Eines steht schon mal fest: Berlin ist mit weitem Vorsprung deutscher Rekordhalter in Sachen Neugründungen. Im Jahr 2011 konnte die Hauptstadt 44.460 neue Unternehmen verzeichnen. Laut einer McKinsey-Studie steigt die Zahl der Neugründungen seit 2006 jährlich um 8 Prozent. Und die Zahl der Erwerbstätigen in der Informations- und Telekommunikationstechnologie kletterte von 2008 bis 2012 um 24 Prozent.
Zum Vergleich: München kam im selben Zeitraum lediglich auf einen Zuwachs von fünf Prozent.
Die Gastautoren
Christoph Gerlinger ist Gründer und CEO der German Startups Group Berlin AG, einem jungen Berliner Venture Capital-Anbieter. Zuvor hat er selbst zwei Startups gegründet, bis zur Größe von rund 200 Mitarbeitern aufgebaut und an die Börse geführt.
Dr. Martin Pätzold, Mitglied des Bundestages, ist Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Europäische Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Als Berliner Bundestagsabgeordneter liegt ihm die Entwicklung der Startup Szene in der deutschen Hauptstadt besonders am Herzen.
Dr. Thomas Derlin ist Partner im Berliner Büro der Sozietät K&L Gates LLP. Er berät schwerpunktmäßig in den Bereichen Venture Capital, M&A, Private Equity, öffentliche Übernahmen sowie im Kapitalmarktrecht.
Diese Dynamik ist nicht nur dadurch zu erklären, dass die Technologiebranche noch in den Anfängen steckt und hohe Wachstumsraten daher selbstverständlich ist. Heute arbeiten in Berlin bereits mehr als 60.000 Erwerbstätige im Bereich der digitalen Wirtschaft. Geht man davon aus, dass dadurch jeweils zwei bis drei weitere Arbeitsplätze entstehen, wurden bis zu 150.000 Jobs geschaffen. Selbst ohne diesen Multiplikatoreffekt kann die digitale Wirtschaft bereits jetzt eine höhere Bruttowertschöpfung vorweisen als etwa die Bauwirtschaft.
Was sind das für Erfolgsgeschichten einzelner Startups, die derart viele Arbeitsplätze schaffen?
Ein Beispiel für ein rasant gewachsenes Unternehmen ist Delivery Hero mit seiner deutschen Marke Lieferheld. Das Startup betreibt eine Internetplattform zur Vermittlung von Kunden an Essen-Lieferdienste. Das 2010 in Berlin gegründete Startup hat insgesamt 285 Millionen US-Dollar Venture Capital eingesammelt, 14 verschiedene Auslandsniederlassungen eröffnet und beschäftigt allein in Berlin 300 Mitarbeiter.
Delivery Hero hat während seines knapp fünfjährigen Bestehens sechs Millionen Kunden für 55.000 Restaurants akquiriert und diesen Einrichtungen damit einen Umsatz von insgesamt einer halben Milliarde Dollar beschert. Wie viele der Kunden ohne Lieferheld auf konventionellem Weg bestellt hätten? Unklar.
Deshalb gehen wir davon aus, dass im Falle von Delivery Hero der Multiplikatoreffekt für den Arbeitsmarkt sogar deutlich höher ausfällt als bei anderen Unternehmen der digitalen Wirtschaft.
Der Hauptinvestor der aktuellen Finanzierungsrunde von mehr als 80 Millionen Dollar soll ein Venture-Capital-Anbieter aus New York sein. Delivery Hero wäre folglich an einem Punkt angelangt, an dem es Kapital aus dem Ausland anzieht. Auch andere Startups wie Auctionata, Outfittery, Westwing und Wunderlist haben in letzter Zeit Finanzierungen in teilweise deutlich zweistelliger Millionenhöhe erhalten.
So investierte bei Wunderlist Ende des letzten Jahres Sequoia Capital aus den USA, einer der weltweit namhaftesten Venture-Capital-Anbieter, 19 Millionen US-Dollar.