Auf dem Höhepunkt des Erfolgs wird das körpereigene Belohnungssystem sichtbar: Rocky Balboa im gleichnamigen Film rennt die Treppenstufen hoch, reißt die Faust in die Luft, schreit, und die Kamera schwenkt auf den strahlenden Sieger von hinten mit Blick auf die Skyline von Philadelphia. So oder ähnlich sehen fast alle Siegerfotos aus - Menschen im höchsten Glückstaumel; rauschhaft durchflutet.
Wie aber kommt es zu solchen Momenten? Haben wir die Idee, etwas Spezifisches zu tun, wollen ein Exposé schreiben, eine Präsentation halten, den New York Marathon laufen, rudern, schwimmen oder tauchen, wägen wir bewusst oder unbewusst ab:
• Ist eine erfolgreiche Bewältigung möglich? Kann ich das schaffen, bzw. kann unsere Arbeitsgruppe das leisten? Hier geht es demnach um hohe oder niedrige Selbstwirksamkeitserwartungen.
• Bringt die antizipierte Zielerreichung Belohnung? Bekomme ich/bekommen wir bei Erfolg Wertschätzung, finanzielle/materielle Belohnung, vertiefte Netzwerke oder Ähnliches, die in angemessenem Verhältnis zum Energieeinsatz liegen?
Verspricht die Sache erfolgreich zu werden und Belohnung zu bringen, entscheiden wir uns tendenziell eher dafür ("Ich halte eine super Präsentation und dann bekomme ich bestimmt auch das Projekt!"). Und nun beginnt das Gehirn, den erregenden Neurotransmitter Dopamin auszuschütten, der ein tiefes Verlangen nach der erfolgreichen Bewältigung weckt. Die Sehnsucht wird stärker. Dopamin ist demnach der Neurotransmitter des antizipierten Erfolgs - er ist das Motivationshormon schlechthin und macht uns auf dem Weg zur Zielerreichung glücklich, indem das mesolimbische System aktiviert wird - das Belohnungszentrum des Gehirns. Nun nähern wir uns langsam der Zielerreichung und Dopamin wird weiter nachgepumpt - wir arbeiten wie im Rausch.
Motivation und Endorphine
Richtig rauschhaft wird es jedoch erst, wenn wir die Sache tatsächlich erfolgreich abschließen: Das Dopamin hat seine Aufgabe erfüllt und andere Neurotransmitter fluten das Gehirn: nämlich Endorphine - die wahren Glückshormone (Yeah!). Das Wort "Endorphin" wurde aus den Worten "endogenes Morphin" zusammengesetzt, also ein vom Körper selbst produziertes Morphium - Bestandteil des Opiums. Endorphine setzen somit körpereigene Opiate (Opioide) frei. Opium. Und diesen rauschhaften Zustand wollen wir möglichst lange halten.
Nur leider bauen sich die Endorphine recht zügig wieder ab, so dass der Glückszustand wieder auf sein Durchschnittslevel sinkt - bis wir eine neue Handlungsidee haben, die uns Belohnung verspricht und aktiviert. Es ist demnach ein permanenter Kreislauf zwischen niedriger und hoher Energetisierung bis hin zum Glücksklimax - sozusagen.
Wie wir uns motivieren
Allerdings scheint es Denk- und Handlungsstrukturen zu geben, die diesen energetisierenden Kreislauf empfindlich stören - Energie also blockieren: Zentral sind hier
• geringe Selbstwirksamkeitserwartungen ("Das kann ich nicht!"), denn sie stören die Bewältigungshoffnung
• geringe Belohnungserwartungen ("Das bringt doch nichts!") sowie
• Prozessabbrüche ("Hat zu lange gedauert/hat nicht funktioniert!", "Keine Zeit!" usw.).
Die ersten beiden Denkstrukturen untergraben die Dopaminausschüttung und damit die Motivation tatsächlich anzufangen und dranzubleiben. Wer Selbstwirksamkeitsprobleme hat, sollte immer wieder für, wenn auch zunächst kleinere, Erfolgserlebnisse sorgen, denn nichts motiviert stärker, als vorgängige Erfolge. Der Prozessabbruch hingegen verhindert die Endorphinausschüttung und damit die körpereigene Belohnung für die Arbeitsleistung.
Um tatsächlich motiviert zu werden, zu bleiben und mit der Leistung glücklich zu sein braucht es demnach eine Emotionsarbeit, die sich primär auf die erfolgreiche Bewältigung einstellt, die anvisierten Belohnungen klar im Augen hält und die begonnenen Prozesse tatsächlich erfolgreich abschließt. Kein Mensch brüllt vor Freude bei Fehlzündungen. Es geht also um: erwarten - anfangen - dranbleiben - abschließen. Wir tragen unser körpereigenes Belohnungssystem immer bei uns - wir sind, wie wir es nutzen.