Start-up-Inkubatoren Bei den Konzernen grassiert das Gründerfieber

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Charmantes Konzept

Groß trifft Klein, Alt und Erfahren begegnet Jung und Hungrig: Das Konzept klingt durchaus charmant.
Unternehmen versprechen sich von Kooperationen mit Start-ups Ideen und Impulse für die Digitalisierung, der Konzernchef kann sich modern geben. Die Gründer wiederum erhalten Hilfe in Form von finanziellem und intellektuellem Kapital, damit ihr Geschäftsmodell „fliegen kann“, wie es in der Branche so schön heißt.

Doch wahr ist auch: Nicht jeder Gründer profitiert von den Partnerschaften. Als sich die großen Unternehmen meldeten, dachte Florian Thürkow zum Beispiel: „Jetzt habe ich es geschafft.“ Sein Start-up Inabe entwickelt ein Navigationssystem, mit dem sich Menschen auf Flughäfen oder Bahnhöfen leichter zurechtfinden können. „Für unser Produkt ist der Zugang zu einem Bahnhof essenziell“, sagt Thürkow. Zusammen mit seinem Mitgründer Carlos Heinecke hatte er darauf gehofft, dass ihm die Deutsche Bahn helfen könnte. Doch die Erwartung wurde enttäuscht.

Das Start-up von Florian Thürkow und Carlos Heincke (Inabe) entwickelt ein Navigationssystem mit dem man sich auf Bahnhöfen und Flughäfen besser zurechtfinden soll.

Zwar stach Inabe 119 Bewerber aus und gehörte zu den ersten vier Teilnehmern des Bahn-Accelerators. Die Genehmigung für den Zugang zu einem Bahnhof zog sich dann aber über die erste Hälfte des dreimonatigen Programms hin. Und die versprochene Beratung durch Mentoren aus dem Topmanagement habe sich in der Realität als kurzes Gespräch bei einem Kaffee entpuppt. Geholfen habe die Partnerschaft mit der Bahn kaum.

Enttäuschungen gibt es immer wieder

Der Konzern hält das jedoch für einen bedauerlichen Einzelfall: „Es kommt auch mal vor, dass eine Idee nicht weiterverfolgt wird“, sagt Onno Szillis, der den Bahn-Accelerator führt. Doch mittlerweile betreue das Unternehmen elf Start-ups intensiv. „Mit acht davon haben wir bereits konkrete Produkte für unsere Kunden entwickelt oder sind kurz davor“, sagt Szillis.

Sicher, Enttäuschungen gibt es immer wieder. Ein Grund mehr für Gründer, auf das Kleingedruckte zu achten. Vor der Zusammenarbeit schließen Start-up und Konzern einen Vertrag. Der kann auch eine Wandelanleihe-Klausel beinhalten. Heißt konkret: Gefällt dem Unternehmen das Produkt nach Ende des Programms nicht, muss das Start-up das Geld zurückzahlen. Die Konzerne gehen dann kein echtes Risiko ein.

Woher Startups ihr Kapital erhalten

Auch deshalb werden sie von vielen Experten kritisiert. Andreas Thümmler ist Managing Partner bei Acxit Capital Partners, er berät Unternehmen bei Übernahmen und Beteiligungen. Thümmler bezeichnet viele Acceleratorprogramme als „PR-Show“.

Zu hohe Erwartungen

Dabei könnten sie beiden Seiten durchaus nützen. Entscheidend sind jedoch die genaue Umsetzung – und die Erwartungen. „Manch ein Manager glaubt, dort das nächste Facebook zu entdecken“, sagt Torsten Oelke, der für Immobilienscout24 einen der ersten deutschen Firmeninkubatoren aufgebaut hat.

Die Hoffnung hat auch die Allianz, dessen Accelerator an Google X erinnert, das Forschungslabor von Alphabet. In München sollen künftig ebenfalls weltverändernde Innovationen entstehen. „Moonshots sind möglich und erwünscht“, sagt Solmaz Altin, Chief Digital Officer der Allianz.

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