Gedächtnistraining So machen Sie Sherlock Konkurrenz

Nicht erst seit der Erfolgsserie Sherlock wird deutlich, zu welchen Höchstleistungen sich Gedächtnis und Wahrnehmung bringen lassen. Mit diesen Tipps schaffen Sie das auch und lassen Ihre Kollegen alt aussehen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
So bringen Sie Ihr Gehirn im Alltag auf Trab
Jemand schreibt mit links Quelle: Fontanis - Fotolia
Tanzpaare Quelle: gms
Schallplattenspieler und Kopfhörer Quelle: All rights reserved © Corepics 2015 - Fotolia
Memory Quelle: dpa
Kreuzworträtsel Quelle: Stockfotos-MG - Fotolia
Studentenfutter Quelle: Simone Voigt - Fotolia
Ein Mann lehnt sich am Schreibtisch zurück Quelle: detailblick - Fotolia

Unser Gedächtnis ist wie eine Festplatte, ein Informationsspeicher. Manche Daten werden gefiltert, andere geordnet und über kurz oder lang gespeichert. Ähnliche wie auf der Festplatte werden die Daten an verschiedenen Stellen geparkt oder zumindest zwischengelagert. Die gute Nachricht: Das Gedächtnis lässt sich trainieren - und nur wer es fordert, hat bessere Chancen, länger geistig fit zu bleiben.

Tipp 1: Gewusst wann

Jeder Mensch lebt nach einer persönlichen „inneren Uhr“, auch Biorhythmus genannt. Demnach sind die meisten vormittags am aufnahmefähigsten und erleben nach einem Mittagstief am späten Nachmittag nochmal ein Leistungshoch. Deshalb sollten Sie versuchen, anspruchsvolle Aufgaben und schwierige Texte in diesen Zeiträumen abzuarbeiten. Sie werden sehen, dass Sie sich in dieser Zeit Dinge besser merken können als an den biorhythmischen Tiefpunkten.

Unsere Lern-Tipps

Tipp 2: Bitte in Brocken

Forscher vom Salk Institute for Biological Studies im amerikanischen San Diego haben herausgefunden, dass das menschliche Gehirn es bezüglich seiner Speicherkapazität mit dem Internet aufnehmen kann. Allerdings können wir uns im Kurzzeitgedächtnis bis zu sieben Informationseinheiten, sogenannte Chunks, gleichzeitig merken, wie der US-amerikanische Psychologe George Miller bereits 1956 herausgefunden hat. Im Kurzzeitgedächtnis sind somit Informationen nur in sieben Schubladen abrufbar. Da macht es Sinn, sich mehrere Dinge gebündelt zu merken und diese in eine Schublade zusammenzustecken. Eine zwölfstellige Telefonnummer lässt sich am Stück nur mühsam einprägen. Teilen Sie sie jedoch in „Brocken“ auf, sind es statt zwölf nur noch vier Informationseinheiten, was Sie sich schon besser merken können.

Was die Kreativität fördert

Tipp 3: Abstrakte Zahlen

Zahlen sind etwas Abstraktes, was das Gehirn dazu verleitet, diese schnell wieder zu vergessen. Wenn Sie jedoch mit den Zahlen konkrete Dinge verbinden, stellen Sie Überleitungen her, die man sich besser einprägen kann. Eine in vier Informationseinheiten zerlegte Telefonnummer wie im Beispiel vorher beschrieben könnte so etwa aus der Vorwahl, einer zweiten Informationseinheit, die Sie etwa an einen Geburtstag oder ein anderes Ereignis erinnern, die dritte Information ist etwa Ihre Hausnummer, die vierte ein geschichtliches Ereignis. Jeder kann dabei seine eigene Strategie haben - wichtig ist nur, eine anzuwenden, mit der das Merken leichter wird.

Tipp 4: Alles, was merkwürdig ist, ist des Merkens würdig

Mit unzusammenhängenden Informationen tut sich unser Gehirn oft schwer, dafür merkt es sich umso besser Dinge, die abstrus und surreal wirken. Verknüpfen Sie das nächste Mal einzelne Informationen zu einer Geschichte oder einem Bild. Hierbei gilt: Je absurder, desto besser. Sie dürfen nicht vergessen, mit dem Hund spazieren zu gehen, den Rasen zu mähen, in einem Buch etwas nachzuschlagen und Ihrer Freundin den Regenschirm zurückzugeben? Stellen Sie sich ein Buch vor, auf dem Gras wächst. Ihr Hund wartet auf dem Rasen auf Sie, während Ihre Freundin mit dem Regenschirm sich von Ihnen abwendet. Ein wirklich merkwürdiges Bild - und Sie werden es mit Sicherheit noch lange erinnern.

Tipp 5: Der Weg ist das Ziel

Von der Loci-Methode haben Sie sicher schon mal gehört. „Loci“ kommt vom lateinischen Wort locus und bedeutet Ort oder Platz. Mit dieser Lerntechnik erschaffen Sie sich einen Ort, wo Sie neue Informationen ablegen und später wieder aufrufen können. Stellen Sie sich einen Weg vor, den Sie täglich mehrmals gehen, etwa den Gang durch das Wohnzimmer, und merken Sie sich Fixpunkte, an die Sie Ihre Informationen anheften können, beispielsweise das Telefon, eine Uhr, den Sessel, Fernseher oder Bücherschrank.

Diese Mythen ranken sich um unser Hirn
Der Mythos: Süßes hilft gegen Stress Quelle: dpa
Der Mythos: Alkohol tötet Gehirnzellen ab Quelle: dpa
Der Mythos: Wir haben 100 Milliarden Gehirnzellen Quelle: dpa
Der Mythos: Wir nutzen nur zehn Prozent unseres Gehirns Quelle: Fotolia
Der Mythos: Wir haben nur fünf Sinne Quelle: Fotolia
Der Mythos: Mozart-Musik steigert die Intelligenz Quelle: dpa/dpaweb
Der Mythos: Es kommt auf die Größe an Quelle: dpa

Wenn sich nun eine Person bei Ihnen vorstellt, können Sie die neuen Informationen direkt an Ihren Fixpunkten ablegen, die sie später beim Memorieren abgehen. Frau Schneider, 44 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, abgeschlossenes BWL-Studium in München können Sie sich zum Beispiel so merken: Die Schneiderschere (Frau Schneider) durchtrennt die Schnur des Telefons, an beiden Zeigern der Standuhr ist jeweils ein vierblättriges Kleeblatt befestigt (44 Jahre alt) und auf dem Sessel liegt ein Ehering (verheiratet).

Sie schalten den Fernseher ein und es läuft der Film „Hanni und Nanni“ (zwei Kinder). Schließich gehen Sie zu Ihrem Bücherschrank, dort steht eine Siegestor-Miniatur (München) auf einem alten BWL-Buch.

Innerliche Spannung

Tipp 6: Der Zeigarnik-Effekt

Die russische Psychologin Bljuma Zeigarnik hat 1927 in einem Experiment gezeigt, dass man sich oft besser an Aufgaben erinnern kann, solange diese noch unabgeschlossen sind. Wenn wir eine Aufgabe erledigen, bauen wir innerlich Spannung auf, die erst nach getaner Arbeit wieder abnimmt. Wenn wir unsere Aufgabe hingegen unterbrechen, hält dieser Spannungszustand solange an, bis wir uns wieder unserer To-Do-Liste widmen und nicht beendete Dinge abschließen.

Es kann also durchaus hilfreich sein, den Lernprozess bewusst zu unterbrechen. So regen Sie Ihr Gehirn an und es wird Ihnen beim Wiederaufnehmen des Stoffs leichter fallen, sich an den Inhalt zu erinnern. Doch aufgepasst: Jede unerledigte Aufgabe bedeutet auch Stress. Sie sollten also offene Aufgaben spätestens am nächsten Tag endgültig abschließen.

Haben Sie sich vorgenommen, 2016 mehr Bewegung in Ihren Alltag zu bringen? Gute Idee. Aber auch das Gehirn freut sich über eine Extra-Trainingseinheit. Was Ihre grauen Zellen brauchen, um fit zu bleiben.

Tipp 7: Anfangsbuchstaben zu neuen Worten formen

AWW steht für Akronyme wirken Wunder. Tatsächlich können Sie sich mithilfe der Anfangsbuchstaben der Worte leicht viele Inhalte auf einmal einprägen. Im Rettungsdienst merkt man sich zum Beispiel mit dem Akronym PECH (Pause, Eis, Compression, Hochlagerung) die Sofortmaßnahmen bei geschlossenen Verletzungen der Gliedmaßen.

Tipp 8: Der Primacy-Recency-Effekt

Der Primacy-Recency-Effekt besagt, dass Sie die erste und letzte aufgenommene Information besser im Gedächtnis abspeichern können als alle anderen Informationen dazwischen. Diesen Effekt können Sie sich zunutze machen, indem Sie besonders wichtige Aufgaben und Meetings an den Anfang oder an das Ende ihres Arbeitstags ansetzen.

Gewichtheben hilft dem Gedächtnis
Gewichte stemmenEine Studie von Forschern am Georgia Institute of Technology hat gezeigt: körperliche Fitness bewegt auch den Geist. Die Untersuchung zeigte, dass ein kurzes Workout von gerade einmal 20 Minuten die Leistung des sogenannten episodischen Gedächtnisses verbessern kann. Dabei handelt es sich um einen Teil des Langzeitgedächtnisses, der speziell für das Erinnern von Ereignisketten im Laufe des Lebens zuständig ist. Untersucht wurden junge, gesunde Erwachsene. Die Forscher zeigten, dass ihr Erinnerungsvermögen um zehn Prozent gesteigert werden konnte, wenn sie Kraftsport machten. Quelle: REUTERS
Grüner Tee Das Gebräu ist nicht nur ein Muss für Entspannungsfanatiker und Meditationsfans, sondern auch Doping für die Hirnleistung - und eine Waffe gegen Alzheimer. Forscher der Universität Basel fanden heraus, dass sich durch grünen Tee die Zusammenarbeit verschiedener Hirnareale steigern lässt. Diese bessere Konnektivität sorgt zumindest kurzfristig für eine bessere Denkleistung. Aber auch langfristig hilft grüner Tee: Laut Wissenschaftlern der Universität von Michigan enthält er den Wirkstoff namens Epigallocatechin-3-gallate. Er kann Eiweißablagerungen verhindern, die bei der Entstehung von Alzheimer eine Rolle spielen. Quelle: dpa
YogaWer regelmäßig Yoga macht oder meditiert, kann seine Denkkraft auch im Alter länger hochhalten. Zu diesem Ergebnis kamen Psychologen der Havard Medical School, die Yoga-Übende, Meditierende und Nicht-Praktizierende in einer Studie miteinander verglichen. Dabei wurde die Gehirnaktivität der Probanden mit einem Magnetresonanztomographen gemessen, außerdem wurden Denkgeschwindigkeit und Auffassungsgabe geprüft. Den Gehirnleistungsvorsprung der Yoga-Übenden erklären die Psychologen mit drei Gründen: Erstens haben die Yoga-Praktizierenden stärker verknüpfte neuronale Netze, zweitens sind ihre Schaltkreise widerstandfähiger gegenüber Verletzungen und drittens gehen sie achtsamer mit ihren Aufgaben um. Quelle: dpa
SchlafenGute Nachrichten: Es geht auch bequemer. US-Wissenschaftler der Rochester Universität haben kürzlich anhand von Tierversuchen erneut belegt, dass einfaches Schlafen die Hirnaktivität fördert. Grund dafür ist nicht nur die Erlebnisverarbeitung, sondern auch eine Art „Recyclingfunktion“ des Gehirns. Dieses entsorgt im Schlaf den schädlichen, zellulären Müll des Tages. Kann das Gehirn seine Abfallentsorgung nicht durchführen, beispielsweise aufgrund von Schlafmangel, drohen Erkrankungen wie Alzheimer. Die Empfehlung der Forscher: Sieben bis neun Stunden Schlaf jede Nacht. Quelle: obs
Soziale KontakteQuatschen, Plaudern, Reden. Soziale Kontakte wirken wahre Wunder. Im Gehirn übernimmt die soziale Interaktion eine ähnliche Funktion wie Gehirnjogging – nur, dass nicht bestimmte Hirnregionen gezielt stimuliert werden, sondern verschiedene Bereiche. Amerikanische Neurologen von der Rush Universität haben über einen längeren Zeitraum Hunderte von Senioren begleitet und den Zusammenhang von Einsamkeit und Alzheimergefahr beobachtet. Das Ergebnis: Je einsamer sich die Probanden fühlten, desto größer wurde das Alzheimer-Risiko. Freunde, Familie oder ein Plausch mit den Nachbarn fördern das Wohlbefinden und festigen die Denkleistung. Quelle: dpa
SportEigentlich ist es kein Geheimnis: Ein gesunder Geist ruht in einem gesunden Körper. Trotzdem vernachlässigen viele Menschen ihre physische Fitness – und beeinträchtigen damit ihre Gehirnkapazität. Zahllose Studien belegen, dass Sport die Durchblutung des Gehirns und das Wachstum von Kapillaren und Nerven fördert. Wichtig: Wer keinen Six-Pack oder Traummaße hat, ist noch lange nicht benachteiligt. Wie Forscher der Universität Nebraska ermittelten, kommt es vor allem auf die aerobe Fitness an - also die Fähigkeit des Körpers, Sauerstoff aufzunehmen und zur Energieumwandlung zu gebrauchen. Beruhigend: Diese Fähigkeit lässt sich trainieren - durch Sport. Quelle: dpa
ErnährungDie richtige Ernährung ist wichtig für Körper und Geist. Das Gehirn macht zwar nur rund 2 Prozent des gesamten Körpergewichts aus, verbraucht allerdings – je nach Arbeitsbelastung – um die 20 Prozent der Energiereserven. Klar, dass dadurch auch die richtige Ernährung für die Denkaktivität eine große Rolle spielt. In einer Studie mit über 3600 Teilnehmern haben finnische Wissenschaftler die Bedeutung von Omega-3 Fettsäuren nachgewiesen - einer Fettsäure, die vor allem in Fisch vorkommt. Die Forscher vermuten: Ein regelmäßiger Verzehr von Fisch senkt bei älteren Menschen die Gefahr von unbemerkten Hirnschäden, Gedächtnisverlust oder Schlaganfällen um ein Viertel. Aber auch andere Lebensmittel können helfen: Verschiedene Vitamine und geringe Mengen Alkohol wirken belebend und vitalisierend auf Gehirnleistung und Laune. Quelle: dpa

Tipp 9: Gesichter und Namen einprägen

Passiert es Ihnen, dass sich jemand bei Ihnen vorstellt und Sie fünf Minuten später den Namen schon wieder vergessen haben? Damit dies in Zukunft nicht mehr vorkommt, suchen Sie zunächst ein Detail im Gesicht Ihres Gesprächspartners, das Sie sich einprägen. Dieses Detail verbinden Sie nun mit dem Namen. Möchten Sie sich zum Beispiel den Namen Heidi Klum in Verbindung mit dem dazugehörigen Gesicht merken, können Sie sich auf die Haare der Frau fokussieren.

Tipp 10: Die Einstellung ist entscheidend

Der amerikanische Unternehmer Henry Ford hat mal gesagt: „Ob du denkst, du kannst es oder du kannst es nicht – in beiden Fällen hast du recht.“ Glauben Sie daran, dass Sie sich mehr merken können, als Sie es sich bisher womöglich zugetraut haben. Wenden Sie die in dieser Bildergalerie gezeigten Tipps an. Zum Beispiel können Sie anstatt eines Einkaufszettels es mal mit der Loci-Methode probieren.  So halten Sie ihr Gedächtnis auf Dauer fit und spornen es zu Höchstleistungen an.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%