Erfolgsfaktor Lächeln Warum gute Laune Ihrer Karriere hilft

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Nach der Arbeit auch mal Quelle: dpa

Den sollte man sich nicht leisten, findet auch Sophie Berrest. Die 36-Jährige leitet seit Oktober 2007 die Geschäfte von Lancôme in Deutschland und scheint mit ihrem persönlichen Imperativ wenig Mühe zu haben. Die Französin lächelt oft, scherzt gerne, auch mal albern. Die Türen zu ihrem Büro im vierten Stock der Düsseldorfer Zentrale sind einladend offen. Vor dem Fenster, gleich neben dem Besprechungstisch, steht ein silberner Rollwagen mit Getränken und Süßigkeiten. Wer den Raum mit hängenden Mundwinkeln betritt, bekommt erst einmal „Moodfood“ angeboten. „Klar, hab ich selbst auch mal schlechte Tage“, sagt Berrest, „aber dann rede ich morgens beim Frühstück mit meinem Mann darüber und singe ein französisches Kinderlied, während ich meinen Sohn in den Kindergarten fahre. Danach ist vieles besser.“

Zudem arrangiere sie sich an solchen Tagen ein paar Termine, die ihr Spaß machen oder sucht Gespräche, aus denen sie Kraft schöpfen kann.

Dafür ist die hauseigene Cafeteria gut geeignet. Hier machen die Mitarbeiter regelmäßig Pausen, schalten ab, plaudern und lachen bei Espresso oder Café Latte. „Ein fröhliches, offenes Klima ist mir wichtig“, sagt Rolf Sigmund, Geschäftsführer von L’Oréal Deutschland, zu der auch die Marke Lan­côme gehört. Er selbst nehme deshalb zum Beispiel immer die Treppe statt des Aufzugs, „weil ich da mehr Mitarbeitern begegne“. Und nach längeren Reisen besucht er regelmäßig die Kollegen in ihren Büros, um zu fragen, wie sie sich gerade fühlen. „Die Leute müssen spüren, dass meine gute Stimmung und mein Interesse an ihnen echt ist“, sagt Sigmund.

Gute Laune, also jener Zustand, in dem laut Definition die Umwelt mit durchweg positiven Gefühlen wahrgenommen wird, wird in der Wissenschaft schon seit einiger Zeit erforscht. Die bisherigen Ergebnisse lassen sich so zusammenfassen: Heiterkeit macht aufmerksamer und aktiver. Gutgelaunte ertragen Rückschläge besser, sie sind stressresistenter, können besser mit Niederlagen umgehen und lernen daraus mehr. Zudem vergeben sie anderen schneller ihre Fehler und ziehen langfristige Gratifikationen dem Instant-Applaus vor.

Das Gehirn belohnt Heiterkeit

Und natürlich macht Frohsinn kreativ. Das Gehirn belohnt Heiterkeit mit gesteigerter Denkleistung und neuen Sichtweisen. Schlechte Laune hingegen steigert allenfalls die Konzentrationsfähigkeit, so Studien der Universität Toronto. Der Psychologe Adam Keith Anderson teilte dazu 24 Probanden in drei Gruppen ein. Die erste wurde durch Musik in eine beschwingte Stimmung versetzt, die zweite hörte traurige Lieder, die Kontrollgruppe schmökerte geografische Fakten über Kanada.

Anschließend sollten die Teilnehmer kreative Aufgaben lösen sowie solche, die ihre volle Konzentration verlangten. Ergebnis: Die Hochstimmung verbesserte die Aufnahme- und Analysefähigkeit der Probanden enorm, bei den Konzentrationstests ließen sie sich allerdings leichter ablenken als die traurig gestimmten Gemüter. Offenbar, so der Schluss der Wissenschaftler, werde bei schlechter Laune der Fokus stärker auf das Wesentliche gelenkt.

Hoch konzentriert, aber einsam. Das Gros der Belegschaften arbeitet lieber mit Kollegen zusammen, die morgens schon mit einem Lächeln die Bürotür aufschließen, Meetings aufheitern und das Glas lieber halb voll als halb leer sehen. Aus gutem Grund: Begeisterte sind soziologischen Studien zufolge hilfsbereiter als normal gelaunte Kollegen.

In der Wissenschaft ist dies auch als „Feel-good-do- » good“-Phänomen bekannt. Befragt danach, welche Eigenschaften die Kollegen den Stimmungskanonen anschließend nachsagen, nennen die durchweg Attribute, wie „vertrauenswürdig, liebenswert, ansprechend“. „Je mehr jemand mit seinem Leben zufrieden ist, desto empathischer und emotional unabhängiger ist er“, sagt der Sozialwissenschaftler Ruut Veenhoven von der Erasmus-Universität in Rotterdam. Und desto mehr färbt das auf das Umfeld ab.

Damit ist gute Laune nicht nur das Ergebnis positiver Umstände – sie ist auch deren Ursache. So tautologisch es klingt: Die Entscheidung, die Dinge optimistischer und entspannter zu sehen, kann nicht nur die eigene Stimmung heben. Danach entwickeln sich viele Dinge tatsächlich positiver. Das zynische Bonmot, das in den Achtziger­jahren an jeder zweiten Bürotür klebte – „Lächle und sei froh, denn es könnte schlimmer kommen“ – stimmt nur zum Teil. Richtiger wäre: „Lächle und sei froh, dann kommt vieles besser.“

Ein positives Arbeitsklima durchdringt das gesamte Unternehmen. Top-Talente fühlen sich von einem überwiegend gut gelaunten Laden angezogen, und sie bleiben auch nachweisbar länger, wo das Arbeitsumfeld Spaß macht. Umgekehrt zeigen Umfragen immer wieder: Wenn Fach- oder Führungskräfte kündigen, dann liegt das selten am Job, sondern fast immer daran, dass sie sich nicht ausreichend anerkannt fühlen und der Ärger mit dem Chef oder den Kollegen überhand nimmt.

Dominik Pasalic erinnert sich noch gut an seinen letzten Job. Damals war er Vertriebsleiter bei einer gerade gegründeten Callcenteragentur mit insgesamt 80 Mitarbeitern. Das Unternehmen wuchs jeden Monat zweistellig, der Umsatz stieg noch schneller, ebenso die Mitarbeiterzahl – trotzdem verschlechterte sich die Stimmung rapide. „Der Konkurrenzdruck wuchs und wuchs“, erinnert sich der 34-jährige Berliner. „Wir haben kaum noch miteinander gesprochen. Und in den Pausen wurde entweder neidisch über andere gelästert oder über den hohen Druck geklagt. Alles drehte sich nur noch um die Agentur.“

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