Erklärungen für den Boom der Weltverbesserer gibt es mehrere. Zum einen achten laut einer Umfrage der EU-Kommission inzwischen neun von zehn Deutschen genau darauf, was Unternehmen tun, um sich verantwortungsbewusst gegenüber der Gesellschaft zu verhalten - mehr als in jedem anderen europäischen Land. Kleine und mittelgroße Unternehmen engagieren sich nach Ansicht der Befragten sogar stärker als Konzerne für die Gesellschaft.
Zum anderen sind Gründer heute daran interessiert, sinnvolle Projekte mit Geschäftsmodellen zu verknüpfen und sie so zu professionalisieren, dass sich damit gutes Geld verdienen lässt. „Besonders für die Mittzwanziger ist das ein Riesen-Thema“, sagt Felix Oldenburg, Deutschland-Geschäftsführer der Non-Profit-Organisation Ashoka, die soziales Unternehmertum weltweit fördert. "Diese Menschen sind zu Zeiten des Dotcom-Crashs und der Finanzkrise aufgewachsen. Sie wollen zwar wirtschaftlich Erfolg haben, aber zugleich die Gesellschaft zum Besseren verändern."
Etwa Menschen wie Benjamin Vahle: Der Jungunternehmer hat schon während seines Managementstudiums an der EBS Business School in Oestrich-Winkel den gemeinnützigen Verein Make a Difference gegründet, der Missstände in der Gesellschaft beseitigen will. Zusammen mit Kommilitonen baute er in den Ghettos einer US-amerikanischen Großstadt Häuser für arme Familien. Vahle sägte Bretter, montierte Fenster, zimmerte Türen.
Tun, was Anderen hilft
Nach dem Studium vermarktete er Kreuzfahrten übers Internet. Er bekam ein ordentliches Gehalt, war am Unternehmen beteiligt - aber nicht glücklich. "Ich will nicht einfach Produkte verkaufen", sagt Vahle, "sondern etwas tun, das anderen Menschen hilft."
Also verließ er das Unternehmen und rollte seine Luftmatratze bei seinem Kumpel Frank Eckert aus. Der hatte sich schon während seines Studiums als Zuhörer an einem Sorgentelefon für Studenten engagiert und dann die Nightline Stiftung mitgegründet, die solche Sorgentelefone in ganz Deutschland etablieren will. Wie Vahle hatte er gemerkt, dass es gemeinnützigen Initiativen oft schwerfällt, Spenden einzusammeln. "Also haben wir überlegt, wie wir dieses Problem mit einem neuen Startup lösen können", erzählt Vahle.
Das Ergebnis heißt Boost: Ein Internet-Startup, das Partnerschaften mit Online-Shops schließt. Immer wenn ein Kunde über Boost in den Shops einkaufen geht, erhält das Startup eine Provision zwischen 2 und 22 Prozent. Von dieser Provision wiederum behält es zehn Prozent, um sich selbst zu finanzieren; 90 Prozent wandelt es in eine Spende um, der Kunde wählt den Empfänger. Wer also via Boost bei Amazon kauft, kann mit einem Teil des Kaufpreises eine Initiative seiner Wahl unterstützen - etwa ein Kinderhospiz in Berlin. Teurer wird der Einkauf dadurch nicht.