Inkubatoren als PR-Show Warum Konzerne als Gründungshelfer oft scheitern

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Unterschiedliche Interessenlage

Doch letztlich fehlten die wirtschaftliche Perspektive und die kritische Masse, um Verlustbringer durchschleppen zu können, sodass Bertelsmann die Start-ups nach und nach schloss.

Der Kern solchen Scheiterns scheint in einem nur schwer auflösbaren Widerspruch zu liegen. „Es existiert oftmals eine unterschiedliche Interessenlage zwischen dem Konzern und dem Start-up“, sagt Szene-Kenner Thümmler. „Dadurch arbeiten beide Partner nicht immer miteinander.“

So wolle ein Konzern mithilfe seines Accelerators vor allem günstig an Innovationen kommen und sei daher interessiert an einem möglichst niedrigen Preis für die Beteiligung am Start-up. Wenn dabei doch ein Star entstehe, der Milliarden wert ist, sei dies nur ein schöner Nebeneffekt.

Unabhängige Inkubatoren hingegen wollten, dass ihre Start-ups schnell wachsen und ihren Wert steigerten, um möglichst teuer verkauft werden zu können. „Diese gegenläufigen Interessen können im Laufe der Partnerschaft zwischen Konzern-Inkubator und Start-up zu Ärger und Ausseinandersetzungen führen“, sagt Thümmler. „Unabhängige Inkubatoren wie etwa Y Combinator sind eher ein funktionierender Ansatz.“

Für schädlichen Zoff steht zum Beispiel das Online-Portal Immobilienscout24 – dessen Muttergesellschaft Scout24 mehrheitlich dem US-Finanzinvester Hellman & Friedman gehört – mit seinem eigenen Inkubator You is Now. So bezichtigt das heute insolvente Start-up Deskwanted den Inkubator You is Now indirekt der Erpressung. Laut Deskwanted-Chef Carsten Foetsch habe You is Now einen zugesagten sechsstelligen Betrag nicht überwiesen und so das Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit getrieben. Auf Anfrage weist Immobilienscout24 die Vorwürfe in allen Punkten als haltlos zurück.

Leere Büros

Um solche Streitigkeiten mit ihren Start-ups zu vermeiden, baut die Deutsche Telekom ihre Aktivitäten mit Gründern gerade um. So scheint der Konzern-Inkubator namens Hubraum, der im Februar mit dem Softwareanbieter Flexperto gerade sein neuntes Start-up aufgenommen hat, nur langsam zu wachsen und muss freie Büros an Fremdfirmen vermieten. Die Telekom erklärt dies damit, dass sie ihren Start-ups Flächen für Veranstaltungen zur Verfügung stelle und diese auch schon mal an andere Unternehmen vermiete.

Fest steht jedoch: Der Konzern schließt seinen 1998 gegründeten Risikokapitalfonds T-Venture für neue Investitionen und lässt ihn nur noch das vorhandene Portfolio von rund 100 Start-ups verwalten. Im Gegenzug legt eine neue Konzerntochter namens Deutsche Telekom Capital Partners (DTCP) einen neuen Fonds auf – für Start-up-Investitionen mit einem Volumen von 500 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren. Damit ist er der größte dieser Art in Europa.

Designierter DTCP-Chef wird Vicente Vento, bisher Leiter der Sparte Firmenübernahmen und -verschmelzungen. DTCP sei viel näher an der klassischen Risikokapitalbranche angelehnt – was Interessenkonflikte vermeiden solle.

Die Telekom will also wegkommen von der Förderung ganz junger Start-ups. Aus Imagegründen halten die Bonner dennoch an ihrem Inkubator Hubraum fest – zumindest bis auf Weiteres.

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