Gründer Unternehmerinnen erobern die Start-Up-Szene

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Von Frauen für Frauen

Das gilt offenbar auch für DaWanda selber. Das Unternehmen beschäftigt rund 160 Mitarbeiter, von denen gut 70 Prozent Frauen sind. Auf der Online-Plattform sind vier Millionen Mitglieder und 250 000 Shops registriert – neun von zehn davon von Frauen. „Unsere Produkte sprechen Frauen besonders an, das haben wir bei der Gründung antizipiert“, sagt Helming.

Was Lea-Sophie Cramer macht, ist einzigartig in der Berliner Gründerszene: Jeden Montag und Freitag morgens um halb zehn vollführt sie in ihrem Unternehmen Amorelie, malerisch gelegen im Fabrikkomplex Erdmannshof in Kreuzberg direkt am Landwehrkanal, dasselbe Ritual: den sogenannten Wake-up-Dance. Die 40 Mitarbeiter und allen voran ihre Chefin bewegen sich dabei zu Popsongs von Macklemore oder Will.i.am in selbst konzipierten Tanzgesten. Die Moves heißen „Flexi Feli“, „We Vibe“ oder „Liebeskugeln“ und sind angelehnt an, nun ja, bestimmte Einstellungen der Vibratoren, die Amorelie verkauft.

Nicht nur Zahlen und Sexartikel

Das Ende 2012 gegründete Start-up ist spezialisiert auf den Online-Versand von sinnlichen Erotikartikeln. Die haben mit den Plastik- und Gummigeräten aus der Ära der Ehehygiene à la Beate Uhse wenig gemein. Vielmehr erinnern sie durch Farbe, Form und Design eher an iPhone-Zubehör denn an Sexspielzeuge. „Amorelie will aber noch mehr – und sich künftig als der zentrale Ansprechpartner im Liebesleben der Menschen positionieren“, sagt Gründerin Cramer.

Lea-Sophie Cramer, die Chefin von Amorelie, einem Online-Versender von Erotikartikeln, erwartet mehr Frauen in der Start-up-Szene, weil sich die aktuellen Gründerinnen gegenseitig unterstützen

Das Konzept weg vom Schmuddel-Sex hin zu Design-Toys scheint aufzugehen. Laut eigenen Aussagen wird Amorelie den Umsatz von einem siebenstelligen Betrag 2013 auf eine achtstellige Summe in diesem Jahr vervielfachen können.

Doch Amorelie-Vortänzerin Cramer interessieren nicht nur Zahlen und Sexartikel, sondern auch die Veränderungen in der Berliner Gründerszene. „Ich glaube, wir werden beim Frauenanteil in den kommenden Jahren eine starke Veränderung nach oben sehen“, sagt die 27-jährige Betriebswirtin. „Das bisherige Ungleichgewicht sorgt dafür, dass sich Frauen untereinander intensiver helfen, da nehme ich mich nicht aus.“ Damit würden auch so manche Vorurteile gegenüber Frauen im Beruf widerlegt. „Wichtiger Nebeneffekt: Das Zerrbild der Stutenbissigkeit kommt so aus den Köpfen.“

Frauen wollen Sicherheit

Auf dem Papier ist Philippa Pauen kein Mitglied der Berliner Szene mehr. Ende Juli hat sie die Geschäftsführung ihres Unternehmens Wummelkiste an den Marketing-Chef Gordon Thompson übergeben und sich aus dem operativen Geschäft des Spieleversenders zurückgezogen.

In Wirklichkeit bleibt Pauen der Internet-Gemeinde in der Hauptstadt vermutlich aber durchaus erhalten, nur eben nicht mehr mitten drin im Cyber-Getümmel. „Ich möchte wieder mehr strategisch und analytisch arbeiten“, sagt Pauen, die Kunst- und Kulturmanagement studiert hat.

Bisher trat Pauen mit ihrem Start-up Wummelkiste in Erscheinung, ein Unternehmen, bei dem das Erscheinungsbild am Firmensitz und der Name so gut wie deckungleich sind. Direkt an der Grenze zwischen den Stadtteilen Mitte und Kreuzberg gelegen, versendet Wummelkiste via Internet-Abo Boxen mit verschiedenen Bastelprojekten für Kinder zwischen drei und acht Jahren. Überall im Unternehmen wimmelt und wuselt es geschäftig. Quietschbuntes Kinderspielzeug und Bastelbögen liegen allenthalben herum, die bunten Boxen stapeln sich in einer Ecke. „Wir haben die Räumlichkeiten bewusst so gewählt“, sagt Wummelkiste-Gründerin Philippa Pauen. „Denn so können wir etwa unseren Geschäftspartnern ein konkretes Produkt zeigen, das macht’s einfacher.“

Auch wenn für die 31-Jährige die Gründung ihres Unternehmens im Jahr 2012 ein „folgerichtiger Schritt der eigenen Entwicklung“ war, wie sie selbst sagt, wundert sie sich über den niedrigen Frauenanteil nicht. „Tendenziell ist das Sicherheitsbewusstsein bei Frauen etwas ausgeprägter“, sagt Pauen. „Dabei ist vielen nicht bewusst: Trotz des mit einer Gründung verbundenen Drucks kann man in einem Start-up den Tagesrhythmus besser einteilen und so Freiräume schaffen als in einem Konzern.“

Diese Freiräume hat sich Pauen gerade selber geschaffen.

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