Deutschland sucht den Supergründer Die ungewöhnlichsten Start-up-Veranstaltungen

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Gute Karten für Gründer

Gründerpokern

Dass Philipp Maximilian Scharpenack diesen Sommer so viel zu tun hat, verdankt der Unternehmer seinen eigens organisierten Pokerrunden. Der Gründer baut derzeit das Start-up Suckit auf, das Longdrinks in kleinen Tütchen herstellt und vertreibt – Cocktails zum Selbsteinfrieren und Lutschen. Im Juni 2013 startete er mit der Idee – inzwischen sind die „Frozen Cocktails“ in 200 Läden und im Netz erhältlich. Unterstützt wird er von Inga Koster und Marco Knauf, die in Bonn den Smoothiehersteller true fruits hochgezogen haben. Die drei lernten sich am Pokertisch kennen, genauer gesagt: beim Gründerpokern.

Diese Veranstaltung findet mehrmals im Jahr in deutschen Großstädten statt. Das Konzept ist so simpel wie erfolgreich: Gründer lernen sich bei einem Pokerturnier kennen – zwischendurch gibt es ein Buffet und kalte Getränke, am Ende erhalten die besten Spieler Sachpreise.

Jackpot: Beim Pokern Investoren treffen Quelle: PR

„Wir haben gemerkt, dass man bei den klassischen Networking-Veranstaltungen immer mit denselben Leuten herumsteht“, sagt Scharpenack, der das Gründerpokern zusammen mit dem Kölner Unternehmer Philipp Mühlbauer 2010 gestartet hat. „Dabei sind diejenigen, die du noch nicht kennst, vielleicht viel interessanter für dich.“ Beim Gründerpokern wird die Sitzordnung an den Tischen ausgelost. Wer während des Turniers ausscheidet, trifft auf andere Gründer oder Investoren, mit denen er ins Gespräch kommen kann.

Das Konzept hat sich auch finanziell behauptet: Inzwischen haben Scharpenack und Mühlbauer mehr als zehn Mal Gründer zum Pokerabend geladen. Die Tickets zu etwa 60 Euro decken die Kosten von rund 7000 Euro pro Abend. Unterm Strich konnten die Gründer sogar ein kleines Plus verzeichnen – genug, um sich eigene Pokertische zu kaufen. Das hat sie auf eine weitere Idee gebracht: Zusammen mit Ronja Heinz, der Schwester des ehemaligen Poker-Weltmeisters Pius Heinz, vermieten sie Tische an Firmen und organisieren Pokerturniere für Unternehmen.

Auch das Konzept Gründerpokern soll weiter ausgebaut werden. In Zukunft wollen sie neben dem Netzwerken mehr Inhalt bieten – etwa Diskussionsrunden, Pokerschulungen oder Gespräche mit Investoren. Allerdings erst nach dem Sommer, denn im Moment hat Scharpenack mit seinen gefrorenen Longdrinks genug zu tun.

Startups@Reeperbahn

Die Suche vieler Start-ups nach potenten Investoren hat Sanja Stankovic schon häufig an Prostitution erinnert. Als die Mitbegründerin der Initiative Hamburg Startups dann 2013 ein Gründerevent im Rahmen des Hamburger Reeperbahnfestivals plante, kam ihr die Idee, Gründer und Geldgeber gleich im passenden Ambiente zusammenzubringen. Und so fand sich Philipp Baumgaertel vom Start-up Protonet mit potenziellen Investoren in einem Stundenhotel wieder. „Da stand ein Piccolo bereit“, erinnert sich Baumgaertel, „durch die Atmosphäre war das Eis gleich gebrochen.“

Gründerpreis 2013: Die Finalisten
Brooklyn-SoapDas Hamburger Startup will mit Naturkosmetika wie Duschgel und Shampoo Konsumenten erreichen, die nach Meinung der Gründer von etablierten Herstellern eher ignoriert werden: den „modernen urbanen Mann“, wie Felix Ermer es formuliert. Ermer gründete das Unternehmen 2012 mit Jonas Hillebrecht und Viktor Dik. Das Trio will seine Produkte vorerst im Online-Handel, künftig auch über ausgewählte Läden vertreiben. bklynsoap.com Quelle: Presse
ChangersMarkus Schulz und Daniela Schiffer wollen die Welt verändern, den Klimawandel aufhalten und die Energiewende beschleunigen – mit Maroshi, einem Solarpanel zum Stromerzeugen, und Kalhuohfummi, einem Akku zum Stromspeichern. Wer damit sein Smartphone oder Tablet auflädt, sammelt Bonuspunkte, die sich in Ökoprodukte eintauschen lassen. Mit den bisher verkauften Geräten haben die Kunden des Startups bereits eine halbe Million Wattstunden Strom erzeugt.changers.com Quelle: Andreas Chudowski für WirtschaftsWoche
Pflegeschule.deDeutschland im Jahr 2030: Rund 3,4 Millionen Pflegefälle leben hier – rund eine Million mehr als heute. Doch viele Betroffene und Angehörige wissen nicht, welche Leistungen ihnen zustehen. Clemens Meyer-Holz, Timo Heinemann, Oliver Diestel, Alexander Hohl und Philipp Zell haben das Online-Portal Pflegeschule ins Leben gerufen, das Hilfe bietet. Das Startup aus Oldenburg arbeitet mit gewerblichen Partnern zusammen und erhält Provisionen. pflegeschule.de Quelle: Presse
IognosRekord: 2013 werden in Deutschland rund 26 Millionen Smartphones verkauft. Das Münchner Startup Iognos will über die Mobiltelefone Daten erheben und Vorhersagen treffen – im Auftrag von Unternehmen, Behörden, Parteien. Wer an Umfragen teilnimmt und seinen Datenstrom anonymisiert zur Verfügung stellt, wird belohnt. Das Gründerteam ergänzt sich gut: Jörg Blumtritt ist Marktforscher, Kira Nezu und Michael Reuter führen eine App-Agentur und Yukitaka Nezu ist erfahrener Investmentmanager. iognos.com Quelle: Presse
KontextRRund 6,4 Milliarden Euro haben Unternehmen 2012 in Online-Werbung investiert. Weil sich klassische Werbeformate wie Banner auf Smartphones aber nicht gut anzeigen lassen, hat das Münchner Startup KontextR um Gründer Chris Eberl eine neue Werbeform entwickelt. Dabei werden an Schlüsselwörtern Symbole eingeblendet, die Nutzer auf Angebote von Unternehmen leiten sollen. Die ersten Kampagnen auf großen Web-Seiten sind bereits umgesetzt. Quelle: Rudolf Wichert für WirtschaftsWoche

Das außergewöhnliche Event kam bei Gründern und Geldgebern so gut an, dass in diesem September erneut Treffen in intimem Ambiente stattfinden. Denn wie das große Vorbild, das South-by-Southwest-Festival in Austin, Texas, soll das vor neun Jahren als Musikveranstaltung gestartete Reeperbahnfestival zu einem wichtigen Treffpunkt der Digitalwirtschaft werden.

Dabei gibt es nur ein Problem: Das Hotel vom vergangenen Jahr wurde kürzlich abgerissen. Weil alternative Etablissements zu weit von den anderen Veranstaltungsorten entfernt sind, wird Stankovic fünf sogenannte Lovemobile aufstellen. Ganz so authentisch sind die Wohnwagen zwar nicht, „die es auf dem Kiez gibt, waren uns zu abgeranzt“, sagt Stankovic. Doch sie will die gemieteten Wagen zu stilechten Liebesmobilen umrüsten, mit blinkenden Herzen und Aufschriften wie „Start-ups are hot“.

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