Schlaf und Mangel Müde Menschen kosten die Wirtschaft Milliarden

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Kulturelle Umcodierung nötig

Denn während Japaner seit den 1970er Jahren immer zur gleichen Zeit aufstehen, gehen sie mittlerweile immer später, nämlich erst gegen ein Uhr, ins Bett. Deshalb sind Bilder von schlafenden Japanern in den U-Bahnen oder auch an Flughäfen keine Seltenheit.

Diese Power-Naps sind allerdings keine Alternative zum Nachtschlaf, sondern führen lediglich dazu, dass wir die Geschwindigkeit aus unserem Alltag nehmen. Gesund ist und bleibt aber nur der Nachtschlaf.

Denn erst nach mehreren Stunden stellt sich die regenerative Wirkung des Schlafes ein, die auch das Gehirn braucht, um am nächsten Tag leistungsfähig zu sein.

So tickt Ihre innere Uhr
06.00 bis 08.00 Uhr: In die Gänge kommenSobald der Morgen dämmert, Licht in unsere Augen dringt, wird die Produktion des Gute-Nacht-Hormons Melatonin gedrosselt. Herzschlag, Blutdruck und Adrenalinspiegel steigen an. Und katapultieren den Morgentyp aus den Federn. In dieser Zeit ist das Risiko höher, einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden, weil das Blut noch dickflüssig ist und die Gefäße eng sind.Quelle: Lothar Seiwert, Zeit ist Leben, Leben ist Zeit Quelle: Fotolia
Kein-Stress Quelle: Fotolia
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Pause Quelle: Fotolia
Das-zweite-Tageshoch Quelle: Fotolia
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Woher kommt nun aber die sich steigernde Müdigkeit? Es ist nicht nur die geringere Anzahl der Stunden, die wir schlafen, sondern vor allem auch die Störungen, etwa durch unregelmäßige Arbeitszeiten, unbehandelte Erkrankungen wie Depressionen oder auch technische Geräte. Denn gerade LED-Bildschirme machen uns wieder wach, wird durch das Licht doch die Melatoninproduktion unterdrückt.

Das Hormon gibt unsere innere Uhr vor – und die kann nur kaum bis gar nicht beeinflusst werden. „Der Rhythmus lässt sich maximal zwei Stunden verschieben“, sagt Autorin Stephanie Grimm. In ihrem Buch „Schlaft doch, wie ihr wollt“ ist sie der Frage nachgegangen, warum Schlaf in der Gesellschaft nur immer dann eine Rolle spielt, wenn es ein Problem gibt.

So schlafen Sie besser ein und stehen morgens entspannter auf

Sie plädiert dafür, dass Schlaf nicht länger als Zeitverschwendung gesehen wird. „Wir brauchen eine kulturelle Umcodierung des Schlafes – von uncool zu cool“, sagt sie. Sie fordert eine gesundheitspolitische Kampagne, die zeigt, wie gut uns Schlaf eigentlich tut.

Das unterstützt auch Schlafforscher Pollmächer: „Was man sicher noch ein wenig mehr unter das Volk bringen muss ist, dass Schlaf absolut notwendig ist, und zwar in einer individuellen weitgehend genetisch bestimmten Dauer, nicht nur um Wach und seelisch gesund zu sein, sondern auch um die Funktionsfähigkeit von Stoffwechsel und Immunsystem zu gewährleisten.“

„Es gab und gibt allerdings Zeitgenossen, die in Unkenntnis der absoluten physiologischen Notwendigkeit des Schlafes, Schlaf für vergeudete Zeit halten“, gibt Pollmächer zu bedenken – und verweist damit unter anderem auf Regisseur Rainer Werner Fassbinder, der sagte: „Schlafen kann ich, wenn ich tot bin.“

In den 1980er Jahren hat man versucht, Menschen darauf zu trainieren, weniger zu schlafen und mit nur fünf Stunden auszukommen. „Das geht zwar eine ziemliche Weile formal ganz gut, aber es kommt eben zu Konzentrations- und Leistungseinbußen, wenn Menschen dauerhaft nicht die für sie individuell notwendige Zeit schlafen“, sagt er.

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