Gründer Unternehmerinnen erobern die Start-Up-Szene

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Anteil der Gründerinnen steigt stark

Anfangs reichte die Adressenkartei von Delius, um genügend Teilnehmerinnen für einen Abend zu finden. Heute hat sie 80 Frauen auf ihrer Liste. „Und es werden immer mehr“, sagt Delius. „Daher glaube ich auch, sagen zu können, dass der Anteil von Gründerinnen in der Berliner Szene gerade überproportional wächst.“

Dass Delius als Frau und Mutter Jüngeren zugleich als Vorbild dient, setzt sie bei ihrem Networking nebenbei gezielt ein. „Ich rede offen darüber, auch über die Probleme – und kann dadurch anderen Frauen Mut machen“, sagt die Unternehmerin. „Ich hätte es jedenfalls bestimmt leichter gehabt, wenn ich im Alter von 25 mehr derartige Vorbilder gehabt hätte.“

Corinna Powalla sieht sich im Gegensatz zu Delius nicht als klassische Netzwerkerin. „Es ist wichtig, sich mit anderen Gründern regelmäßig auszutauschen – aber ich komme kaum dazu“, sagt sie.

Die meiste Zeit kümmert sich die 32-Jährige um den Aufbau ihres Start-ups Modomoto. Das ist ein direkter Konkurrent von Outfittery und residiert ebenfalls in Kreuzberg, nur gut zwei Kilometer Luftlinie von den Rivalinnen Alex und Bösch entfernt.

Mit Stil zum Erfolg

Auch Powalla will Männer anziehen. Im Gegensatz zu Outfittery wickelt Modomoto aber den Großteil des Versandgeschäfts selbst ab – von der Warenannahme über die Verpackung bis zu den Retouren. „Unsere Style-Beraterinnen haben die Klamotten wirklich haptisch vor Ort, nicht nur virtuell am Bildschirm“, sagt Powalla.

Willkommen im Club
Patricia Gandji, 43Nordeuropa-Chefin von Cartier Quelle: SCHÖTTGER Photography
Foto von Eleonore Ogrinz Quelle: Presse
Foto von Sabine Scheunert Quelle: Presse
Foto von Britta Fünfstück Quelle: Presse
Foto von Edda Feisel Quelle: Presse
Foto von Helen Yuanyuan Cao Quelle: Claudia Larsen
Foto Stefanie Haberer Quelle: Presse

Und das Virtuelle wird auch sonst ganz schön real bei Modomoto. Es rappelt und rumpelt, wenn die Mitarbeiter in der Versandabteilung die Versandboxen packen. Stilberaterinnen sitzen am Tisch daneben und kritzeln jedem Kunden handschriftlich eine persönliche Botschaft auf ein Kärtchen, die den Boxen beigelegt werden. Auf diese Weise erläutern sie dem Kunden, warum sie für ihn gerade diese Klamotten ausgewählt haben.

Das Konzept aus E-Commerce und Beratung scheint auch bei Modomoto anzukommen. Das Ende 2011 gegründete Unternehmen hat bereits mehr als 150 000 Kunden in Deutschland und Österreich – und ist laut eigenen Angaben seit vergangenem Jahr profitabel. „Das sorgt für entspannte Nächte“, meint Powalla.

"Die Veränderungen müssen schon bei der Erziehung beginnen"

Die Unternehmerin sieht mehrere Gründe, weshalb es so wenig Frauen in der deutschen Start-up-Szene gibt. „Die Veränderungen müssen schon in der Erziehung beginnen, um Mädchen zu mehr Selbstständigkeit zu ermutigen“, sagt Powalla. Dieses Thema setze sich im Studium insbesondere der Betriebswirtschaftslehre fort: „Da wird immer nur vom Angestelltendasein gesprochen, fast nie über die Gründung von Unternehmen – obwohl das in der Betriebswirtschaft ja naheliegt.“

Powalla spricht aus Erfahrung. Sie hat BWL in Berlin studiert. Bevor sie ihr Unternehmen gründete, arbeitete sie in den Bereichen Finance und Online-Marketing beim Internet-Brillenversender Mr. Spex.

Wenn es ein weibliches Establishment der Berliner Start-up-Szene gibt, dann ist Claudia Helming sein Aushängeschild. Die 40-Jährige trat schon 2006 in der Hauptstadt als Entrepreneurin in Erscheinung, indem sie DaWanda gründete, ein Internet-Portal für selbst gemachte Produkte wie Schmuck, Kleidung oder Accessoires.

DaWanda sitzt nicht in den szenetypischen Quartieren Prenzlauer Berg, Berlin-Mitte oder Kreuzberg, sondern in einem Dachgeschoss im beschaulichen, gutbürgerlichen Charlottenburg. Direkt am Eingang begrüßt den Besucher eine alte rotbraune Couch im englischen Stil, gegenüber ein alter Röhrenfernseher aus den Fünfzigerjahren. Rippchen-Parkett und helle Gaubenfenster runden das gediegene Ambiente ab.

Dass Gründerinnen insbesondere im IT- und Internet-Geschäft in der Minderheit sind, wundert DaWanda-Chefin Helming nicht. „Auch wenn das nach Klischee klingt: Viele Frauen betrachten ihre Kenntnisse gerade in Gebieten wie IT und Technik als Hemmschwelle“, sagt sie. Daher würden Frauen eher Unternehmen in solchen Bereichen gründen, in denen sie sich zu Hause fühlten. „Und bei Produkten, zu denen sie eine emotionale Bindung haben“, sagt Helming.

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