Erfolgsfaktor Lächeln Warum gute Laune Ihrer Karriere hilft

Gute Laune hat ein Imageproblem. Viele glauben, dass Manager ihre Karrieren Ellbogen, Stuhlbeinsägen und ernsten Mienen verdanken. Fröhliche, nette Kollegen dagegen gelten als Gutmenschen und Schwächlinge. Falsch: Heiterkeit ist nicht nur der beste und billigste Motivationsturbo. Gute Laune bindet Mitarbeiter, steigert Umsätze – und hilft nachhaltig bei der Karriere.

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Ein eigener Chor fürs Lachen: Quelle: AP

Disneyland. Das ist es. Denkt man sich die Tastaturen und Doppelbildschirme auf den Schreibtischen einfach weg, dann bleibt der Eindruck eines überdimensionalen Vergnügungsparks für junge Erwachsene und Jungs, die gar nicht erst erwachsen werden wollen.

Als die Architekten Googles neues Europa-Entwicklungszentrum in Zürich auf dem alten Hurlimann-Brauereigelände planten, durften die Mitarbeiter mitentscheiden, wie ihre künftigen Arbeitsplätze aussehen sollen. Herausgekommen ist das, was eben herauskommt, wenn sich eine internationale Gemeinschaft aus Talenten, Tüftlern und Geeks eine Wohlfühloase auf 12 000 Quadratmetern schafft: kein Bürokomplex, sondern ein 5-Sterne-Hotel mit Vollpension und 24-Stunden-Animationsprogramm.

Auf jeder Etage gibt es unterschiedliche Aufenthaltsräume, mal mit Flipperautomaten, Billard- oder Kickertischen, mal mit gemütlichen Sofa-Lounges, Kaffee- und Snackbars. Zu ihren Besprechungen treffen sich die Teams entweder in umgebauten Seilbahngondeln vor Alpenpanoramatapete, in Polar-Iglus, die theoretisch auch vor Eisbären schützen oder in einer Art importiertem Waldstück. Dazwischen klaffen immer wieder Löcher im Boden, in denen Feuerwehrrutschen aus Edelstahl stecken, sogenannte Quick Connections, an denen die Mitarbeiter zwischen zwei Etagen wechseln können – den Aufzug nimmt man nur nach oben. Wer sich zerstreuen will, der trifft sich mit Kollegen zu einer Konsolenspielpartie oder besucht die „Water­lounge“: ein abgedunkelter, von leisem Vogelgezwitscher und sanftem Bachrauschen beschallter Raum, in dem sich die Leute von Massageliegen durchrütteln lassen können, während sie beseelt auf farbig illuminierte Aquarien schauen.

Gut 350 „Zoogler“, so nennen sich die Zürcher Google-Mitarbeiter, arbeiten hier. Andrin von Rechenberg ist seit zwei Jahren dabei. Der 25-jährige Softwareentwickler trägt ein blaues Polohemd, khakifarbene Bermudas und Flipflops und sieht damit noch erstaunlich formell aus. Die meisten anderen tragen einfach nur Socken zu Jeans und T-Shirts oder wirken, als hätten sie heute Morgen blind in den Kleiderschrank gegriffen und angezogen, was ihnen gerade zwischen die Finger kam. Das einzig Uniforme ist, dass es keinerlei Uniform gibt. Und das finden alle hier ziemlich „klasse“.

Bei Google ist Spaß ein Zustand

Andrin von Rechenberg gehört zu einem neunköpfigen Team, das zuständig ist für die Google-Maps und dafür, dass sich beispielsweise sämtliche Restaurants oder Baumärkte in den Online-Stadtkarten einblenden lassen. Ob er glücklich ist in seinem Job, ob er zwischen Progammierstress und Abgabeterminen genug Spaß hat, ist so als würde man einen Eskimo fragen, ob er Schnee mag. Hier gibt es Gratis-Getränke, Gratis-Mahlzeiten, Gratis-Massagen. Spaß ist hier nicht nur ein Prinzip – „er ist ein Zustand“, sagt von Rechenberg.

Wer das so sieht oder nur davon liest, kann selbst leicht schlechte Laune bekommen. Vor allem, wenn er sich anschließend in den eigenen Büros umschaut: farblose Wände, kleine Zimmer, keine Massagen, das Essen: nicht gratis, dafür Schnitzelpommes an Ketchupjus. Na ja. Aber wundert einen das?

Heiterkeit im Büro hat ein Imageproblem. Ein großes sogar. Gut gelaunte Mitarbeiter stehen stets unter dem Generalverdacht, dass es ihnen, nun, zu gut geht. Manager glauben nach wie vor, dass Hurrastimmung im Büro ablenkt, fahrlässig und faul macht. Wer satt ist, geht eben nicht mehr auf die Jagd; wer zufrieden ist, mit sich und der Welt, strengt sich weniger an. Entsprechend ernst geht es in vielen Unternehmen zu: Es wird geschwiegen und gelangweilt, drangsaliert und geschuriegelt. Und umso seltener wird gelobt, gescherzt, gelacht.

Die Folgen lassen sich gerade in deutschen Unternehmen beobachten. So rutschte das Arbeitsklima-Barometer des Taunussteiner Sozialforschungsinstituts IFAK in diesem Jahr um drei Prozentpunkte nach unten: Nur noch zwölf Prozent der Beschäftigten fühlen sich demnach ihrem Arbeitgeber gegenüber verpflichtet und sind motiviert bei der Sache. 64 Prozent der Befragten machen gar nur noch Dienst nach Vorschrift, satte 24 Prozent haben innerlich gekündigt. In der Chefetage ist die Stimmung noch mieser: Wie eine Umfrage der Düsseldorfer LAB Personalberatung unter rund 900 Managern jüngst ergab (siehe WirtschaftsWoche 20/2008), denken derzeit drei Viertel der Führungskräfte über einen Jobwechsel nach.

Jeder kennt die Sprüche: „Keine gute Tat bleibt lange ungestraft“, „Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin“. Dahinter steckt der Gedanke des Sozialdarwinismus: Das ganze Leben ist ein endloses Nullsummenspiel, ein einziger Wettbewerb, in dem nur die Starken überleben. Belege für diese Thesen gibt es so einige. Sie verschleiern aber zugleich, dass es mindestens ebenso viele Gegenbeispiele gibt: Menschen, die ihre Karriere nicht ihren Ellbogen, spitzen Zungen, Stuhlbeinsägen und ernsten Mienen verdanken, sondern deren Erfolg auf Loben, Lächeln und guter Laune basiert.

Nur allzu oft verwechseln wir Nettigkeit mit Naivität und Fröhlichkeit mit Flatterhaftigkeit. Dabei hat gute Laune weder etwas mit dem kommandierten Frohsinn im Karneval zu tun noch geht es darum, auf sich unkommentiert herumtrampeln zu lassen. „Penetrante Fröhlichkeit verfehlt die Heiterkeit sogar völlig“, schreibt der deutsche Lebenskunstphilosoph Wilhelm Schmid. Sie mute töricht an, wenn sie grundlos ist. Heiterkeit ist vielmehr eine aktive, aber auch zurückhaltende Angelegenheit. Oder wie es der griechische Schriftsteller Plutarch antiker formulierte: „Gute Laune beruht darauf, Missmut zu vermeiden.“

Nach der Arbeit auch mal Quelle: dpa

Den sollte man sich nicht leisten, findet auch Sophie Berrest. Die 36-Jährige leitet seit Oktober 2007 die Geschäfte von Lancôme in Deutschland und scheint mit ihrem persönlichen Imperativ wenig Mühe zu haben. Die Französin lächelt oft, scherzt gerne, auch mal albern. Die Türen zu ihrem Büro im vierten Stock der Düsseldorfer Zentrale sind einladend offen. Vor dem Fenster, gleich neben dem Besprechungstisch, steht ein silberner Rollwagen mit Getränken und Süßigkeiten. Wer den Raum mit hängenden Mundwinkeln betritt, bekommt erst einmal „Moodfood“ angeboten. „Klar, hab ich selbst auch mal schlechte Tage“, sagt Berrest, „aber dann rede ich morgens beim Frühstück mit meinem Mann darüber und singe ein französisches Kinderlied, während ich meinen Sohn in den Kindergarten fahre. Danach ist vieles besser.“

Zudem arrangiere sie sich an solchen Tagen ein paar Termine, die ihr Spaß machen oder sucht Gespräche, aus denen sie Kraft schöpfen kann.

Dafür ist die hauseigene Cafeteria gut geeignet. Hier machen die Mitarbeiter regelmäßig Pausen, schalten ab, plaudern und lachen bei Espresso oder Café Latte. „Ein fröhliches, offenes Klima ist mir wichtig“, sagt Rolf Sigmund, Geschäftsführer von L’Oréal Deutschland, zu der auch die Marke Lan­côme gehört. Er selbst nehme deshalb zum Beispiel immer die Treppe statt des Aufzugs, „weil ich da mehr Mitarbeitern begegne“. Und nach längeren Reisen besucht er regelmäßig die Kollegen in ihren Büros, um zu fragen, wie sie sich gerade fühlen. „Die Leute müssen spüren, dass meine gute Stimmung und mein Interesse an ihnen echt ist“, sagt Sigmund.

Gute Laune, also jener Zustand, in dem laut Definition die Umwelt mit durchweg positiven Gefühlen wahrgenommen wird, wird in der Wissenschaft schon seit einiger Zeit erforscht. Die bisherigen Ergebnisse lassen sich so zusammenfassen: Heiterkeit macht aufmerksamer und aktiver. Gutgelaunte ertragen Rückschläge besser, sie sind stressresistenter, können besser mit Niederlagen umgehen und lernen daraus mehr. Zudem vergeben sie anderen schneller ihre Fehler und ziehen langfristige Gratifikationen dem Instant-Applaus vor.

Das Gehirn belohnt Heiterkeit

Und natürlich macht Frohsinn kreativ. Das Gehirn belohnt Heiterkeit mit gesteigerter Denkleistung und neuen Sichtweisen. Schlechte Laune hingegen steigert allenfalls die Konzentrationsfähigkeit, so Studien der Universität Toronto. Der Psychologe Adam Keith Anderson teilte dazu 24 Probanden in drei Gruppen ein. Die erste wurde durch Musik in eine beschwingte Stimmung versetzt, die zweite hörte traurige Lieder, die Kontrollgruppe schmökerte geografische Fakten über Kanada.

Anschließend sollten die Teilnehmer kreative Aufgaben lösen sowie solche, die ihre volle Konzentration verlangten. Ergebnis: Die Hochstimmung verbesserte die Aufnahme- und Analysefähigkeit der Probanden enorm, bei den Konzentrationstests ließen sie sich allerdings leichter ablenken als die traurig gestimmten Gemüter. Offenbar, so der Schluss der Wissenschaftler, werde bei schlechter Laune der Fokus stärker auf das Wesentliche gelenkt.

Hoch konzentriert, aber einsam. Das Gros der Belegschaften arbeitet lieber mit Kollegen zusammen, die morgens schon mit einem Lächeln die Bürotür aufschließen, Meetings aufheitern und das Glas lieber halb voll als halb leer sehen. Aus gutem Grund: Begeisterte sind soziologischen Studien zufolge hilfsbereiter als normal gelaunte Kollegen.

In der Wissenschaft ist dies auch als „Feel-good-do- » good“-Phänomen bekannt. Befragt danach, welche Eigenschaften die Kollegen den Stimmungskanonen anschließend nachsagen, nennen die durchweg Attribute, wie „vertrauenswürdig, liebenswert, ansprechend“. „Je mehr jemand mit seinem Leben zufrieden ist, desto empathischer und emotional unabhängiger ist er“, sagt der Sozialwissenschaftler Ruut Veenhoven von der Erasmus-Universität in Rotterdam. Und desto mehr färbt das auf das Umfeld ab.

Damit ist gute Laune nicht nur das Ergebnis positiver Umstände – sie ist auch deren Ursache. So tautologisch es klingt: Die Entscheidung, die Dinge optimistischer und entspannter zu sehen, kann nicht nur die eigene Stimmung heben. Danach entwickeln sich viele Dinge tatsächlich positiver. Das zynische Bonmot, das in den Achtziger­jahren an jeder zweiten Bürotür klebte – „Lächle und sei froh, denn es könnte schlimmer kommen“ – stimmt nur zum Teil. Richtiger wäre: „Lächle und sei froh, dann kommt vieles besser.“

Ein positives Arbeitsklima durchdringt das gesamte Unternehmen. Top-Talente fühlen sich von einem überwiegend gut gelaunten Laden angezogen, und sie bleiben auch nachweisbar länger, wo das Arbeitsumfeld Spaß macht. Umgekehrt zeigen Umfragen immer wieder: Wenn Fach- oder Führungskräfte kündigen, dann liegt das selten am Job, sondern fast immer daran, dass sie sich nicht ausreichend anerkannt fühlen und der Ärger mit dem Chef oder den Kollegen überhand nimmt.

Dominik Pasalic erinnert sich noch gut an seinen letzten Job. Damals war er Vertriebsleiter bei einer gerade gegründeten Callcenteragentur mit insgesamt 80 Mitarbeitern. Das Unternehmen wuchs jeden Monat zweistellig, der Umsatz stieg noch schneller, ebenso die Mitarbeiterzahl – trotzdem verschlechterte sich die Stimmung rapide. „Der Konkurrenzdruck wuchs und wuchs“, erinnert sich der 34-jährige Berliner. „Wir haben kaum noch miteinander gesprochen. Und in den Pausen wurde entweder neidisch über andere gelästert oder über den hohen Druck geklagt. Alles drehte sich nur noch um die Agentur.“

Motivation am Arbeitsplatz ist Quelle: AP

Pasalic, der in dieser Zeit so gut verdiente „wie noch nie“, schlief von Tag zu Tag schlechter, wurde einsam und depressiv. Zum Schluss hasste er seinen Job nur noch. Nach zwei Jahren kündigte er und machte sich selbstständig. Bloß nie mehr in eine solche Mühle geraten!

„Bei vielem, was wir tun, orientieren wir uns an Rollenmodellen, wie sie uns etwa in der Werbung gezeigt werden“, weiß der Psychologe Jürgen Hennig von der Universität Gießen. Das gilt umso mehr für den Job, wo wir täglich acht Stunden und länger den immer gleichen Menschen begegnen. Der Chef avanciere so zum ultimativen Vorbild, der das Arbeitsklima „durch sein Vorleben von Freundlichkeit, Förderung oder Feedback entscheidend prägt.“ »

Wie sehr die Arbeitsproduktivität der Mitarbeiter mit der Beziehung zu ihren direkten Vorgesetzten zusammenhängt, konnte eine Studie der Yale-Universität sogar quantifizieren: Manager, die ihre Mitarbeiter respektvoll behandelten und gute Stimmung verbreiteten, waren nicht nur beliebter, sie verbesserten auch das Arbeitsklima merklich. Jeder Prozentpunkt, um den sich der Klimaindex hob, ließ den Umsatzerlös um ein halbes Prozent steigen.

Mehr noch: Gutgelaunte Kollegen bringen im Schnitt 17,5 Verbesserungsvorschläge und gute Ideen in ihre Unternehmen ein, so das IFAK-Barometer, Miesepeter dagegen nur 8,4. Ebenso kommen motivierte Mitarbeiter im Schnitt auf höchstens 4,3 Fehltage, ihre frustrierten Kollegen dagegen auf zehn. Berechnungen zufolge entsteht der Volkswirtschaft allein durch diese Fehlzeiten ein jährlicher Ausfall von rund 22,4 Milliarden Euro.

Ein heiteres Arbeitsklima wirkt vielleicht nicht immer unmittelbar. Aber es führt immer zu einer Art Viraleffekt: Gute Laune steckt an – interessanterweise sogar viel stärker als schlechte, fanden Forscher der US-Universität Yale heraus.

Was aber hebt die Stimmung?

Ob Prämien, Gehaltserhöhungen oder immaterielle Lockmittel wie Beförderung und Lob – die meisten dieser Inzentivierungen, zumal wenn sie die einzigen Launeheber bleiben, haben allenfalls kurzfristige Effekte. „Jeder Versuch von Fremdsteuerung ist letztlich Manipulation“, sagt der Managementberater Reinhard Sprenger. Wer meint, andere motivieren zu müssen, sagt damit indirekt, dass er sie für Faulpelze und potenzielle Leistungsverweigerer hält.

Umgekehrt gilt das genauso: Wer ständig mault und seinen Chef immer wieder auffordert, ihn häufiger zu loben, damit er fröhlicher (und besser) arbeitet, bekennt sich de facto zu nichts anderem als dazu, ein antriebsloser Strolch zu sein. Für die weitere Karriere ist das sehr unklug.

Schon 1959 fand Frederick Herzberg in empirischen Studien zum Thema Zufriedenheit am Arbeitsplatz heraus, dass Geld, Status oder andere Dreingaben lediglich „Hygiene-Faktoren“ sind. Sie eignen sich nicht als langfristige Motivatoren. Echte Anreize stünden immer in direktem Zusammenhang zur Arbeit selbst: den Arbeitsinhalten, der Kompetenz, dem Verantwortungsgrad.

„Man muss seine Mitarbeiter nicht notwendigerweise mit einem großzügigen Bonus, mit teuren Mittagessen und Massagen im Büro verwöhnen – auch wenn die meisten Arbeitnehmer derartige Aufmerksamkeiten sehr schätzen“, sagt Linda Kaplan Thaler, Co-Autorin des gerade auf Deutsch erschienen Bestsellers „The Power of Nice“. Viel wichtiger sei, die Arbeit jedes einzelnen Mitarbeiters wertzuschätzen und ihm genug Freiräume zu geben.

„Ein fröhliches Arbeitsklima hat immer etwas mit Klarheit und Transparenz zu tun“, sagt der Aachener Unternehmensberater und Autor eines Buchs über „Launologie“, Dirk Gratzel. Wer oberflächlich lächelt, während er in den Hosentaschen die Fäuste ballt, macht sich unglaubwürdig. Es sei ein Irrglaube, dass Manager ihre Worte stets in verklausulierte Phrasen und Floskeln kleiden müssten, damit sie ja niemanden demotivieren. Tatsächlich verunsichern sie ihre Belegschaft damit nur noch mehr – und das dämpft die Stimmung erheblich.

Allein das Gegenteil ist richtig: Klare Worte finden – und dabei durchaus Gefühle zeigen. Das wirkt authentisch und erzeugt Vertrauen. Und gilt sogar für schlechte Laune: Auch die dürfen Manager ab und an zeigen, „allerdings nur, wenn sie sich über Fehler ärgern, die immer wieder passieren“, sagt Gratzel. Dann kann und muss ein Chef das sogar verbalisieren, damit die Mitarbeiter den Grund seiner Verstimmung verstehen und beheben können.

Auch selbst kann man einiges dazu beitragen, seine eigene Laune zu heben. Die ist schließlich nichts, was von äußeren Umständen abhinge. Vielmehr ist Heiterkeit zuerst eine Willensentscheidung, ein „kognitives Urteil, wie wir die Dinge sehen wollen“, sagt der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer.

Bettina Heider-Weigandt sieht die Dinge schon von Berufs wegen positiver. Seit 15 Jahren arbeitet sie bei Vodafone in Düsseldorf und seit zwölf Jahren als Abteilungsleiterin für Verkaufsförderung. In dem Job muss man einfach gut drauf sein. Alles andere wäre schlecht fürs Geschäft.

Läuft das trotzdem mal schlecht, nutzt die 44-Jährige einen alten Trick: „Ich gehe auf die Toilette, sehe in den Spiegel und lächle mir zu.“ Solange, bis sich ihre Laune verbessert. „Es bringt ja nichts, seine schlechten Launen auszuleben oder an den Mitarbeitern auszulassen“, sagt sie. Dann lieber Lächeln bis der Spaß kommt. »

„Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.“ Was im Sprichwort nach Prosa klingt, heißt in der Fachsprache der Psychologen klinisch schlicht: Wahrnehmungslenkung. Für jeden Ärger, jede Anspannung gibt es einen oder mehrere Auslöser. Um die kreisen anschließend unsere Gedanken. Doch dieses ständige Reflektieren und Grübeln macht nur noch mehr Stress und ist einer der größten Miesmacher überhaupt.

Das belegt etwa ein Experiment von William Gerin von der New Yorker Columbia-Universität: Je 30 Frauen und Männer sollten sich an eine Situation aus dem vergangenen Jahr erinnern, bei der ihnen der Kragen geplatzt war. Noch während sie das Übel ihren Versuchsleitern schilderten, schnellten bei allen Blutdruck und Herzfrequenz nach oben. Sie zeigten sämtliche Symptome von akutem Stress.

Damit war der Versuch aber nicht vorbei: Kurz darauf wurden die Teilnehmer in einen Ruheraum geschickt – im ersten Durchlauf war dies ein karges Wartezimmer, beim zweiten bot der Raum reichlich Ablenkung in Form von Zeitschriften, Spielen und bunten Postkarten. Effekt: Bei jenen, die sich ablenken konnten, kreisten nur noch 17 Prozent der Gedanken um den Ärger, bei den isolierten Grüblern dagegen waren es 31 Prozent – fast doppelt so viel. Sie beruhigten sich auch erst elf Minuten später als die Zerstreuten.

Positive Gedanken, also das Fokussieren auf jene Dinge, die gerade gut laufen, kann die Stimmung nachhaltig verbessern. Linus Torvalds, der Erfinder der Linux-Betriebssoftware, setzt Heiterkeit für gutes Programmieren sogar voraus: „Die Leute müssen Quatsch machen dürfen“, sagt er. Dann fänden sie auch bessere Lösungen.

Und machen Karriere. So zeigen etwa die Untersuchungen von Alice Isen, Psychologieprofessorin an der Cornell-Universität in New York: Die Leute sind nicht nur belastbarer und zufriedener mit ihrer Arbeit, wenn sie positiv denken. Sie sind auch beliebter und populärer und werden von ihren Vorgesetzten meist besser bewertet und öfter befördert. Das Gros erzielt sogar höhere Einkommen.

Der noch junge Forschungszweig der Psychoneuroimmunologie wiederum konnte nachweisen, dass das Gehirn mithilfe positiver Gedanken in der Lage ist, Wirkstoffe zu produzieren, die in hochpotenten Medikamenten vorkommen, so eine Studie der Psychologin Margaret Kemeny von der Universität von Kalifornien in San Francisco.

Gute Laune als Aufputschmittel? Warum nicht! Für den Motivationsexperten Sprenger besteht das Natur-Dope ohnehin nur aus drei Kernfragen: Arbeite ich mit den Menschen zusammen, mit denen ich gerne zusammen bin? Arbeite ich an einem Ort, wo ich gerne bin? Und: Tue ich die Dinge, die ich gerne tue?

Wer all die drei Fragen mit „Ja“ beantworten könne und trotzdem schlechte Laune hat, „dem ist auch nicht mehr zu helfen“.

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