Ausgebrannt im Job Vier Fragen und Antworten zum Thema Burnout

Erfolg und Stress können zusammengehören. Wer für eine Sache brennt, sollte aber aufpassen, nicht auszubrennen. Wo die Grenze der Belastbarkeit liegen und welche Rolle Vorgesetzte bei der Burnout-Prävention spielen.

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Diagnose Burnout: Wenn alles zu viel wird. (Foto: fotolia)

Zunächst die gute Nachricht: 70 Prozent der Deutschen haben Spaß im Job und gehen gern zur Arbeit. Gleichzeitig nennen 64 Prozent der Deutschen "zu viel Arbeit" als ihren Stressfaktor Nummer eins. Das belegt der aktuelle Stressbericht der Techniker Krankenkasse. Jeder Dritte fühlt sich sogar ausgebrannt.

Wie oft kommt Burnout in Deutschland vor?

Laut dem Münchener Institut für lösungsorientiertes Denken (MILD) sind nach Schätzungen von Experten 13 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland derzeit sogar von einem Burnout betroffen. Tendenz steigend, wie ein Bericht der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zeigt. Demnach ist die Zahl derer, die wegen psychischer Probleme in Frührente gingen, in den letzten 17 Jahren dramatisch gestiegen. Im Jahr 2000 mussten 50.000 Menschen wegen psychischer Probleme in Frührente, heute sind es mehr als 75.000.

Selbsttest: Wie erschöpft sind Sie?

Welche Folgen hat ein Burnout für Unternehmen?

Ein Burnout ist nicht nur für den Betroffenen, sondern auch für den Arbeitgeber schlimm. Laut Stressbericht der Techniker Krankenkasse war 2015 statistisch gesehen jeder Beschäftigte  aufgrund einer psychischen Diagnose 2,5 Tage krankgeschrieben. Bei einem Unternehmen mit 500 Beschäftigten kommen allein durch die angenommenen 2,5 Tage Krankschreibung Kosten von fast 1,5 Millionen Euro zusammen.

Die durch die eingeschränkte Arbeitsfähigkeit kranker Mitarbeiter, die trotzdem zur Arbeit gehen, sind schwer zu erfassen, aber vermutlich noch höher. Denn wer krank oder erschöpft zur Arbeit geht, liefert schlechtere Arbeit ab, macht mehr Fehler und es dauert länger, bis er wieder gesund ist. Außerdem haben kranke Kollegen ein höheres Unfallrisiko. Auch ein chronischer Burnout ist durchaus drin, wenn man Warmsignale seines Körpers nicht ernst nimmt.

Wie gehen Sie mit Stress und Ärger um?
Den Stress erkennenDenken Sie darüber nach, welche Faktoren Stress auslösen und bringen Sie diese in eine Rangfolge. Nicht alle Gründe wiegen gleich schwer. Stressauslöser, die bisher als unumgänglich gelten, könnten zu körperlicher und seelischer Beeinträchtigung führen. Quelle: Fotolia
Intuition nicht verkümmern lassenIn kritischen Situationen spontan regieren zu können, ist nicht nur auf der Straße wichtig. Auch im Büro sollte die Bedeutung des Bauchgefühls nicht unterschätzt werden. Wer in Situationen mit Kollegen und Kunden zu kopflastig reagiert, kann sie in Sekunden vergraulen. Laut Conen ist Intuition lernbar – und kann wieder erweckt werden, falls man dazu bereit ist. Quelle: Fotolia
Aufbrechen oder Ausharren?Jede Veränderung schenkt ein Stück neues Leben. Dennoch ist nicht jeder Unmut Grund genug, alles über den Haufen zu werfen. Veränderung ist kein Allheilmittel. Tiefen durchzustehen ist das eine, chronischer Frust das andere. Quelle: Fotolia
Die Gesundheit leidetViele vermeiden es über Jahre, sich Erschöpfung einzugestehen. Ein Burnout kann ein schleichender Prozess sein. Jahrelanger Medikamenten, Alkoholmissbrauch, Autoimmunerkrankungen oder psychische Auffälligkeiten weisen auf Erschöpfung hin. Quelle: imago images
Das Bauchgefühl verbessernLernen Sie ihre Sinne wieder einzusetzen. Riechen und fühlen Sie die Natur oder konzentrieren Sie sich auf die verschiedenen Bestandteile ihres Essens. Verlangsamen Sie eine Aktivität wenn es möglich ist und genießen Sie den Augenblick. Versuchen Sie die Umgebung abzuscannen und sich einzuprägen. Quelle: Fotolia
Das Chamäleon-PrinzipDas Chamäleon sollte das Tier dieses Jahrhunderts werden. Es zeigt alle Fähigkeit, die heute notwendig sind. Vor allem kann es sich auf veränderte Bedingungen einstellen. Es geht nicht darum, seine Authentizität zu verlieren. Es geht darum, sich nicht mehr zu wünschen, dass alles wieder so wird, wie es mal war. Das macht unglücklich. Wagen Sie in der Jobkrise den Sprung in eine zweite Karriere. Quelle: dpa
Neue Energie gewinnenHinterfragen Sie, wo Sie wie viel Energie investieren und ob es sich lohnt. Hinterfragen Sie Ihre innere Motivation und konzipieren Sie um. Schaffen Sie es Ihr Energielevel unter Kontrolle zu halten, bleibt mehr für die Freizeit über. Quelle: Fotolia

Strategy& hat übrigens im Jahr 2011 einmal ausgerechnet, wie viel die Abwesenheit eines Mitarbeiters den Arbeitgeber kostet.

  • Der so genannte „Absentismus“, also die Tage an denen der Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit gar nicht erscheint, kosten das Unternehmen pro Kopf und Jahr 1.199 Euro.

  • Der „Präsentismus“, wenn der Arbeitsnehmer zwar ins Büro kommt, wegen Krankheit, Überlastung oder Stress aber nur die Hälfte leistet, ist mit 2.399 Euro noch ein bisschen teurer.

Was Sie als Arbeitgeber tun können, wenn Ihre Mitarbeiter erschöpft sind

Dass Arbeitgeber für den Schutz ihrer Angestellten sorgen müssen, ist in den gesetzlichen Regelungen für Arbeitsschutz festgehalten. Unter Art. 5 (3) werden auch psychische Belastungen bei der Arbeit als Gefährdung aufgezählt. Arbeitgeber haben hier die Möglichkeit, mit den Krankenkassen zusammen zu arbeiten: Unternehmer können dort nachfragen, aus welchen Gründen ihre Mitarbeiter ausfallen. Die Auskunft erfolgt natürlich anonymisiert.

Fallen besonders viele Arbeitnehmer aufgrund von psychischen Problemen aus, rät Jennifer Hüge, Coach für Stressmanagement und Burnout-Prophylaxe bei MILD, mit einem externen Experten zusammen zu arbeiten. Verschiedene Förderprogramme bieten Unternehmen die Möglichkeit, Mitarbeiter in Führungspositionen zu Coachings anzumelden oder bieten eine Unternehmensprofilaxe an.

Die durch die Experten ermittelten Problempunkte können sehr unterschiedlich sein: Häufig sorgt das Arbeitsumfeld für Stress bei den Mitarbeitern, zum Beispiel im Großraumbüro. Auch Probleme bei der Kommunikation im Unternehmen oder schlecht ausgebildete Führungskräfte führen zu gestressten Mitarbeitern.

Auswertung

In Programmen für Führungskräfte lernen diese unter anderem, wie sie ihren Mitarbeiter Orientierung bieten können. Außerdem werden sie darüber aufgeklärt, wie sie Maßnahmen für Feedback und Wertschätzung in den Arbeitsalltag integrieren können. Eine gute Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist  Grundlage für ein gesundes Arbeitsklima.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin empfiehlt in ihrem Bericht zur psychischen Gesundheit unter anderem, die Arbeit anders zu organisieren. Jennifer Hüge erklärt: „Jede Branche hat verschiedene Bereiche, in denen die Mitarbeiter besonders belastet werden.“ Eine Erzieherin ist zum Beispiel den ganzen Tag einem hohen Geräuschpegel ausgesetzt, Bauarbeiter leisten häufig besonders harte, körperliche Arbeit.“ Lösungen können ein Umverteilung der Aufgaben, das Aufstocken von Personal oder flexiblere Arbeitszeiten sein.

Was sind Warnsignale für Arbeitnehmer?

Viele merken erst relativ spät, dass sie überfordert sind oder in einem Burnout-Verlauf sind. Das ist ein Prozess und geschieht nicht von heute auf morgen“, erklärt Expertin Hüge und verweist auf das Phasenmodell nach Freudenberger, welcher den Weg zum Burnout in zwölf Stadien einteilt. „Kann man nicht mehr abschalten, hat körperliche Beschwerden oder bemerkt sogar eine negative Veränderung im eigenen Verhalten, sollte man zunächst den Hausarzt aufsuchen.“ Dieser könne dann körperliche und organische Ursachen für etwa eine Depression oder anderweitigen psychische Problemen abklären. Eine Schilddrüsenunterfunktion beispielsweise kann eine ähnliche Symptomatik wie eine depressive Verstimmung aufweisen.

Bei psychischen Ursachen sei ein Gespräch mit einem speziell im Bereich Stress und Burnout ausgebildeten Coach oder Psychologischen Psychotherapeuten sinnvoll. Jennifer Hüge rät: „Es ist wichtig, sich extern Hilfe zu suchen. Das kann im Coaching sein, ein Ansprechpartner in der Firma, wie zum Beispiel der Betriebsrat, oder tatsächlich eine Therapie. Den Betriebsrat um Hilfe zu bitten ist besonders sinnvoll, wenn ein Burnout durch zu viel Stress und Leistungsdruck oder schlechte Arbeitsbedingungen entsteht. Häufig sind die Betroffenen nicht allein und es kann gemeinsam eine Lösung gefunden werden.“

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