Lending Club, Hyperloop, Theranos Wie größenwahnsinnige Gründer ihr Unternehmen gefährden

Großer Auftritt, nichts dahinter? Im Silicon Valley mehren sich die Beispiele für Unternehmer, die zu schnell zu hoch hinaus wollten - und damit scheitern.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Parker Conrad, Elizabeth Holmes, BamBrogan Quelle: Bloomberg

Der Wind zerzaust BamBrogans Haare. Neben ihm versucht Shervin Pishevar, gegen die Wüstensonne anzublinzeln. Wie zwei Freunde stehen sie im Nirgendwo von Nevada, auch wenn die äußeren Umstände widrig sind. Die Gründer von Hyperloop One wollen an diesem Frühsommertag einen Schlitten mittels Magnetschub innerhalb von Sekunden auf bis zu 300 Kilometer pro Stunde beschleunigen und somit beweisen, dass die neue Art des Überschallgeschwindigkeitsreisens funktioniert. „Das ist die Zukunft des Transports“, jubelt Brogan an diesem Nachmittag. Pishevar lacht zufrieden, als der Test gelingt.

Und dennoch markiert dieser Test den letzten harmonischen Auftritt des Duos. Pishevar und Mitgesellschafter Joe Lonsdale haben BamBrogan nun entlassen. Er sei „instabil“ und „durchgedreht“. Der Verstoßene wiederum wehrt sich mit einer Klage wegen Mobbing und Vetternwirtschaft.

Dass Unternehmen auch schillernde Gründer entlassen, wenn diese scheitern, ist normal. Doch ihre öffentliche Demontage kam bisher selten vor. Denn im Wettbewerb um Geld, Talente, Glaubwürdigkeit und Aufmerksamkeit rückt die Persönlichkeit der Gründer stärker ins Rampenlicht. „Es ist ja nicht nur die Idee. Es geht vor allem darum, sie umzusetzen und andere zum Mitmachen zu begeistern“, sagt der Wagnisfinanzierer Bill Gurley.

Und dennoch suchen neben Hyperloop auch andere Silicon-Valley-Firmen wie Lending Club, Theranos oder Zenefits derzeit den richtigen Umgang mit jenen, die sie einst groß machten.

„Menschliche Missverständnisse und Auseinandersetzungen sind die größte Herausforderung für Jungunternehmen, noch weit vor dem Geschäftsmodell“, sagt Harvard-Business-School-Professor Noam Wasserman, der seit vielen Jahren Gründer studiert. Er hat auch ein Rezept zur Vorbeugung: Gründer sollten sich rechtzeitig entscheiden, ob es ihnen wichtiger ist, die Kontrolle übers Unternehmen zu behalten oder aber so schnell wie möglich zu einer hohen Bewertung zu kommen. Was bedeutet, mehr Kapital einzuwerben und dafür Anteile abzugeben. Das wurde BamBrogan zum Verhängnis, da seine Mitgesellschafter fast 80 Prozent der stimmberechtigten Anteile kontrollieren.

Die wertvollsten Start-ups der Welt

Gerade im Silicon Valley ist durch die hohen Bewertungen der vergangenen Jahre der Druck auf Gründer gestiegen, es frühzeitig ins Revier der sogenannten Unicorns zu bringen, Start-ups, die auf mehr als eine Milliarde Dollar bewertet werden. Als Folge stehen die Unicorn-Gründer mehr denn je in der Öffentlichkeit. Gleichzeitig ist wegen des aus den vielen Kapitalerhöhungen resultierenden Kontrollverlusts die Gefahr gestiegen, Konflikte nicht mehr aussitzen zu können, sondern abgesägt zu werden.

Der Unermüdliche

Noch vor einem Jahr galt Zenefits, gegründet vom 35-jährigen Parker Conrad, als eines der am schnellsten wachsenden Softwareunternehmen des Silicon Valley. Damals wurde sein Wert auf bis zu fünf Milliarden Dollar geschätzt. Zenefits vermittelt und verwaltet Krankenversicherungen für Unternehmen und ihre Mitarbeiter. Was Conrad stark mit seinem persönlichen Schicksal einer überwundenen Krebskrankheit verknüpfte.

Doch das Wachstumstempo – in nur zwei Jahren stellte der Gründer rund 1000 Mitarbeiter ein – ließ sich nicht halten. Zenefits ähnelte immer mehr einem Strukturvertrieb, machte seinen Kunden unrealistische Versprechungen und vernachlässigte die korrekte Lizenzierung seiner Versicherungsvermittler.

Woher Startups ihr Kapital erhalten

Conrad scheiterte, als er seinen Investoren die für 2015 versprochenen 100 Millionen Dollar Umsatz nicht lieferte und der Ärger mit den Aufsichtsbehörden wuchs. Den Schaden muss nun David Sacks beheben, ein Zenefits-Investor und Mitglied der sogenannten PayPal-Mafia um Peter Thiel. Er hat die fürs Silicon Valley ungewöhnliche Aufgabe, die zu schnell gewachsenen Strukturen wieder zurückzudrehen.

Eins haben die Zenefits-Eigner, unter ihnen der texanische Investmentkoloss TPG, schon mal richtig gemacht: Sacks kann es zumindest in Sachen Authentizität mit Conrad aufnehmen. 2012 verkaufte er sein Businessnetzwerk Yammer für 1,2 Milliarden Dollar an Microsoft.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%