Wirtschaftsstudium Bloß weg von der Mainstream-VWL

Weder Finanz- noch Staatsschuldenkrise hat die klassische VWL so vorhergesagt. Längst sind viele Studenten unzufrieden mit der einseitigen Ausrichtung des Ökonomiestudiums. Jetzt gibt es eine Alternative.

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Neuer VWL-Studiengang: Alternative zum neoklassischen, neukeynesianischen Paradigma. Quelle: Getty Images, Montage

Wohl jeder Student der Volkswirtschaftslehre hat sich schon einmal gefragt hat, welchen Erklärungsgehalt das im Studium vermittelte Wissen für die Realität bietet. Spätestens wenn mathematische Modelle in Vorlesungen und Lehrbüchern die Realität nonchalant wegdefinieren, beschleichen manch angehenden Ökonomen Zweifel am Lehrstoff.

Statt zum Nachdenken über konkurrierende Theorien anzuregen, verlangt der Mainstream des neoklassisch und neukeynesianisch geprägten Studiums die Kenntnis mathematischer Abhandlungen, die den Eindruck erwecken, die Volkswirtschaftslehre sei eine Teildisziplin der theoretischen Physik.

Mit diesen Studienfächern verdienen Sie am meisten
Platz 10: InformatikWie hoch sind die durchschnittlichen Löhne von Uniabsolventen der verschiedenen Fachrichtungen? Antwort gibt die Studie "Uni, Fachhochschule oder Ausbildung – welche Fächer bringen die höchsten Löhne?" von Daniela Glocker und Johanna Storck, die 69 Studiengänge analysiert haben. Sie griffen dabei auf Daten des Mikrozensus zwischen 2005 und 2008 zurück und errechneten das Nettoeinkommen von mehr als 200.000 Menschen mit Abitur im Alter von 21 bis 65 Jahren. Die Daten sind um Alterseffekte und regionale Unterschiede bereinigt. Männer, die an einer Fachhochschule Informatik studiert haben, haben einen durchschnittlichen Nettostundenlohn von 12,81 Euro. Studieren sie dagegen an einer Universität, bekommen sie pro Stunde schon 14,06 Euro. Informatikerinnen verdienen dagegen nur 9,32 Euro (Uni) beziehungsweise 9,29 Euro (Fachhochschule). Quelle: dpa
Platz 9: MaschinenbauEin ähnlich starkes Gehaltsgefälle gibt es zwischen männlichen und weiblichen Maschinenbauern: Männer, die an an einer FH studiert haben, bekommen 13,28 Euro netto pro Stunde. Wer an einer Uni studiert hat, verdient 13,81 Euro. Bei den Frauen sind es 7,78 Euro (FH) und 9,22 Euro (Uni). Quelle: dpa
Platz 8: VerwaltungswissenschaftenMänner, die an einer FH Verwaltungswissenschaften studieren, verdienen netto 13,36 Euro die Stunde. Bei den Frauen sind es 10,80 Euro. Im Jahr verdient sie also 22.457,86 Euro, er 27.787,16 Euro. Quelle: Blumenbüro Holland/dpa/gms
Platz 7: MathematikMännliche Mathematiker bekommen pro Stunde im Durchschnitt 13,71 Euro - wenn sie an einer Universität studiert haben. Für FH-Studenten liegt das spätere Gehalt bei durchschnittlich 12,02 Euro. Frauen verdienen dagegen durchschnittlich 9,81 Euro, wenn sie an einer Uni studiert haben und 7,72 Euro. Quelle: dpa
Platz 6: Betriebswirtschaftslehre Männer, die an einer FH Betriebswirtschaftslehre studieren, verdienen während ihres Arbeitslebens im Schnitt 14,14 Euro pro Stunde. Wer an einer Uni BWL belegt hat, bekommt später im Schnitt 16,58 Euro. Bei Frauen sind es 9,43 Euro (FH) und 10,00 Euro (Uni). Quelle: Fotolia
Platz 5: VolkswirtschaftslehreDie Ökonomen verdienen vom Ende ihres Unistudiums bis zum Renteneintritt im Durchschnitt 14,57 Euro netto pro Stunde. Bei den weiblichen Volkswirten sind es 9,41 Euro. Der durchschnittliche Netto-Jahreslohn eines studierten Volkswirts liegt bei 30.297,97 Euro beziehungsweise 19.571,74 Euro. Quelle: dpa
Platz 4: WirtschaftsingenieurwesenDie männlichen Wirtschaftsingenieure bekommen ihr Unistudium mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 15,00 Euro vergütet. Im Schnitt kommen sie auf einen Netto-Jahreslohn von 31.208,20 Euro. Während des gesamten Arbeitslebens verdienen sie durchschnittlich 1,34 Millionen Euro. Quelle: Fotolia

Schon seit geraumer Zeit wendet sich daher das Netzwerk Plurale Ökonomik gegen die Dominanz der neoklassischen Standardökonomie in den Lehrveranstaltungen der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten.  Die Kritiker werfen der Ökonomie vor, „reale gesellschaftliche Probleme im Schein mathematischer Objektivität und eines überhöhten Dogmatismus in den Hintergrund zu rücken“. Die Vertreter der Initiative fordern daher mehr Methoden- und Theorienvielfalt in der universitären Lehre sowie eine „Selbstreflexion des Faches“. Unter dem Netzwerk haben sich vor allem linke, marktskeptische Strömungen organisiert.

Doch auch aus marktliberalen Kreisen gibt es Kritik an der Standard-Volkswirtschaftslehre. So werfen die Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie der herrschenden Lehre an den Unis vor, sich einseitig auf das neoklassisch/neukeynesianische Paradigma sowie einen übertriebenen Empirismus zu konzentrieren, der mit einer  ideengeschichtlichen Entwurzelung einhergehe. Die Österreichische Schule selbst gründet auf einer langen Tradition herausragender Denker. Diese reicht von Carl Menger über Eugen Böhm von Bawerk, Ludwig von Mises, Friedrich August von Hayek bis zu Murray Rothbard und Hans-Hermann Hoppe. Von den meisten Universitäten wird die Lehre der Österreichischer nicht zuletzt aufgrund ihres radikal freiheitlichen und staatskritischen Ansatzes geschnitten.

Industrial Internet, Advanced Manufacturing und Vernetzung sind die Faktoren, die die Zukunft der Arbeit bestimmen.

Individuum rückt in den Vordergrund

Doch das könnte sich bald ändern.  Denn es gibt eine Alternative zum Mainstream-Studium. Die private, auf das Unternehmertum ausgerichtete Business and Information Technology School (BiTS) in Berlin bietet zum Sommersemester 2016 einen neuen Master-Studiengang an, der die Lehre der Österreichischen Schule der Nationalökonomie mit praxisnahem Management-Know-how verbindet. Die  Studenten sollen auf Basis der Lehre der österreichischen Schule (Austrian Economics), die das einzelne Individuum in den Vordergrund der Analyse stellt, unternehmerisches Denken lernen. „Derzeit führt die Österreichische Schule an den meisten Universitäten völlig zu Unrecht nur ein Schattendasein“, sagt Stefan Kooths, Konjunkturchef am Kieler Institut für Weltwirtschaft und zugleich Programmleiter des Studiengangs.

Das Studium "Entrepreneurial Economics" vermittelt umfassendes Wissen über volkswirtschaftliche Theorien und rückt dabei die unternehmerisch orientierte Erklärung menschlichen Handelns  in den Mittelpunkt. „Die Ökonomen der Österreichischen Schule  beendeten vor rund 150 Jahren den Stillstand des ökonomischen Mainstreams und bahnten durch eine revolutionäre methodische Umgestaltung den Weg zu modernem ökonomischen Denken“, sagt Kooths. Ein zentraler Schwerpunkt des Studiums an der BiTS besteht daher in der Lektüre der Originalwerke der Ökonomen der Österreichischen Schule. „An die Stelle des flüchtigen Überblicks, wie man ihn sonst  in den dogmenhistorischen Seminaren der volkswirtschaftlichen Fakultäten bekommt, tritt bei uns die intensive Auseinandersetzung mit den Originalwerken von Menger, Mises und Co“, sagt Kooths. Wer hier studiert,  wird viel lesen.  

Vermittlung eines ganzheitlichen Bildes

Das Risiko, dass die BiTS-Absolventen später in Austrian Economics fit sind, die gängigen Mainstream-Lehrinhalte aber nicht kennen und dadurch in der beruflichen Praxis Nachteile haben, sieht Kooths nicht. Die private BiTS sei vor 15 Jahren als „die Unternehmerhochschule“ gegründet worden, um Menschen zu verantwortungsvollem, unternehmerischem Denken und Handeln zu befähigen. Daher erlernen die Studenten neben dem theoretischen Rüstzeug auch  betriebswirtschaftliche Fähigkeiten, die für eine erfolgreiche berufliche Tätigkeit nötig sind. Dazu gehören Steuerrecht, Firmenbewertung, Unternehmensrestrukturierungen und Bilanzierung.

Diese Ökonomen haben unsere Welt geprägt
Korekiyo Takahashi Quelle: Creative Commons
Korekiyo Takahashi Quelle: Creative Commons
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Steuererklärung Quelle: AP
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Die BiTS züchte kein Sektierertum heran. „Unsere Studenten werden in dem logisch-deduktiven Denkansatz der Austrians unterrichtet, aber sie erhalten auch die üblichen Standard-Kenntnisse in der mathematisch-statistischen Wirtschaftsforschung“, sagt Kooths. Entscheidend sei, den Studenten ein ganzheitliches Bild von den Wirtschaftswissenschaften zu vermitteln. Daher bette das Curriculum die Lehre der Österreicher in die Geschichte der wirtschaftswissenschaftlichen Lehrmeinungen ein. Die Studenten lernen dabei ausführlich, wie sich das ökonomische Denken über die Jahrhunderte entwickelt hat, von der Klassik über den Marxismus bis zur Neoklassik und der modernen Mainstream-Ökonomie.  Dies ist genau das, was viele an den staatlichen Hochschulen vermissen.

Kooths ist sich sicher, mit dem neuen Studiengang  in eine Marktlücke zu stoßen. „Wir geben die Orientierung, nach der viele Ökonomie-Studenten suchen“, sagt Kooths. Dazu tragen auch die Entwicklung und der Ausbau von Fähigkeiten bei, die für eine Karriere im Management und in der Wissenschaft unerlässlich sind  wie Verhandlungsführung, emotionale Führungsqualitäten und Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens.

Zudem arbeitet die BiTS mit einer Vielzahl ausländischer Hochschulen zusammen, Auslandsaufenthalte sind daher Bestandteil des Studiums. Nicht der Spezialist und Number-Cruncher ist das Ausbildungsziel, sondern der „ganzheitlich-unternehmerisch denkende Mensch, der mit seinen Kenntnissen der  freiheitlichen Lehre der Österreichischen Schule in der Lage ist, erfolgreich in Strategieabteilungen,  Unternehmensberatungen und  mittelständischen Unternehmen zu arbeiten“, sagt Kooths.

Gratis ist das Studium nicht

Bewerber für den viersemestrigen Masterstudiengang sollten über einen ersten akademischen Abschluss (Bachelor, Diplom, Master) mit Wirtschafts-, Mathematik-, oder Philosophiebezug verfügen.  Ebenfalls erforderlich sind gute Englischkenntnisse. Gratis ist das Studium  nicht.  900 Euro im Monat müssen Interessenten aufbringen. „Wer zu uns kommt, sieht das Studium als eine Investition in sein Humankapital – und bekommt dafür eine Menge geboten“, sagt Kooths. 

Gelehrt wird in Klassen bis zu maximal 25 Personen, eine persönliche Atmosphäre und Betreuung sind daher gewährleistet.   

Wer sich für das Austrian-Ökonomiestudium an der BiTS entscheidet, dürfte es  zumindest in einem Punkt leichter als seine Kommilitonen von den staatlichen Unis haben: Er muss sich die Frage nach dem Sinn und dem Realitätsbezug des Studiums nicht stellen.

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