Beförderung Karriere machen geht auch ohne Ellenbogen

Wer Chef werden möchte, muss nicht die ganze Zeit die Ellenbogen ausfahren. Vielmehr können ein zu großes Ego und der unbedingte Wille zum Erfolg der Karriere eher schaden. Wie es richtig geht.

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Wer Karriere machen will, sollte seine Mitarbeiter schätzen. Quelle: Getty Images

Mark Zuckerberg ist heute einer der reichsten Menschen der Welt. Auf dem Weg dorthin halfen ihm Zielstrebigkeit und der Willens zum Erfolg –aber auch die Bereitschaft, alte Freunde zu vergraulen. So soll der Internetmilliardär die Idee für Facebook von seinen ehemaligen Kommilitonen Cameron und Tyler Winklevoss sowie Divya Narendra geklaut haben. Die drei verklagten ihn schon kurz nach der Gründung des sozialen Netzwerks. Doch davon ließ sich Zuckerberg nicht aufhalten. Jahre später einigte er sich mit ihnen auf einen Vergleich und zahlte mehrere Millionen Dollar.

Wer hoch hinaus will, muss die Ellenbogen ausfahren können. Über Jahre war das eine Art gesellschaftlicher Konsens. Wer nett ist, wird im Zweifel über den Tisch gezogen. Der Glaube, dass Menschen immer auch irgendwie „Arschloch“ sein müssen, um aufzusteigen, hält sich hartnäckig. Dabei dürften die wenigstens Chefs einer abgeschwächten Version von Frank Underwood, dem skrupellosen Politiker des Netflix-Dramas „House of Cards“, entsprechen.
Der amerikanische Bestsellerautor und ehemalige Marketing-Direktor von American Apparel, Ryan Holiday, hält wenig von der Behauptung, dass wer Karriere machen möchte vor allem, egoistisch und auf die Durchsetzung der eigenen Interessen bedacht sein muss. Im Gegenteil hält er diese Annahme für einen der „irreführendsten und destruktivsten Mythen der westlichen Kultur“. Ein großes Ego ist einer seiner Sicht eher hinderlich beim beruflichen Aufstieg. Dafür benennt er in einem Beitrag für das amerikanische Online-Portal „99u“ zwei Gründe.

Die Chef-Checkliste zur sozialen Kompetenz

Erstens verhindere ein stark ausgeprägtes Ego, die Welt um uns herum richtig wahrzunehmen und mit ihr in Kontakt zu treten. Wer sich nur auf sich selbst konzentriert verpasse die Möglichkeit von anderen zu lernen und die eigene Kreativität zu beflügeln. Außerdem führe das Ego zu einem Mangel an Empathie, der es schwierig mache, Mitarbeiter vom eigenen Führungsstil und den Entscheidungen zu überzeugen.

Zusätzlich behindere die starke Fokussierung auf die eigene Person, den Aufbau eines Netzwerks, wie ist es für den beruflichen Erfolg unabdingbar ist. Also das Herstellen und Pflegen der Kontakte zu Kunden, Lieferanten oder anderen Managern. Darüber hinaus führe das überhöhte Ego dazu, dass wichtige und richtige Ratschläge nicht angenommen werden und so Fehlentscheidungen getroffen werden.

Der oder die Falsche für den Job: Fehlbesetzungen in deutschen Unternehmen

Die Zeiten haben sich geändert: Wer auf dem Weg nach oben verbrannte Erde und Feinde hinterlässt, schadet der Karriere auf Dauer. Der Grund dafür ist relativ einfach. Innerhalb einer Branche sind die meisten Menschen gut vernetzt, so dass es sich schnell rumspricht, wenn jemand dauernd mit negativem Sozialverhalten auffällt. Anne Huth, Diplom-Psychologin, Arbeitspsychologin und systemischer Coach aus Neuss, sieht noch weiteres Problem: Für viele Menschen nimmt die Arbeit einen geringeren Stellenwert ein als in den vorherigen Generationen. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der zu einem immer mehr dazu führt, dass sich Menschen ihre Arbeit aussuchen können. „ Wer dann nicht mit seinem Chef zufrieden ist, beschwert sich vielleicht eine Hierarchieebene höher oder verlässt das Unternehmen ganz“, schlussfolgert Huth. „Gerade letzteres verursacht hohe Kosten, da es einige Zeit dauert, bis neue Mitarbeiter genauso produktiv sind, wie ihre Vorgänger.“

Warum ein Chef nicht zu nett sein sollte


Laut Huth schaffen es viele erfolgreiche Menschen, ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Sach- und Personenorientierung zu pflegen. Sie bewegen sich also zwischen zwei Extrempunkten: Sie schauen weder kalt auf die Zahlen, noch lassen sie sich aus lauter Harmoniesucht dazu hinreißen, die Dinge nicht richtig anzugehen und Konflikten aus dem Weg zu gehen. In der Praxis kann die Personenorientierung aber schnell mal zur kurz kommen. „Wir erleben das vor allem bei Menschen, die aufgrund ihrer langen Betriebszugehörigkeit oder fachlicher Qualifikation aufgestiegen sind. Ihnen fehlt es dann oft an Charisma“, so Huth.

Trotz dieser Geißelung des Egos, ist ein gesundes Selbstbewusstsein eine Grundvoraussetzung für Erfolg. Nur wer mit sich selbst im Reinen und von seiner Leistung überzeugt ist, kann die nötige Führungsstärke zeigen, um in der Hierarchie aufzusteigen und letztendlich ein guter Chef zu sein.

Wer es irgendwann in eine Führungsposition geschafft hat, kann bei allen Vorteilen die ein netter Umgang mit den Mitarbeitern verspricht auch ein Problem bekommen. Damit der Chef auch gerade bei kritischen Entscheidungen die nötige Autorität hat, ist eine Sache besonders wichtig: Distanz. „Wenn sie in den Pausen ständig herumscherzen oder abends mit den Kollegen ausgehen und dann dann auf der Arbeit den Chef geben wollen, machen das die Mitarbeiter nicht mit.“

So vernetzen Sie sich richtig
Spielfiguren sind durch bunte Fäden zu einem Netz verbunden Quelle: Fotolia
Eine Frau betreibt über ihren Laptop eine Recherche Quelle: Fotolia
Dartpfeil steckt in einer Dartscheibe Quelle: Fotolia
zwei Aufzüge Quelle: Fotolia
Zwei Personen stehen sich an einem Tisch gegenüber Quelle: Fotolia
Eine Frau hält die Hand ans Ohr Quelle: Fotolia
Zwei Frauen lassen sich rückwärts in die Arme von einem Partner fallen Quelle: Fotolia

Hinzu kommt ein weiteres Problem: Wer mit den Kollegen erst einmal privat verstrickt ist, beginnt Sympathien und Antipathien wahrzunehmen und das in den Arbeitsalltag hineinzutragen. Jemand der einen Mitarbeiter deutlich sympathischer findet, als den anderen, lässt ersterem mehr durchgehen, was dann Verstimmungen in der Belegschaft verursacht. „Solches Verhalten führt zu Doppelrollen, die grundsätzlich immer eine Gefahr darstellen“, erläutert Huth.

Wer es schafft einen netten aber professionellen Umgang mit seinen Kollegen zu pflegen, ist jedoch nicht automatisch dagegen gefeit auch einmal Unmut zu erzeugen. Wenn ein Mitarbeiter dem Chef zu verstehen gibt, dass er unzufrieden ist, sollte dieser herausfinden, woher die schlechte Stimmung kommt. Hat man zum Beispiel gerade eine unangenehme Entscheidung getroffen, die dem Kollegen nicht gefällt, ist seine Reaktion erst einmal menschlich. In diesem Fall rät Huth die Situation so hinzunehmen, anders sieht es jedoch auch, wenn sich ein grundsätzliches Problem auftut. „Dann würde ich das Gespräch suchen und wenn ich einen Fehler gemacht habe, diesen auch offen einräumen.

Kommen von gewissen Mitarbeitern jedoch immer wieder Sticheleien, muss auch der nette Chef irgendwann Konsequenzen ziehen. „Damit ein Vorgesetzter seinen Job machen kann, braucht es beiderseitiges Vertrauen und die Bereitschaft des Mitarbeiters sich führen zu lassen. Ist das nicht gegeben, stellt sich die Frage, ob eine Zusammenarbeit überhaupt noch Sinn macht“, meint Huth.
Nett sein, ist also keine Hindernis auf dem Weg zur Karriere, es ist eine entscheidende Grundvoraussetzung – und heißt nicht, dass der Chef nicht führungsstark sein darf. Wer hingegen auf Intrige, Ego und Skrupellosigkeit setzt, hat irgendwann ein Problem. Denn, so stellt Huth fest, „man sieht sich immer mindestens zweimal im Leben.“

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