Pokerspieler Fedor Holz "Man muss damit klarkommen, Geld zu verlieren"

Der 23-jährige Deutsche Fedor Holz gilt als einer der besten Pokerspieler der Welt, 2016 gewann er mehr als 16 Millionen Dollar. Doch inzwischen kümmert er sich lieber um sein eigenes Unternehmen.

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Fedor Holz Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Herr Holz, Sie sind auf einer Party und jemand will wissen, was Sie beruflich machen. Was antworten Sie?
Fedor Holz: Das kommt auf die Party an. Aber grundsätzlich würde ich jetzt nicht mehr antworten: „Ich bin Pokerspieler.“

Sondern?
Ich würde vermutlich sagen, dass ich Unternehmer bin und vor einem halben Jahr ein eigenes Start-up gegründet habe.

Das ist aber sehr bescheiden. Sie haben alleine 2016 ein Preisgeld in Höhe von etwa 16 Millionen Dollar gewonnen und stehen damit in der Liste der erfolgreichsten Pokerspieler aller Zeiten aktuell auf Platz sechs - und das im Alter von 23. Sind Sie so viel besser als die anderen oder haben Sie einfach mehr Glück?
Ich bin definitiv nicht so viel besser als die anderen auf dem höchsten Niveau. Aber es ist eine Mischung aus beidem. Der Bessere gewinnt auch häufiger. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass man sich an stetiges Verlieren gewöhnen muss.

Wie sind Sie zum Pokern gekommen?
Das war vor etwa sieben Jahren, ich war damals etwa 16. Ein paar Freunde von mir spielten schon länger und luden mich ein, mal mitzuspielen.

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Und merkten Sie gleich, dass Sie es besser können als die anderen?
Nein, überhaupt nicht. Es hat mir Spaß gemacht, aber meine Freunde hatten damals mehr Erfahrung. Die hatten sich schon mit den Strategien auseinandergesetzt, hatten viel online gespielt und auch ein bisschen Geld verdient. 

Und daraufhin begannen Sie, auch online zu pokern.
Genau. Ich habe nach dem Abitur in der Nähe von Saarbrücken zunächst Informatik studiert, das aber nach zwei Semestern abgebrochen und zunehmend Zeit mit Onlinepoker verbracht. Das erste Jahr lief allerdings nicht gut. Im Januar 2013 wollte ich dann ein paar Monate durch die Welt reisen und habe währenddessen zwei Jungs aus Wien kennengelernt, im Mai 2013 bin ich in deren WG in Wien eingezogen. Die spielten auch viel Poker - und von da an ging es eigentlich nur aufwärts.

Ab dann verbrachten Sie den Hauptteil ihrer Zeit vor dem Rechner?
Genau - und wenn wir nicht spielten, redeten wir auch viel über Poker. Außerdem bin ich zu der Zeit sehr viel gereist.

Und da erkannten Sie, dass Sie mit Pokern Geld verdienen können.
Ja.

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Worauf kommt es dabei an?
Man muss damit klar kommen, Geld zu verlieren. Und man muss mental sehr widerstandsfähig sein. Ich habe mich daher viel damit beschäftigt, mit Niederlagen umzugehen.

Wie haben Sie sich weitergebildet?
Ich habe in meinen Leben maximal zwei Poker-Bücher gelesen und halte davon nicht viel. Als Einsteiger ist das sicher nicht verkehrt, aber mit Büchern kommt man nicht weit. Viel wichtiger ist es, sich mit anderen Menschen auszutauschen und ständig Situationen zu analysieren.

Spielen Sie denn im Endeffekt Ihre eigenen Karten oder den Gegner?
Beides. Es ist eine Mischung aus Informationen, die man je nach Situation gewichtet. Im Grunde ist es wie bei jedem Sport. Man hat seine eigene Strategie, passt sich aber zusätzlich an die Schwächen des Gegners an.

Früher spielten Sie mit Ihren Freunden um ein paar Cent, inzwischen spielen Sie fast ausschließlich Turniere mit einem Antrittsgeld zwischen 50.000 und 100.000 Dollar. Sind Sie ein Zocker?
Auf keinen Fall, denn dahinter steckt schon ein System. Üblicherweise setzen professionelle Pokerspieler für ein Turnier maximal ein Prozent ihres Spielguthabens, der so genannten Bankroll. Das heißt im Umkehrschluss, dass ich in 99 Prozent der Fälle nicht pleite gehe. Man nimmt natürlich ein Risiko auf sich, aber eben nicht unvernünftig viel Risiko. Vereinfacht gesagt: Man spielt mit Geld, das man verlieren kann.

"Pokern ist nicht mehr meine Passion"

Verleitet Ihr Erfolg Nachahmer dazu, es leichtfertig auch zu probieren und viel Geld zu verlieren?
Ich würde einem Neuling heute tatsächlich davon abraten, Geld mit Poker verdienen zu wollen.

Warum?
Das Spiel ist zu weit fortgeschritten. Wer heute neu einsteigt, braucht mindestens zwei, drei Jahre, um so viel Expertise aufzubauen, dass er damit Geld verdienen kann - aber wenn er soweit ist, wird das Spiel schon wieder viel weiter sein. Das kann man kaum noch aufholen.

Sie haben sich von der Pokerszene inzwischen aber weitgehend verabschiedet. Wieso?
Natürlich war es eine tolle Zeit und ich habe viel Geld verdient. Aber mir sind im Leben zwei Dinge wichtig: Ich will ständig dazulernen und etwas beitragen - aber mir wurde klar, dass ich das als Pokerspieler nur sehr begrenzt tun kann.

Und so kamen Sie auf die Idee, ein Start-up zu gründen?
Genau. Und vor ein paar Wochen haben wir unser erstes Produkt auf den Markt gebracht, unsere App Primed Mind.

Warum die Deutschen gründen

Was hat es damit auf sich?
Wir richten uns an Menschen, die an ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Konzentration arbeiten wollen. Die App bietet eine Art Mentalcoaching.

Das klingt leicht esoterisch.
Wir sind alles andere als esoterisch, das basiert alles auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Ich bin fest davon überzeugt, dass Menschen bessere Ergebnisse erzielen, wenn sie ihrer Leidenschaft nachgehen - egal in welchem Bereich. So bin ich auch zum Pokern gekommen. Nicht weil ich Geld verdienen wollte, sondern weil es mir Spaß gemacht hat und ich tolle Menschen kennengelernt habe.

Das Unternehmen ist also mehr als Ihr Hobby?
Absolut, wir haben zwei ausländische Investoren und sind bereits sieben Mitarbeiter. Wir wollen bald eine neue App herausbringen und in Wien ein Coworking-Space eröffnen.

Mark Zuckerberg, Steve Jobs und Bill Gates haben ihr Studium abgebrochen und riesige Unternehmen aufgebaut. Das ist nicht selbstverständlich. Studienabbrecher sind oft erfolglose Gründer.

Werden Sie in ein paar Jahren noch Poker spielen?
Gelegentlich. Ich habe vor, drei, vier Live-Turniere pro Jahr zu spielen.

Vermissen Sie es denn?
Nein, überhaupt nicht. Ich war kürzlich noch mal für ein paar Turniere in Las Vegas und gegen Ende habe ich mich sehr auf mein Zuhause gefreut.

Sie haben dort zwei Turniere mit einem Startgeld von 50.000 US-Dollar gespielt, beide gewonnen - und mehr als 700.000 Dollar mit nach Hause genommen. Nicht schlecht für ein paar Tage Arbeit.
Ja, ich genieße diese Momente natürlich, aber trotzdem ist Pokern nicht mehr meine Passion.

Haben Sie sich denn bislang gar nichts gegönnt?
Ich habe meinen Eltern ein Haus gekauft und mir eine Wohnung in Wien. Aber ich versuche vor allem, Erfahrungen zu kaufen und reise sehr gerne. Daran spare ich nicht. Ansonsten brauche ich nicht viel Luxus. Ich habe noch nicht mal ein eigenes Auto.

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