Christoph Maria Herbst "Es erstaunt mich, dass es so viele Strombergs gibt"

Als Bernd Stromberg spielt Christoph Maria Herbst nun wieder einen Anti-Chef. Im Interview erklärt er, wie es ihm einmal in einem Seminar für echte Führungskräfte erging.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Christoph Maria Herbst in seiner Paraderolle als

Herr Herbst, Sie haben gemeinsam mit dem Managertrainer Roland Jäger ein Seminar für Führungskräfte gegeben, das mit dem Slogan warb: "Nie wieder Führungs- und Kommunikationschaos". Waren Sie in der Rolle des Bernd Stromberg der PR-Gag für die Veranstaltung?

Christoph Maria Herbst: (lacht) Nein, so war es nicht. Man hat mich auch nicht mit viel Geld gezwungen. Als wir die Anfrage auf den Tisch bekamen, hat meine Managerin gesagt: Das können wir wohl sofort absagen. Aber ich habe widersprochen und stattdessen zugesagt.

Warum? Sie haben immer wieder betont, dass Sie nicht auf diese Rolle reduziert werden wollen.

Herbst: Ich war neugierig darauf, echte Führungskräfte zu treffen und von ihren Problemen bei der Mitarbeiterführung zu hören. Ich bin übrigens nicht als Bernd Stromberg gekommen, sondern als Christoph Maria Herbst. Alles andere wäre Etikettenschwindel gewesen. Stromberg ist schließlich eine fiktive Figur.

"Sex ist wie Olympia"
Stromberg über sich:„Ich bin ja quasi die perfekte Mischung aus jung, aber sehr erfahren. Gibt's in der Form ja sonst nur auf dem Straßenstrich.“ „Ich bin ja ein Typ, der überall schnell Anschluss findet. Weil ich eben sehr gut mit Menschen kann - auch mit Frauen.“ „Mich haben Sie als Kind zu heiß geröntgt.“
Stromberg über Frauen:„Weiber ... nach außen Frau Merkel, nach innen n' Ferkel, oder?“ „Ich sag mal so: Frauen sind wie Zahnbürsten – nützlich, wichtig und so weiter. Aber man sollte ein und dieselbe nicht allzu lange ben... äh, haben.“ „Geht's um Frauenthemen? Kuchen, Kerle, Tampons und so weiter?“ „Weiber? Für irgendetwas waren sie gut, aber ich komm grad nicht drauf!“ „Männer stammen vielleicht vom Affen ab, aber Frauen mit Sicherheit von der Klette.“
Stromberg über Moslems und Türken:„Bei einem von euch muss man sich daran gewöhnen, dass er irgendwann mit dem Flugzeug ins Büro kommt.“ „Moslems sind die neuen Homosexuellen.“ „Wenn Sie sich jetzt das Schweinefleisch reinhauen, dann gibt’s später im Himmel keine Jungfrauen – so ist das doch bei euch, oder?“ „Ja ich bin ja für Ausländer Integration, daher würde ich sagen der Türke macht das.“ „Es geht hier um Karriere, Beförderung und Pipapo und da sieht der Turculu seinen Döner den Bach runtergehen.“ „Der Türke kann Kaffe, Döner, Bauchtanz. Mehr nicht. Das ist kein Vorurteil, sondern historisch erwiesen. Die alten Griechen, die haben historisch was geleistet, aber der Türke, da wird es eng.“ Quelle: picture-alliance/ obsdpa/picutre-allicance
Stromberg über Behinderte:„Blind ist glaub ich am schlimmsten, dann lieber taub, oder ne Hand weg. Brust weg ist auch nicht schön, also bei Frauen jetzt. Rollstuhl find ich in etwa wie taub, nur dass man mehr mitkriegt.“ „Ich bin für Behinderte. Hundert pro, das sind ja praktisch auch Menschen.“ Rollstuhlfahrer: „Ich hab da auch so meine Schwierigkeiten.“ Stromberg: „Glaub ich! Da steigt man ja schon als normaler Mensch nicht durch.“
Stromberg über Sex:„Sex ist wie Olympia, dabei sein ist alles.“ „Was? Jetzt machen sie mal ´nen Punkt! Wenn ich alles lassen würde, was ich nicht darf, dann hätte ich ja gar keinen Sex.“
Stromberg über Ärger:„Ich sag ja immer: die Scheiße ändert sich, aber die Fliegen bleiben gleich.“ „Ärger ist wie ein Blumentopf. Von je höher er kommt, desto eher tut er dem weh, der ihn auf dem Kopf kriegt.“ „Eine Abmahnung ist gar nichts. Mit einem Messer im Rücken gehe ich noch lang nicht ins Grab.“
Stromberg über die Chef-Rolle:„Ich bin für klare Hierarchien. Gott hat ja auch nicht zu Moses gesagt: 'Hier Moses, ich hab da mal was aufgeschrieben, was mir nicht so gut gefällt. Falls du Lust hast, schau doch da mal drüber.' Nein, da hieß es: Zack, 10 Gebote! Und wer nicht pariert kommt in die Hölle. Bums, aus, Nikolaus.“ „Wenn du als Chef beliebt bist, hast du schon was falsch gemacht. Ein beliebter Chef, kann auf seiner Nase gleich ‘ne Diskothek eröffnen, wo sie alle rumtanzen können. Kinder und Angestellte brauchen klare Grenzen.“ „Wenn du hier als Chef 'nen Furz lässt, dann fordert der Betriebsrat gleich ne Lärmschutzwand!“ „Als Chef ist Sensibilität sehr wichtig. Gerade mit anders geschlechtlichen Mitarbeitern. Zum Beispiel Frauen.“ „Als Chef musst du ein Quirl sein. Immer quirlen, quirlen, quirlen. Entweder Kuchen oder Scheiße. Und wenn du aufhörst, dann ist Feierabend. Rubbel die Katz und aus die Maus. Und dann bleibt der Kuchenteig an dir kleben. Oder die Scheiße.“

Bernd Stromberg ist der Antitypus eines guten Chef. Was sollen Führungskräfte von so einem lernen, Herr Jäger? Hatten Sie als Trainer nicht Sorge, dass Ihnen Herr Herbst als Promi die Show stiehlt?

Roland Jäger: Ich hatte tatsächlich Sorgen. Ich wollte weder, dass Herr Herbst als Stromberg das Seminar nur dekorativ aufhübscht, noch wollte ich neben ihm um meinen Platz und die Aufmerksamkeit der Teilnehmer kämpfen. Also haben wir uns vorab zu einem Abendessen getroffen, um herauszufinden, ob die Chemie stimmt. Erst danach sind wir an die inhaltliche Planung gegangen und es war schnell klar, dass Herr Herbst sich als Schauspieler in Rollenspielen einbringt. Wir haben also verschiedene Aspekte rund um das Thema Kommunikation für Führungskräfte beleuchtet und zur Illustration Rollenspiele eingestreut, in denen Herr Herbst unter anderem auch den Stromberg gespielt hat.

Herbst: Ich hätte auch kaum eine andere Aufgabe übernehmen können. Ich war ja dort gewissermaßen ein Exot als Kreativer unter den Managern. Aber ich konnte als Schauspieler von meinen Erfahrungen mit Regisseuren erzählen, die ja für einen Schauspieler eine Art Vorgesetzter sind.

Herr Jäger ist als Verfechter eines konsequenten Führungsstils bekannt. Ist das die Schnittmenge zwischen Bernd Stromberg und dem Trainer?

Herbst: Das ist die Schnittmenge zwischen Christoph Maria Herbst und Roland Jäger. Stromberg ist ja nicht hart, er ist wie ein Stück Seife. Er gibt seine Härte nur vor. Aber so darf man als Führungskraft nicht auftreten. Ein Manager muss authentisch sein und mit dem, was er sagt, greifbar bleiben. Wenn er A sagt, muss er auch A meinen. Bei Stromberg wird aus diesem A jedoch immer ein B oder C. Insofern ist mir dieser klare und konsequente Führungsstil, für den Roland Jäger steht, sehr sympathisch. Auch am Theater oder am Set ist so ein klarer Stil und  eine deutliche Kommunikation wichtig. Als Schauspieler muss man Ewigkeiten am Set warten und dann auf den Punkt genau Leistung erbringen. Das geht umso besser, wenn der Regisseur eindeutige Anweisungen gibt. Wie viele Parallelen zwischen Management und der kreativen Arbeit am Set bestehen, ist mir an diesem Tag erst richtig klar geworden. Man hat ja auch als Schauspieler recht wenig Möglichkeiten, so intensiv in eine völlig andere Branche hereinzuschauen.

Tyrannosaurus Boss
Der Milchbaron Theo Müller ist als streitbarer Sturkopf bekannt. Bis er kürzlich Heiner Kamps in die Gruppe holte, duldete er lange kaum andere Manager lange in wichtigen Positionen. Seine Söhne spürten den dominanten Patron ebenfalls. "Taucht der Vater auf, werden die Söhne zu Zwergen", erklärte einmal ein Ex-Mitarbeiter. Auch bei der Sanierung ist er wenig zimperlich. Als er 2004 den Ratiopharm-Manager Klaus Rättig holte um einen Großteil der Arbeitsplätze in der Verwaltung einzusparen, soll Müller gefordert haben: "Es muss Blut fließen." Wirklich wütend wird der "Polterpatriarch", wie ihn das „Manager Magazin“ betitelte aber wenn es um Greenpeace geht. Die Aktivisten führten eine Kampagne gegen "Genmilch" von Müller, der beglückwünschte seine Werksschützer dafür, dass sie Greenpeace-Aktivisten mit einem Feuerwehrschlauch vertrieben. Bei einer anderen Protestaktion lief er selbst mit vors Werktor und soll persönlich in Handgreiflichkeiten verwickelt gewesen sein, bei dem Fotografen verletzt und ihre Ausrüstung beschädigt wurden. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg wegen des Verdachts der Körperverletzung wurden gegen Zahlung von 45.000 Euro an karitative Einrichtungen eingestellt. Quelle: dpa
Da sie oft allein in den Filialen schuften mussten, waren Kassiererinnen bei Anton Schlecker lange ein bevorzugtes Opfer von Überfällen. Auch die Bezahlung sorgte immer wieder für Ärger: Schlecker feuerte Mitarbeiter, um sie über eine hauseigene Zeitarbeitsfirma wieder einzustellen. Verdi bezeichnete Schlecker als "Tyrann mit frühkapitalistischen Allüren" und selbst die damalige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sprach vom "Wilden Westen". 1998 wurde Schlecker gar zu einer Bewährungsstrafe und umgerechnet zwei Millionen Euro verurteilt, da er einer Mitarbeitern vorgemacht hatte, er würde sie nach Tarif bezahlen. Quelle: dpa
Wolfgang Grupp ist einerseits ein deutscher Vorzeigeunternehmer, der seit Jahren mit seinem Affen im Fernsehen für die hierzulande genähten Trigema-Klamotten wirbt. Gern wettert er auch in Talkshows gegen Größenwahn und Misswirtschaft in globalen Großkonzernen. Doch Grupp gilt auch als Egomane. Der "König von Burladingen" residiert in einer riesigen Villa mit Butler, Privatkapelle und einem protzigen Mausoleum. Im Umgang mit seinem Mitarbeiter pflegt der Patriarch einen eigenen Stil. Als "fürsorglichen Imperator" bezeichnet ihn sein Biograf Erik Lindner. "Vor jeder Näherin muss immer Ware liegen, damit's vorangeht. Wenn da wenig liegt, wird geschwätzt", erklärt Grupp in einer SWR-Doku die Notwendigkeit von Druck im Unternehmen. Quelle: dpa
Beispielhaft auch eine Episode über den Umgang mit Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Für den streitsüchtigen Fabrikanten ein Anlass, ins Grundsätzliche zu gehen. Als eine Aussiedlerin Ende der Neunziger Jahre kurz nach ihrer Einstellung eine zweiwöchige Krankmeldung einreichte, erhielt sie sofort die Kündigung. Daraufhin kehrte die Frau am nächsten Tag trotz eines ärztlichen Attests an die Maschine zurück, entschuldigte sich schriftlich und bat den Trigema-Chef persönlich um eine zweite Chance. Der aber legte sich lieber mit den Doctores an. "Ich habe schon immer behauptet, daß sinnlos krankschreibende Ärzte mitverantwortlich sind für unsere 4,5 Millionen Arbeitslosen und für die Diskriminierung des deutschen Arbeitsplatze", schrieb er an die Ärzte der Näherin. "Um eine korrekte Entscheidung zu treffen, müsste ich zuerst von Ihnen erfahren, wieso Sie zu dieser langen Krankschreibung kommen." Grupp erhielt keine Antwort, die Aussiedlerin keine zweite Chance; sie könne ihren Ärzten sagen, ließ er die Frau wissen, daß "sie verantwortlich dafür sind, daß Sie Ihren Arbeitsplatz auf Probe verloren haben". Quelle: dpa
Der Apple-Gründer Steve Jobs war so geliebt wie gefürchtet. Als "bezaubernden Tyrann" bezeichnete Ex-Mitstreiter Andy Hertzfeld Jobs einmal. Ein Wort des "iGod" konnte die Arbeit von Monaten zunichte machen und so schnell wie Mitarbeiter in seiner besonderen Gunst standen, wurde sie Ihnen auch wieder entzogen. Der Führungsstil war eine Mischung aus Zuckerbrot und Peitsche. Seine Mails um Mitternacht waren gefürchtet und Mitarbeiter wurden auch mitten in Besprechungen gefeuert oder vor versammelter Mannschaft gedemütigt. "Einen schönen Kuchen hast du da gebacken. Aber als Glasur hast du Hundescheisse genommen", erklärte er dann beispielsweise, wie Alan Deutschman in einem Buch über Jobs schreibt. Quelle: dpa
Der langjährige General-Electric-Boss Jack Welch wurde danach auch zum anerkannten Management-Experten. Doch viele ehemalige Angestellte sind weniger gut auf Welch zu sprechen. Immerhin stammt von ihm die sogenannte 20-70-10-Regel, die er auch praktizierte: Die besten 20 Prozent der Mitarbeiter gehören mit Boni belohnt, die mittleren 70 Prozent gefördert, die schlechtesten zehn Prozent gefeuert. "Minderleister vergiften das Klima", lautet ein beliebter Welch-Spruch. Quelle: rtr

Sie haben gleich sieben Themen an einem Tag behandelt – vom souveränem Auftreten über konsequente Führung bis zum Konfliktmanagement im Arbeitsteam. Im Fokus stand die Kommunikation. Was hätte Bernd Stromberg aus dieser Schulung mitgenommen?

Herbst: Stromberg eiert immer herum, er ist zur klaren Kommunikation nicht fähig, auch nicht zur Selbstkritik. Vermutlich täte ihm deshalb so ein Seminar mal ganz gut, aber ich fürchte, er würde nicht viel daraus mitnehmen. Ich selbst hatte im Übrigen auch noch nie so ein Managerseminar mitgemacht und war überrascht, dass es gar nicht so universitär zuging, wie ich mir das zunächst gedacht hatte. Da saßen 60 Managerinnen und Manager, teilweise aus sehr hohen Führungspositionen. Und der Jäger geht da zwischen die Reihen und bezieht die Leute mit ein, fasst sie an, gibt ihnen Impulse und führt ihnen vor Augen, wie wichtig es ist, die Mitarbeiter zu motivieren. Das war für mich als Schauspieler eine wirklich neue Erfahrung. In meinem Beruf sind Selbstmotivation und Eigenverantwortlichkeit ja grundlegend. Dass es so wichtig ist, seine Mitarbeiter zu motivieren – darüber hatte ich noch nie so nachgedacht. Mich hat auch überrascht, wie viele Herr und Frau Strombergs es da draußen gibt. In dem Seminar saßen schon einige.

Das erstaunt Sie?

Herbst: Mich erstaunt, dass der Stromberg'sche Prototypus in der Realität vorkommt, ja.

Jäger: Er kommt aber nicht nur in Führungspositionen vor, sondern auch unter den Mitarbeitern. Das war ein wichtiger Punkt in unserem Seminar. Mich hat dann sehr amüsiert, dass sich Herr Herbst ständig Notizen gemacht hat. Beispielsweise, als ich die 15 Standardausreden von Mitarbeitern durchgegangen bin. Sie kennen diese Sätze von Mitarbeitern, die erklären, warum sie ihre Arbeit nicht fertig bekommen haben. Diese Mitarbeiter argumentieren immer mit den Rahmenbedingungen, alles andere ist schuld, natürlich niemals sie selbst. Darum sprechen sie auch nie davon, dass es selbst unter diesen widrigen Rahmenbedingungen Kollegen gibt, welche die geforderte Leistung erbringen können.

Herbst: Das waren grandiose Sätze! Das musste ich mitschreiben. Ich habe diese Ausreden auch als Dialoganregungen an unsere Autoren weiter gegeben.

Also hat auch der Schauspieler etwas vom Managerseminar gelernt?

Herbst: Absolut, ja. Ich habe unzählige Anregungen für die fünfte Staffel Stromberg mitgenommen, die wir derzeit drehen.

Und was hat der Trainer vom Schauspieler gelernt?

Jäger: Dass es nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in kreativen Berufen auf klare Kommunikation ankommt. In Gewisserweise bin ich in meinem Führungsstil noch einmal bestärkt worden.

Werden Sie künftig weitere Führungskräfteseminare geben?

Herbst: Diese Frage stellt sich mir zum einen zeitlich gar nicht, da ich sehr eingebunden bin. Zum anderen glaube ich nicht, dass man das wiederholen kann. Wir hatten einen Premiereneffekt, der sich nicht wiederholen lässt.

Jäger: Ich hatte auf jeden Fall viel Spaß bei der Zusammenarbeit, stehe aber auch gerne wieder allein vor den Teilnehmern.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%