Star-Investor Thelen "Frank, du bist nicht Steve Jobs"

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"Das war zu kompliziert, und wir waren zu früh"

Sein nächstes Unternehmen, Doo, scheitert. Thelen will etwas Großes aufbauen, etwas, das neben Skype oder Spotify bestehen kann. Skype hat die Telefonie ins digitale Zeitalter katapultiert, Spotify die Musikindustrie. Doo sollte das Büro digitalisieren. „Aber das war zu kompliziert, und wir waren zu früh“, sagt Thelen. Die App verkauft sich zwar, aber keiner setzt Doos smarte Dokumente ein. „Das war ein harter ‚Frank, you are not Steve Jobs‘-Moment“, sagt er selbst.

Doo hätte Thelen beinahe um seinen Job als TV-Juror gebracht. Das Scheitern von Doo wird ausgerechnet an dem Tag öffentlich, als Vox die erste Staffel von „Die Höhle der Löwen“ ankündigt: „Da haben jede Menge Leute angerufen und gesagt, der Thelen kann es nicht, nehmt den aus der Sendung raus.“ Der Fernsehsender hält zu ihm: Der Deal mit Fujifilm hat ihn über Nacht zum Millionär gemacht – und ihm Zugang zur Gründerszene verschafft. Thelen hat in 6Wunderkinder, Kaufda oder MyTaxi investiert. Er ist längst ein schwerreicher Mann. Reich geworden mit den Geschäftsideen von anderen. Die Rolle des Löwen kann er.

Das wahre Imperium

Auf dem Kongress entzieht sich Thelen langsam der Masse. Diese Termine sind wichtig. Er kann seine Botschaft verbreiten, seine Prominenz pflegen und dabei viel Geld verdienen: Für einen 30- bis 45-minütigen Auftritt berechnet er etwa 20.000 Euro. Wer ihn als Werbefigur engagiert, muss 300.000 Euro aufbringen, erzählt er freimütig.

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Vor dem Konferenzhotel wartet eine schwarze Limousine. Wenn er schon in Berlin ist, will er auch bei seinen Start-ups vorbeischauen, sagt Thelen. Vor allem bei seinem neuesten Investment, Neufund.

Neufund ist eine dieser großen Ideen, auf die Thelen besonders stolz ist: eine Firma mit Tesla-Appeal. Die Gründer wollen eine Art Börse für Start-up-Anteile schaffen. Die Plattform beruht auf der Blockchain, bezahlt wird mit Kryptowährungen. „Das hat eine brutal große Zukunft“, schwärmt Thelen. Auch mit seinen 42 Jahren wirkt er manchmal wie ein Zwölfjähriger, dem gerade ein Skateboard-Trick geglückt ist.

Thelen nimmt Platz auf einem grauen, verschlissenen Sofa, trinkt Kaffee und knabbert an einem Keks, während Gründer Marcin Rudolf vom Geschäft berichtet: „Seit Frank an Bord ist, laufen hier ständig Leute durch.“ Die Aufmerksamkeit ist wertvoll. Das Start-up muss sich das Vertrauen der Szene erarbeiten. „Wir müssen Neufund als solide Plattform positionieren und klarmachen, dass das nicht das nächste Hype-Ding ist“, sagt Thelen. Das ist Teil seiner Botschaft. „Wer große Summen Venture Capital braucht, muss sich in den USA oder in China umsehen. Das ist doch Mist.“ Mit Neufund könnten Menschen künftig Anteile an Start-ups kaufen wie heute Aktien.

Zurück im Auto, ruft Thelen seine Assistentin an. Er hat die Visitenkarten seiner Gesprächspartner auf dem Kongress heute Morgen bei Neufund liegen lassen: „Sag denen, sie sollen die wegschmeißen.“ „Nicht, dass die sich die Mühe machen, die zu uns ins Büro zu schicken.“ Die interessanten Visitenkarten fotografiert er sofort ab und leitet sie an sein Team von Freigeist weiter.

Schnelles SelfieDas Team der Spielzeugkiste hält den Besuch fest. Quelle: Nils Bröer für WirtschaftsWoche

Freigeist ist Thelens eigentliches Machtzentrum. Freigeist, das sind neben Thelen vor allem Marc Sieberger, Experte für Finanzen, und Alex Koch, Technologie. Die drei arbeiten seit den Tagen der Fotosoftware zusammen. Über Deals entscheiden sie gemeinsam, nur bei „Die Höhle des Löwen“ trägt Thelen allein die Verantwortung. Er ist die Spürnase unter den dreien. Der Verkäufer. Der Kommunikator.

Freigeist hat kein festes Konzept, konzentriert sich auf keine Unternehmensgröße oder Branche. „Wir investieren in Gründer, nicht in Geschäftsmodelle“, sagt Thelen. Jeder frage ihn: Frank, was ist denn eigentlich dein Fokus? Ihm egal. „Weil ich das, was ich mache, mit Passion mache, funktioniert es.“ Seine Investitionen haben sich rentiert: Wunderlist wurde gewinnbringend an Microsoft verkauft, MyTaxi an Daimler, Kaufda an Axel Springer. Damit haben jedoch alle Deals eine Gemeinsamkeit: Die Start-ups verschwanden in großen Konzernen.

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