Brauchen Sie acht Stunden Schlaf oder reichen vielleicht auch nur vier Stunden? Wie viel Schlaf wir benötigen, ist genetisch festgelegt. In der Regel brauchen wir aber zwischen sechs und acht Stunden Schlaf, wie Forscher herausgefunden haben. Das ist gesund für den Körper, vor allem aber für das Gehirn, das die Ruhezeiten braucht, um sich zu regenerieren. Besonders Menschen in Führungspositionen fallen oft dem Irrglauben zum Opfer, sie könnten mit weniger Schlaf viel mehr leisten.
So schläft etwa Ex-Bahn-Chef Rüdiger Grube nachts selten länger als vier Stunden. Andere Manager wie etwa Apple-Chef Tim Cook oder GM-Chefin Mary Barra stehen gegen vier Uhr auf, um Sport zu machen, Nachrichten zu lesen, sich auf den Tag vorzubereiten.
Der Heidelberger Biologe Christoph Randler glaubt sogar, dass insbesondere Frühaufsteher Karriere machen, sind sie doch aktiver, haben ein höheres Leistungsvermögen, sind verantwortungsbewusster. Und das alles zulasten des Schlafes: Vier Stunden – oder sogar weniger - sollten genügen. Doch diese Annahme ist fatal, vor allem auf lange Sicht.
„Chronisch schlafdeprivierte Menschen fühlen sich nicht unbedingt müde“, sagt Jan Born, Neurowissenschaftler und Schlafforscher an der Uni Tübingen. Dass ihre Reserven nie richtig gefüllt sind, merken sie irgendwann nicht mehr, weil ihr System sich an die Übermüdung gewöhnt hat.
Eine Unausgeschlafenheit, vor allem wenn sie langfristig ist, resultiert im Verlust der Konzentrationsfähigkeit. Gerade bei komplexen Denkaufgaben setzt das Gehirn aus und begibt sich automatisch in eine Art Schlafzustand - auch wenn man wach ist. Konkret heißt das: Wer regelmäßig zu wenig schläft, hat eine um 50 Prozent nachlassende Gedächtnisleistung, die Entscheidungsfähigkeit sinkt sogar um 50 Prozent. Zudem haben Verhaltenstests und Untersuchungen des Gehirns gezeigt, dass ein Schlafentzug auch zu einer erhöhten Risikobereitschaft führt.
Revolution der Ausgeschlafenen
Arianna Huffington, Gründerin und ehemalige Herausgeberin der „Huffington Post“, hat das Problem mit dem geringen Schlaf erkannt und rief 2016 die Schlaf-Revolution aus. In einem Ratgeber zum Thema sagt sie, dass die Schlafdeprivation eine Krise in der Geschäftswelt ausgelöst hat.
Huffington spricht aus eigener Erfahrung. In „Die Schlaf-Revolution: So ändern Sie Nacht für Nacht Ihr Leben“ erzählt die Geschäftsfrau, wie sie zwei Jahre nach Gründung ihrer Webseite zusammenbrach, weil sie sich nicht genug Erholung gestattete. Der dabei zu Bruch gegangene Wangenknochen verhalf ihr zur Erkenntnis: Dass ein Burnout mit dem beruflichen Erfolg einhergehen muss, ist eine gefährliche Haltung.
Wann schläft man zu wenig?
Nach dem Kollaps kam nicht nur die Veränderung der eigenen Lebensweise, sondern auch der Aktivismus für mehr Ruhe in der Geschäftswelt. Heute bezeichnet sie sich selbst als Schlaf-Predigerin und gründete kürzlich ein Unternehmen, das sich nur um die Work-Life-Balance dreht und Produkte anbietet, die beim Abschalten helfen sollen.
In ihrem Buch beschreibt Huffington den Schlafentzug als neues Rauchen und argumentiert, dass Depressionen, innere Unruhe und sogar Immunschwäche dadurch begünstigt würden. Und nicht nur die Gesundheit von Menschen leidet, auch die Wirtschaft trägt einen erheblichen Schaden durch unausgeschlafene Manager und Mitarbeiter davon.
Laut den Analysten des Recherche-Unternehmens RAND sind das in Deutschland 60 Milliarden Dollar Schaden, den unausgeruhte Kollegen oder Chefs verursachen. Noch mehr sind es mit 138 Milliarden Dollar in Japan und stolze 411 Milliarden Dollar Verlust entstehen laut der Schlaf-Studie der US-amerikanischen Wirtschaft.
So schlafen Sie besser ein und stehen morgens entspannter auf
Auch wenn es schwer fallen mag: Wer sich vor dem Schlafen gehen an der frischen Luft bewegt, bekommt den Kopf frei und schläft besser ein und durch. Dafür reicht schon ein Spaziergang an der frischen Luft - es muss ja nicht gleich das Power-Workout-Programm sein.
Guter Schlaf hat viel mit Abschalten zu tun. Also schalten Sie Diensthandy und E-Mails aus, sobald Sie nach Hause kommen und kümmern Sei sich um Ihre Lieben und sich - und nicht um den cholerischen Chef.
Apropos Ihre Lieben: Nachdem Sie die letzten acht bis zehn Stunden mit Kollegen und Chefs verbracht haben, die Sie sich nur indirekt aussuchen können, verbringen Sie abends Zeit mit Familie, Kindern, Freunden oder Ihrem Goldfisch. Hauptsache, es ist etwas Lebendiges, das Sie mögen. Das entspannt enorm und sorgt für einen anderen Blick auf den Tag. Zumindest, wenn Sie sich mit Menschen beschäftigen.
Manchen Menschen hilft es, vor dem Schlafen gehen zehn Minuten zu meditieren. Sollte Ihnen der Spiritismus abgehen, lassen Sie einfach den Tag noch einmal an Ihrem inneren Auge vorbei ziehen - und zwar nur die guten Dinge. Konzentrieren Sie sich auf das, was gut gelaufen ist.
Bevor Sie sich ins Bett legen, tragen Sie kurz - schriftlich oder in Gedanken - zusammen, was Sie am nächsten Tag erwartet: Der Hund muss zum Tierarzt, Sie wollten Milch kaufen, den Müll runter tragen, die Präsentation fertig stellen und abends mit den Kollegen Fußball spielen. So klären sie Ihre Gedanken und schlafen besser ein.
Statt zum Einschlafen Fern zu schauen oder sich auf dem Smartphone Youtube-Videos anzusehen, lesen Sie lieber ein Buch. Das ist gut für die grauen Zellen und müde macht es auch.
Schlafexperte Jan Born rät zur eigenen Bestandsanalyse: Menschen, die regelmäßig vier Stunden oder weniger schlafen, sollten zwei Wochen am Stück natürlich, also ohne Wecker, aufwachen. Wenn sie dann viel länger ausschlafen als üblich, waren sie davor die gesamte Zeit schlafdepriviert. Einen wirklichen Richtwert gibt es nicht, denn Menschen haben einen individuellen Bedarf, wenn es um die Schlafmenge geht.
Doch laut Born genügen eigentlich niemandem vier Stunden Schlaf, geschweige denn weniger. Und auch das Ausschlafen am Wochenende bringt keinen richtigen Ausgleich, wenn man sonst regelmäßig zu wenig Nachtruhe bekommt: „Der Mensch ist nicht in der Lage, auf Vorrat zu schlafen.“
Auch Power-Naps sind keine wirkliche Alternative, weil sie lediglich dazu führen, dass wir zwar das Tempo aus dem Alltag nehmen, die Schlafaktivität, die für uns erholsam ist, in der kurzen Zeit aber nicht einsetzen kann. Auch um Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes vorzubeugen, ist es der mehrphasige Nachtschlaf aber wichtig.
Obwohl die regenerative Wirkung noch nicht voll erreicht wurde, beenden die meisten Menschen ihre Nachtruhe vorzeitig. Am Tage hinken sie deshalb ihrem Leistungspotenzial hinterher. „Sie würden ja auch nicht das Programm der Waschmaschine vorzeitig beenden, denn das bedeutet, dass Ihre Wäsche noch schmutzig ist“, sagt der Schlafforscher.
Wer also den sicheren Weg in einen Burnout umgehen und der Wirtschaft nicht zur Last fallen möchte, sollte sich schnellstmöglich das Ausschlafen angewöhnen – und so gleich Teil einer zukunftsträchtigen Schlaf-Revolution werden.
Wie viele Stunden verschiedene Personengruppen im Durchschnitt schlafen
Insgesamt schläft der Mensch unter der Woche durchschnittlich 7,01 Stunden und am Wochenende 7,88 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Männer schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,00 Stunden und am Wochenende 7,93 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Frauen schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,01 Stunden und am Wochenende 7,83 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Verheiratete schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,01 Stunden und am Wochenende 7,75 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Singeles schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,06 Stunden und am Wochenende 8,49 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Geschiedene schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,85 Stunden und am Wochenende 7,69 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Getrennt lebende schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,76 Stunden und am Wochenende 7,61 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Verwitwete schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,02 Stunden und am Wochenende 7,27 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Beschäftigte schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,88 Stunden und am Wochenende 8,08 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Selbstständige schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,94 Stunden und am Wochenende 7,83 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen in Rente schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,20 Stunden und am Wochenende 7,37 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Erwerbslose schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,04 Stunden und am Wochenende 7,65 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Beamte schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,80 Stunden und am Wochenende 8,03 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Auszubildende schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,07 Stunden und am Wochenende 8,96 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit einer sehr guten Gesundheit schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,20 Stunden und am Wochenende 8,38 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit guter Gesundheit schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,09 Stunden und am Wochenende 8,11 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit befriedigender Gesundheit schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,99 Stunden und am Wochenende 7,78 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit schlechter Gesundheit schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,75 Stunden und am Wochenende 7,33 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit einem hohen Bildungsniveau schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,01 Stunden und am Wochenende 7,88 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit einem mittleren Bildungsniveau schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,00 Stunden und am Wochenende 7,85 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit einem niedrigen Bildungsniveau schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,00 Stunden und am Wochenende 7,78 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Kinderlose schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,05 Stunden und am Wochenende 7,84 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit einem Kind schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,92 Stunden und am Wochenende 8,06 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit zwei Kindern schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,87 Stunden und am Wochenende 7,93 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen mit drei und mehr Kindern schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,85 Stunden und am Wochenende 7,87 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen im Alter von 15 bis 20 Jahren schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,26 Stunden und am Wochenende 9,20 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen im Alter von 21 bis 30 Jahren schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,10 Stunden und am Wochenende 8,56 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen im Alter von 31 bis 40 Jahren schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,92 Stunden und am Wochenende 8,01 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen im Alter von 41 bis 50 Jahren schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,83 Stunden und am Wochenende 7,93 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen im Alter von 51 bis 60 Jahren schlafen unter der Woche durchschnittlich 6,84 Stunden und am Wochenende 7,72 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP
Personen über 60 Jahre schlafen unter der Woche durchschnittlich 7,10 Stunden und am Wochenende 7,61 Stunden.
Quelle: DIW, SOEP