Die Herausforderungen sucht Winkler auch privat. Früher fuhr die 57-Jährige täglich bis zu 250 Kilometer mit dem Rennrad. Seit einem schweren Unfall geht sie werktags joggen, hält sich am Wochenende mit Radfahren oder Wandern fit. „Sport verschafft mir Zeit und Raum für Reflektion, Nachdenken und neue Impulse", erklärt Winkler WirtschaftsWoche Online.
Im Job ist das Sportinteresse der gebürtigen Wiesbadenerin deutlich spürbar. Berühmt-berüchtigt sind ihre Mails vor acht Uhr. Dann ist die 57-Jährige nämlich beim Joggen. Die Bewegung in der Natur, erklärt sie selbst, gebe ihr den nötigen Abstand zum operativen Geschäft und mache sie offen für „Geistesblitze“ - die sie dann direkt weiterleitet.
Manchmal helfe ihr das Schwitzen aber auch einfach nur, um zu sich selbst zu finden. „Es kommt sehr oft vor, dass ich dann spontan genommene Weichenstellungen korrigiere oder mich eben auch mal für ein Verhalten entschuldige, das nicht meinen Vorstellungen von einem positiven Miteinander, Wertschätzung und Vorbildgeben entsprochen hat“, so Winkler. „Sport ist für mich insoweit auch ein ‚kontinuierlicher Verbesserungsprozess’ in Sachen Führung.“ Dafür stünde sie auch gern früh auf.
Tipps für den Anfang
Damit gesundheitsförderliche Effekte erzielt werden können, empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) an mindestens 3-5 Tagen pro Woche aktiv zu sein. Dabei sollten Sie entweder auf mindestens 150 Minuten moderater Aktivität kommen, wie leichtes oder regeneratives Joggen oder mindestens 75 Minuten intensiver Belastung, wie anstrengende Ausdauereinheiten, bei denen Sie richtig ins Schwitzen kommen.
Wenn Sie oft und regelmäßig laufen sind gute Laufschuhe Pflicht! Sie geben dem Fuß die nötige Stabilität und beugen Verletzungen vor. Eine persönliche Beratung im Fachgeschäft ist empfehlenswert, da so ihr Schuh individuell auf ihre Bedürfnisse abgestimmt werden kann. Nach spätestens 800 gelaufenen Kilometern sollte ein neues Paar gekauft werden.
Ignorieren Sie vor allem als Anfänger die Angaben zur Herzfrequenz oder sonstigen Parametern und konzentrieren Sie sich stattdessen auf Ihr Körpergefühl und darauf was Ihnen gut tut. Viele Parameter verunsichern zunächst eher als das Sie helfen. Versuchen Sie einen Rhythmus von vier Schritten einatmen und vier Schritten ausatmen oder halten Sie sich an das Erfolgs Motto „Laufen ohne zu schnaufen“. Auch für geübte Läufer sind Pulsmesser nicht zwangsläufig notwendig.
Wichtig ist, ausreichend Pausentage zwischen den verschiedenen Trainingstagen einzubauen, um den Körper die nötige Ruhe zu geben, die er braucht, um richtig zu regenerieren und leistungsfähiger zu werden. So können Verletzungen und Erkrankungen vorgebeugt werden. Leichte Dehnübungen oder Faszientraining mit der Foamrolle können an den Pausentagen die Regeneration unterstützen.
Eine richtige oder die beste Lauftechnik gibt es nicht! Am besten ist die Lauftechnik mit der man am ökonomischsten von A nach B kommt. Das bedeutet, dass der Körper ressourcenschonend, möglichst schnell und mit möglichst geringer Belastung arbeitet. Als Anfänger ist man Grobmotoriker und setzt durch Begleit- und Ausgleichsbewegungen mehr Muskeln ein als man eigentlich benötigt. Durch bessere Fitness und Erfahrung wird man nach und nach zum Feinmotoriker. Dieser Prozess läuft ganz individuell ab. Machen Sie sich darüber nicht zu viele Gedanken, selbst einige berühmte Läufer waren trotz „schlechten“ Stils Weltklasse.
Täglich mindestens 30 Milliliter Wasser pro Kilogramm Körpergewicht sorgen dafür, dass das Blut flüssig bleibt und die Zellen gut mit Sauerstoff und Nährwerten versorgt werden. Nach dem Laufen benötigt der Körper ein Getränk, das die Regeneration unterstützt. Bei einem Lauf von etwa einer Stunde reicht Wasser jedoch völlig aus, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. In teure Sportdrinks muss man als Freizeitläufer nicht investieren.
Viele Läufer vernachlässigen neben einem gezielten Ausdauertraining das Krafttraining. Doch Kräftigungsübungen sind wichtig, denn ein starkes Muskelkorsett stützt und schützt die Gelenke. Denn es hält Knochen, Bänder und Gelenke an ihrem Platz und kann Fehltritte ausgleichen. Vor allem im Rumpfbereich neigen Läufer zu einer schwach ausgeprägten Muskulatur, die einen unökonomischen Laufstil begünstigt. Zusätzlich beinhaltet Laufen symmetrische Bewegungsabfolgen, die einseitig belasten. Ein Krafttraining stellt einen wichtigen Ausgleich dazu dar.
Winkler ist kein Einzelfall. Für Chefs und Manager in höheren Positionen bedeutet Training zeitgleich den Verzicht auf andere Dinge, meistens Schlaf. Ihre eng getakteten Tage wirken auf Außenstehende wie Käfige aus Stress. Dabei ist gerade das Zeitmanagement der Schlüssel zu Erfolg und Zufriedenheit.
„Disziplin bedeutet Freiheit“, erklärt Sportpsychologe Christian Zepp. Wer viel Sport treibe, habe ein gutes Zeitmanagement. „Einen Tag komplett durchplanen bedeutet, den Tag optimal zu strukturieren, um sich so Pausen und Freiräume zu schaffen. Und wenn ich mich an meine Struktur halte, kann ich auch nicht ausbrennen.“
Tipps für Fortgeschrittene
Bei der extensiven Dauermethode wählt man ein Tempo, bei dem man sich noch gut mit einem Laufpartner unterhalten könnte. In diesem Tempo sollte man 30-60 Minuten ohne Pause durchlaufen können, ohne an sein Leistungslimit zu stoßen. Nach intensiven Läufen kann ein sehr langsamer extensiver Dauerlauf auch die Regeneration unterstützen. Durch die milde Belastung werden Stoffwechselendprodukte, wie z.B. Laktat, durch die Ankurbelung der Durchblutung abtransportiert.
Der intensive Dauerlauf sollte nicht länger als 30 Minuten dauern. Hierbei wird bei mittlerer bis hoher Intensität ein Tempo durchgelaufen. Diese Methode dient der Steigerung des Ausdauervermögens an der aeroben-anaeroben Schwelle, bei der sich der Körper noch gerade im Gleichgewicht zwischen der Bildung und dem Abbau von Laktat befindet.
Eine weitere Form des Ausdauertrainings sind intensive Intervallläufe. Die Intervalle können in Minuten oder Kilometern festgelegt werden und müssen je nach Leistungsstand und Ziel individuell angepasst werden. Die Belastungsdauer ist wesentlich geringer als bei der extensiven Methode, sie beträgt 20-30 Minuten.
Intervalle können bei mittlerer bis hoher Intensität zwischen 4-8 Minuten dauern, in den Pausen wird bei niedrigster Intensität weitergelaufen. Die Intervalle werden 3-5 mal wiederholt. Wählt man die Intervallmethode nach Kilometern, kann zum Beispiel 6-10 mal eine Strecke von ca. 200-400 Metern zurückgelegt werden mit Pausenintervallen von 1-3 Minuten.
Doch nicht nur mental ist Sport ein Wegbereiter für Erfolg und Zufriedenheit im Job. Sportwissenschaftlern der Universität Basel und Göteborg zufolge schützt körperliche Fitness vor Gesundheitsrisiken durch Berufsstress. Sie fanden heraus: Während gestresste Beschäftigte alarmierende Werte bei Blutdruck, Body-Maß-Index, Cholesterin und weiteren Indikatoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, waren die gleichen Werte bei sportlichen Beschäftigten im Normbereich. Und auch eine Studie am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der TU Dortmund zeigt: Regelmäßiger Sport hilft beim Umgang mit Stress.
11.30 Uhr: Martin Osterloh kommt aus dem Kursraum heraus. Dieses Mal ist es Schweiß, der auf seiner Stirn glänzt. Der HIIT-Kurs „Les Mills Grit“, den er gerade absolviert hat, gilt als der härteste Kurs im Studio. Dreißig Minuten Burpees, Squats und Liegestütze, das schafft selbst den gut trainierten Osterloh. „Ich muss mich erstmal in die Sauna legen und ein wenig runterkommen“, sagt er. Nachher geht es wieder in den Zug nach Osnabrück. Am Bahnhof wartet schon sein Fahrrad.