Gehalt Alter ist kein Verdienst mehr

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Angehende KFZ-Mechaniker im Quelle: dpa

So lange wollte die Metro nicht warten. Der Handelskonzern vereinbarte mit der Gewerkschaft Verdi schon Anfang 2010 einen Haustarifvertrag für seine Immobilientochter Properties. Der stellte das Besitzstandsprinzip für die rund 750 Mitarbeiter auf den Kopf, entlohnt diese ausschließlich nach Leistung. Was auf dem Gehaltszettel steht, folgt einer detaillierten Bewertung der jeweiligen Tätigkeit und verzichtet auf das Anrechnen von Berufsjahren. „Die Gehälter wurden passgenauer“, sagt Metro-Properties-Personalchef Joachim Dehn.

Mit drastischen Folgen für die Mitarbeiter: Fast jeder hatte über Nacht ein anderes Gehalt – manche mehr, manche weniger. „Für einzelne Mitarbeiter, die ihre Leistung subjektiv höher einschätzten“, sagt Dehn, „war die Einstufung schwierig.“

Doch auch die Vorgesetzten taten sich mitunter schwer – kaum einer wagte, seinen Mitarbeiter besonders gute oder gar besonders schlechte Noten zu geben.

Die Schlechten bestrafen

Ein Problem auch für den Mittelständler Walzen Irle: Zwar sind bei dem Siegerländer Metallunternehmen immer öfter fleißige und talentierte Mitarbeiter schon mit Mitte 20 für millionenteure Maschinen verantwortlich, an die die Geschäftsleitung früher allenfalls Kollegen ab 50 mit jahrzehntelanger Berufserfahrung ranließ.

Doch wenn die Vorgesetzten die Leistung ihrer mehr als 200 Mitarbeiter auf einer Punkteskala zwischen 0 und 20 einstufen sollen, wird die Unsicherheit im Umgang mit dem Leistungsdenken deutlich: Die Beurteilungen kreisen meist um die Mitte der Skala, ein realistisches Leistungsbild entsteht so nicht. Gerade das Herabstufen der Mitarbeiter ihrer eigenen Abteilung fällt den meisten Führungskräften schwer.

Doch Milde ist hier fehl am Platz: „Wer die Schlechten schont“, sagt Geschäftsführer Rainer Schneider, „bestraft die Guten.“

Vom Praktikanten zum Ingenieur

Genau das möchte man bei Dorma vermeiden: Für die rund 450 außertariflichen Mitarbeiter des Mittelständlers aus Ennepetal, der Türschließer, Bewegungsmelder, Glasbeschläge und Glasschiebetüren produziert, sind bis zu 30 Prozent des Gehaltes flexibel, gemessen nach Wirtschaftslage des Unternehmens und dem Erfolg individuell verantworteter Projekte. Die rund 3000 nach Tarif bezahlten Beschäftigten können sich mit guter Leistung rund zehn Prozent dazuverdienen. „Wir wollten ein Signal setzen“, sagt Dorma-Personalchef Michael Ecker. „Du wirst für deine Leistung bezahlt, nicht für dein Alter.“

Das nutzt gut ausgebildeten jungen ‧Leuten wie Kantharuban Srikanthan: Der 28-Jährige hat sich innerhalb von zehn ‧Jahren vom Hauptschulpraktikanten zum Prozessingenieur hochgearbeitet. Derzeit untersucht er Arbeitsabläufe an den Maschinen. Und ist bereits in der zweithöchsten von insgesamt 15 Tarifgehaltsklassen eingruppiert – das gabs früher nur mit jahrzehntelanger Berufserfahrung.

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