Oelke hat da so seine Zweifel: „Das können die Modelle nicht leisten.“ Denn vor allem Erfolg versprechende Gründer meiden die Programme und suchen sich lieber eine Finanzierung bei bekannten Wagniskapitalgebern.
Die investieren nämlich deutlich höhere Summen – und schießen im Gegensatz zu vielen Unternehmen bei Bedarf später Geld nach. Zudem fürchten manche Start-ups und auch Investoren, die frühe Beteiligung von Unternehmen mit eigenen strategischen Interessen könne später hinderlich sein – beispielsweise bei einem möglichen Verkauf an Wettbewerber.
Zusammenarbeit fördert Kulturwandel
Um neue Ideen und Partner zu entdecken, Talente zu binden oder von Start-ups zu lernen, eignen sie sich jedoch durchaus. Daher fördert Bayer seit 2014 Start-ups mit dem Programm Grants4Apps: Die Unternehmer können Labore in Berlin nutzen und bekommen bis zu 50.000 Euro Unterstützung. „Uns ist klar, dass dort nicht das nächste Blockbuster-Medikament entsteht“, sagt Johannes Schubmehl, der das Programm bei Bayer koordiniert, „doch das erwarten wir auch gar nicht.“ Dafür trage die Zusammenarbeit zu einem kulturellen Wandel im Großkonzern bei.
Schubmehl beeindruckt besonders die Schnelligkeit, mit der Gründer Ideen im Zweifelsfall wieder aufgeben. Um diese Mentalität auch im Konzern zu fördern, wurde ein Fail-Forward-Award eingeführt, mit dem gescheiterte Projekte ausgezeichnet werden.
So ist es weltweit um den Gründergeist bestellt
Für den Amway Entrepreneurial Spirit Index (AESI) 2015 haben das Konsumgüterunternehmen Amway und die Technische Universität München 49.775 Menschen aus 44 Ländern dazu befragt, wie erwünscht es in ihrem Heimatland ist, Unternehmen zu gründen, wie leicht es ist, sich selbstständig zu machen und wie es um die Stabilität gegen sozialen Druck bestellt ist. 100 Punkte sind zu erreichen.
Im weltweiten Durchschnitt wird ein Wert von 51 erreicht, in Schulnoten entspräche das einer vier, was die Gründerfreundlichkeit auf unserem Planeten angeht.
Nur in wenigen Ländern ist der Gründergeist noch schwächer ausgeprägt als in Deutschland. Mit einem Indexwert von 31 (von 100 möglichen Punkten) liegt Deutschland nur noch vor Polen, Kroatien und Japan.
In Deutschland ist eine Unternehmensgründung für nur 26 Prozent der Befragten eine erwünschte Karriereoption. Lediglich 29 Prozent halten eine Gründung mit ihren eigenen Fähigkeiten für durchführbar. Immerhin 38 Prozent würden sich von ihrem sozialen Umfeld nicht von der Idee eines eigenen Unternehmens abbringen lassen. Auch die Generation Y in Deutschland steht kaum besser da. Zwar halten 37 Prozent der 14- bis 34-Jährigen eine Gründung für erstrebenswert, allerdings vertraut nur ein Viertel auf seine eigenen Fähigkeiten (26 Prozent).
Türkei
Die Türkei rutscht mit 62 Punkten noch in die Top 10 der AESI 2015 und ist damit eines der freundlichsten Länder für Gründer weltweit.
Brasilien
Knapp hinter der Türkei befindet sich Brasilien mit 69 Punkten. Die persönlichen und sozialen Faktoren, welche die Absichten einer Person beeinflussen, ein Unternehmen zu gründen scheinen hier deutlich über dem weltweiten Durchschnitt zu liegen.
Slowenien
Slowenien ist mit 70 Punkten auf Platz 8 der 44 befragten Länder - ein befriedigendes Ergebnis.
Malaysia
Der Staat in Südostasien belegt mit 73 Punkten Platz 7 des weltweiten Gründergeist-Rankings.
Mexiko
Der Gründergeist Mexikos hat sich mit 74 erreichten Punkten bis auf Platz 6 gekämpft.
Südafrika
74 Punkte erhielt Südafrika als Indexwert, der aus dem Durchschnitt der drei gleich gewichteten Dimensionen "Erwünschtheit", "Durchführbarkeit" und "Stabilität gegen sozialen Druck" gebildet wird.
Vietnam
Mit mehr als drei Viertel (77 Punkte) der erreichbaren Punkte landet Vietnam auf Rang 4 von 44.
Thailand
Ein nahezu ähnlicher Gründergeist besteht in Thailand. Der Staat in Südostasien bekam bei der Umfrage durchschnittlich 79 Punkte.
China
Kurz hinter Indien auf Platz 2 befindet sich China mit ebenfalls 79 Punkten.
Bei Gleichheit des Wertes entscheidet die ungerundete Zahl über den Rang.
Indien
Mit 79 Punkten ist Indien der Spitzenreiter des AESI 2015 und hat somit den weltweit besten Gründergeist.
Ein weiteres Problem der Acceleratorprogramme besteht darin, dass sie sich meist an Gründer richten, die erst am Anfang stehen. Damit fallen jedoch ältere Start-ups heraus, die bereits ordentliche Umsätze erzielen. Dabei sind genau sie für Konzerne eigentlich besonders interessant, haben sie doch bereits gezeigt, dass ihre Idee funktioniert. Wenn sich ihre Produkte noch dazu an Geschäftskunden richten, würden Unternehmen von der Zusammenarbeit erst recht profitieren. Doch oft kommt der Kontakt gar nicht erst zustande.
Treffpunkte für Industrie und Start-ups
Genau hier setzt Torsten Oelke an. Deshalb organisiert er im Mai nächsten Jahres mit der Messe Berlin eine neue Veranstaltung namens Cube Tech Fair. Dort sollen sich gezielt Industrie und Start-ups aus verschiedenen Bereichen treffen. Um gute Gründer zu ködern, gibt es einen Start-up-Wettbewerb – der Sieger erhält eine Million Euro.
Doch Cube soll auch darüber hinaus als Netzwerk funktionieren. „Konzerne und Start-ups kommen immer noch aus zwei Welten“, sagt Oelke, „wir wollen zwischen beiden vermitteln.“ So helfe man beispielsweise dabei, die richtigen Ansprechpartner in Großunternehmen zu finden oder vermittle Kontakt zu Start-ups.