschwarzen Augenringen im Bett. Erst gegen Abend kehrt Leben in sie zurück, wenn es darum geht, sich für die nächste Feier herauszuputzen. Es findet keine Feier statt? Kein Problem für die Party-Queen – sie schmeißt einfach selbst eine. Ein schlechtes Gewissen hat dieser Studenten-Typ nicht. Schließlich sind die sozialen Kontakte während der Prüfungsphase lange genug auf der Strecke geblieben. Quelle: dpa
Der FamiliäreKaum ist die letzte Prüfung geschrieben, packt der Familiäre schon seine Sachen und verschwindet in den nächsten Zug Richtung Heimat – zurück ins alte Kinderzimmer. Zu den Eltern, den Freunden von früher und all den Vorteilen, die so eine Rückkehr an den Ort der Kindheit mit sich bringt. Mama kocht. Mama putzt. Mama macht die Wäsche. Vor lauter Uni-Stress hatte der Familiäre beinahe wieder vergessen, wie bequem es bei Mama doch war – und wie günstig. Wenn die Eltern all den anstrengenden Erwachsenen-Kram erledigen und Oma einem nach jedem Besuch noch heimlich zwanzig Euro zusteckt, bleibt auf einmal viel mehr Zeit und Geld für die angenehmen Seiten des Lebens: So verbringt der Familiäre seine Semesterferien überwiegend damit, mit alten Freunden um die Häuser zu ziehen und in Erinnerungen zu schwelgen. Wie schön und einfach es damals doch war. Und wie furchtbar stressig das Leben doch mit Beginn des Studiums geworden ist. Wenn der Familiäre in der letzten Ferienwoche wieder an die Uni zurückkehrt, bleibt ihm als Trost nur das gesparte Geld - und Mamas vorgekochter Auflauf für die kommenden zwei Wochen. Quelle: dpa
Der WeltverbessererDie Semesterferien lassen sich auch nutzen, um Punkte für das eigene Karma zu sammeln. Sobald die freie Zeit beginnt, holt der Weltverbesserer deshalb all das nach, wofür neben Vorlesungen und Prüfungsstress im Semester keine Zeit geblieben ist: Er engagiert sich bei der Tafel, hilft in der Kinderbetreuung aus, singt Omis im Altenheim alte Volkslieder vor oder gibt Deutschunterricht für Flüchtlinge. Natürlich ehrenamtlich. Der Weltverbesser sehnt sich danach, anderen Menschen zu helfen, seinen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten und sein Leben mit Sinn zu füllen. Deshalb strebt er auch einen guten Abschluss an, um später im Job soziale Missstände ändern zu können. Quelle: dpa
Das ArbeitstierSemesterferien? Schön wär's! Miete, Mensa, Studiengebühren - das alles muss finanziert werden und weil das Arbeitstier in der Regel nicht zu den Studenten gehört, die von Mama und Papa finanziert werden (worauf dieser Typ durchaus stolz ist!), verbringt er die vorlesungsfreie Zeit ausnahmslos mit Geld verdienen. Während des Semesters ist das Arbeitstier im Restaurant als Kellner angestellt. In den Semesterferien arbeitet er zusätzlich beim Automobil-Hersteller am Band und beim Discounter an der Kasse. Anders als beim Karrieristen ist es dem Arbeitstier völlig egal, bei welcher Firma er seinen Sommer verbringt - Hauptsache die Bezahlung stimmt. Ein unbezahltes Praktikum kommt für ihn nicht in Frage. Obwohl das Arbeitstier in den Semesterferien mehr Kohle verdient, als seine Kommilitonen unter dem Semester an BAföG erhalten, wirft er nie mit Geld um sich. Das Arbeitstier spart eisern, um sich seinen Traum zu erfüllen: ein eigenes Auto. Quelle: AP
Der StreberFerien? Diesen Begriff kennt der Streber nicht, denn wenn keine Vorlesungen sind, muss er für die nächste Prüfung lernen, Hausarbeiten schreiben oder das kommende Semester vorbereiten. Die nächsten acht Wochen verbringt er fast ausnahmslos hinter einem Bücherberg in der Bibliothek, wo er vom Hausmeister bereits zum dritten Mal ermahnt wird, dass die Bibliothek eigentlich seit zwanzig Minuten geschlossen hat und er doch bitte nach Hause gehen soll. Strand und Urlaub kommen für den Streber überhaupt nicht in Frage – wie soll er auch auf einen ordentlichen Einser-Schnitt kommen, wenn er in seinen Semesterferien faul auf der Haut liegt? Quelle: dpa
Der WissbegierigeDer Wissbegierige ist ein ausgezeichneter Student. Er liebt sein Fach schon seit der Grundschule und bildet sich selbst in seiner Freizeit auf seinem Gebiet weiter – natürlich auch in den Semesterferien, die er fast vollständig an der Uni verbringt. Denn zum Glück für den Wissbegierigen bieten die meisten Universitäten auch in den Semesterferien ordentlich Programm: Viele Tutorien und Ringvorlesungen werden auch in der vorlesungsfreien Zeit fortgeführt und dort vom Wissbegierigen mit Begeisterung besucht. Dass er für seine Teilnahme Credit Points oder Zertifikate erhält, ist für ihn nur Nebensache. Denn anders als der Streber, der seine Tage in der Bibliothek verbringt, um eine möglichst gute Note zu bekommen, geht es dem Wissbegierigen tatsächlich um die Freude am Fach. Für ihn ist das Lernen nichts anstrengendes, sondern ein Hobby – und er liebt es, sich mit anderen Wissbegierigen desselben Fachgebiets auszutauschen. Diese trifft er aber nicht auf Mallorca am Strand, sondern dort, wo er sich selbst am Wohlsten fühlt: im Hörsaal in der ersten Reihe. Quelle: dpa/dpaweb
Eine Frau sitzt auf einer Wiese und meditiert Quelle: Fotolia.com
Der NormaloDer normale Durchschnitts-Student, auch Normalo genannt, verbringt seine Semesterferien eigentlich ganz normal: Er macht einen kleinen Urlaub. Er geht hin und wieder feiern. Er fährt eine Woche zu den Eltern in die Heimat. Und er verbringt ein wenig Zeit in der Bibliothek, wenn sich die Abgabefrist für die Hausarbeit nicht mehr verleugnen lässt. Der Normalo studiert meist irgendwas von Anglizistik bis Zahnmedizin, seine Noten sind durchschnittlich, genauso wie seine Studiendauer, die meist ziemlich genau der Regelstudienzeit entspricht. Nach dem Studium verschwindet er für immer aus der akademischen Welt und endet in der Regel als einfacher Büroangestellter. Quelle: imago / hoch zwei stock
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