Surf-Legende Robby Naish "Gewinn ist nicht mein Antrieb"

Robby Naish, Windsurf-Legende Quelle: imago images

Windsurf-Legende und Unternehmensgründer Robby Naish über das Surfen auf Kufen, Paddelbretter aus dem Baumarkt und seine (teilweise) ziemlich konservative Unternehmensführung.

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WirtschaftsWoche: Herr Naish, Sie müssten das eigentlich wissen – warum gehen immer weniger Leute windsurfen?
Robby Naish: Ja, das stimmt schon – es ist nicht zu übersehen, dass die Boomzeiten vorbei sind. Heute surfen viel weniger Leute als noch in den 80er Jahren. Daran ist der Sport zum Teil selber schuld: Früher schnappte man sich einfach ein Brett und ein Segel und fuhr zum nächsten See. Jeder konnte da mitmachen. Aber dann wurden Bretter und Segel immer kleiner und alles immer komplizierter – und auch teurer. Auf die Weise hat diese Branche viele potenzielle Windsurfer schlicht vergrault.

Wird Surfen zu sehr als Extremsport verkauft?
Ja, zu einem gewissen Grad ist das so. Viele Hersteller haben sich so sehr auf das Surfen bei Starkwind fokussiert, dass sie damit an ihrem eigenen Verschwinden gearbeitet haben. Bevor das aber jetzt einer falsch versteht: Windsurfen ist keinesfalls tot, es ist noch immer ein unglaublich schöner Sport. Aber die Leute surfen halt nicht mehr an jedem Wochenende, sondern bestenfalls noch in den Ferien.

Sie sind nicht nur Rekord-Weltmeister, sondern selbst Unternehmer – was tun Sie gegen die Flaute?
Wir haben jetzt zum Beispiel neue Leichtwind-Hydrofoils entwickelt, Tragflügel, die dafür sorgen, dass sich das Surfbrett schon bei weniger starken Winden aus dem Wasser hebt und du nur noch auf einer schmalen Kufe gleitest. Wir bieten mittlerweile Hydrofoils an, die deutlich erschwinglicher sind. Die kosten um die 1300 Euro. Und das beste: Man kann damit wirklich schon bei relativ schwachem Wind aufs Wasser, ab zehn Knoten kannst du damit wirklich gut surfen.

Zur Person

Aber trauen sich Normal-Surfer wirklich auf so ein Flügelteil, das man sich unter sein Brett baut? Das sieht schon ziemlich speziell aus?
Ja, cool, oder? Das kann wirklich jeder Durchschnitts-Surfer lernen, dazu musst du kein Profi sein. Deshalb bin ich auch optimistisch, dass wir mit den Foils wieder viele Surfer zurückholen aufs Wasser. Die können jetzt zuhause auf dem kleinen See ganz in der Nähe Windsurfen, selbst wenn es mal nicht so windig ist. Man muss nicht mehr nach Tarifa fliegen, auf die Kanaren oder zum Gardasee, das reicht auch für den Starnberger See.

In den vergangenen Jahren war Stand-Up-Paddling, bei dem man mit einem langen Paddel auf dem Brett steht, das große Ding – so populär dürfte Foil-Surfen aber nicht werden, oder?
Naja, Stand-Up ist eigentlich kein richtiger Sport, das ist für die meisten ja mehr was zum Entspannen. Klar, am Anfang ging das auch unter Sportlern, die damit Rennen gefahren sind, ganz gut ab. Aber die Teilnehmerzahlen bei den Rennen sinken eher. Der Massenmarkt wächst zwar und er wird auch weiter wachsen. Aber für eine Marke wie uns ist das nur in zweiter Linie interessant.

Warum?
Weil inzwischen jeder Baumarkt und jeder Blumenladen SUP-Bretter für 300, 400 Euro verkauft. Und das ist ja auch in Ordnung, weil viele Leute es erst einmal ausprobieren wollen. Wer dann Spaß daran entwickelt, kauft sich im nächsten Schritt vielleicht ein besseres Board und landet womöglich bei uns.

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Mit welchen Boards macht den Naish den größten Teil seines Umsatzes?
Für uns ist das Geschäft mit Kite-Zubehör der größte Umsatzbringer. Kites kann ich weltweit verkaufen und das Geschäft ist nicht so verrückt vom Preis getrieben wie Windsurfen oder Stand-Up. Stand-Up lief vor allem am Anfang sehr gut bei uns, wir waren schließlich die erste große Marke, die Bretter dafür angeboten hat. Das Geschäft ist auch längst nicht tot. Aber es nicht wirklich gesund.

Warum nicht?
Weil da so viele total unterschiedliche Spieler mitmischen. Lass ein paar Bretter produzieren, biete sie auf Alibaba an und „zack!“ bist du im Stand-Up-Business. Man braucht für diese einfachen Bretter wirklich kein großes technologisches Know-how. Deshalb: Erfinde einfach ein hübsches Logo, kleb es auf ein paar Bretter und verkauf sie online.

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Haben Sie nicht dank Ihres bekannten Namens einen Vorteil?
Nicht wirklich, denn im größten Teil dieses Marktes zählt nur der Preis. Naish ist erst dein drittes oder viertes Brett, meistens nicht dein erstes. Wir sind so etwas wie Mercedes: Du kaufst bei uns eher nicht dein allererstes Auto, aber du träumst davon, dir eines Tages einen Benz zu leisten.

Wie viel Umsatz macht Naish?
Wir sind heute etwas kleiner als während der Boom-Phase von Stand-up, als wir allein in den USA Millionen umgesetzt haben, ehe der Markt zusammenbrach. Aber wir schreiben noch immer einen gesunden zweistelligen Millionenumsatz.

"Wir stecken mitten in einem gewaltigen Umbruch"

Allerdings wird das Geschäft immer härter und Naish ist eine kleine Firma – denken Sie darüber nach, Anteile zu verkaufen?
Ja, wir stecken mitten in einem gewaltigen Umbruch. Das liegt auch daran, dass die Zeiten für den Handel sehr hart sind. Das Internet hat auch die ganze Art und Weise, wie unser Geschäft läuft, umgekrempelt. Dabei verkaufen wir ein sehr technisches und damit erklärungsbedürftiges Produkt. Wir verkaufen keinen Rucksack, den man auch locker über das Internet bestellen kann. Gleichzeitig muss unser Kunde die Chance bekommen, mit unseren Brettern, mit den Segeln und Masten in Berührung zu kommen, er muss die Faszination spüren, die in ihnen steckt. Dazu brauchen wir Läden. Aber diesseits des Internets, in der wirklichen Welt, haben alle Beteiligten dieses Business Probleme: Wir als Marke, unsere Distributeure und die Läden kommen nur auf kleine Margen.

Wie wollen Sie das ändern?
Darüber zerbreche ich mir gerade den Kopf: Wie kann ein Vertriebssystem aussehen, das unser Produkt vernünftig anbieten kann? Du willst die Sachen doch anfassen und sie fühlen, ehe du sie kaufst. Wenn Surfschulen und Läden verschwinden und die Leute nur noch online einkaufen, dann raubt das unserem Sport einen Teil seiner Seele.

Machen Sie eigene Shops auf?
Nein, dazu sind wir zu klein. Außerdem sitze ich auf Hawaii – und der größte Markt liegt genau auf der anderen Seite der Welt: in Deutschland, Frankreich, Österreich, Schweiz, Dänemark. Ich bin da zu weit weg. Und sehe, dass die Zahl der kleinen Läden immer weiter schrumpft. Auf diesen Gewässern müssen wir irgendwie klarkommen und am Leben bleiben.

Und das allein? Sie wollen keine Anteile an Naish verkaufen?
Es ist sicher eine mögliche Alternative, denn irgendetwas werde ich machen müssen. Die gesamten Ersparnisse meines Lebens stecken in diesem Unternehmen. Das ist nicht immer eine so komfortable Position. Deshalb wird es in Zukunft sicher noch Veränderungen geben. Aber das war ja schon immer so: Naish habe ich 1995 gegründet, und wir haben uns immer wieder auf neue Entwicklungen eingestellt. Nur eins ist immer noch gleich: es macht immer noch riesig Spaß, denn im Grunde bauen wir doch Spielzeug für Erwachsene, die dafür sorgen, dass sie ein schöneres Leben haben.

Sie waren der jüngste Surfweltmeister aller Zeiten, waren jahrelang Profi-Surfer, jetzt sind Sie seit vielen Jahren Unternehmer – wie sehen Sie sich selbst? Gibt es die Surfer-Methode, ein Unternehmen zu führen?
Wahrscheinlich ist es die falsche (lacht)… Ich sehe mich immer noch in erster Linie als Sportler, das Business ist mehr so was wie meine Zweitkarriere. Im Kopf habe ich den Seitenwechsel zum Manager eigentlich nie gemacht. Vielleicht hat das die Firma auch so frisch gehalten. Genau wie unser Sport entwickeln wir uns stets weiter, versuchen im „Flow“ zu bleiben. Klar, wenn ich ein besserer Geschäftsmann wäre und fokussierter, wären wir womöglich „erfolgreicher“. Aber wer legt denn fest, was erfolgreich sein bedeutet? Ich will selber entscheiden, was ich mit meinem Leben anfangen will, das ist für mich der größte Luxus. Es geht darum, die richtige Balance zu finden zwischen Leben und Geld verdienen. Wir waren nie die Größten, aber das wollten wir auch nie sein. Die Marke ist in Wahrheit größer als die Wirklichkeit.

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Verkaufen würden Sie sie nie?
Nein, nein, ich hoffe, das werde ich nie tun. Warum auch? Im Moment genieße ich dieses Leben zu sehr, es macht mir Freude und das Geschäft läuft nach wie vor profitabel. Aber Gewinn ist nicht mein Antrieb. Ich bin unabhängig, habe keine Teilhaber und leihe kein Geld bei den Banken. Jeder echte Geschäftsmann würde das sicher anders machen. Das begrenzt offensichtlich unser Wachstumspotenzial, aber es reduziert auch das Risiko.

Robby Naish, der die wildesten Wellen surft, meidet im Geschäft das Risiko?
Ja, ich mag keine Risiken, ich mache das vor allem, um Spaß zu haben. Und Risiko macht mir keinen Spaß. Ich bin nicht der Typ, der sich Geld leiht und dann nachts gut schlafen kann. Manchen Leuten bereitet das kein Problem, die können gut mit Schulden leben. Aber ich bin da sehr konservativ.

Wie führen Sie da Ihre Firma – lassen Sie Ihre Leute Surfen gehen, wenn die Wellen gerade gut laufen oder ketten Sie die an den Schreibtisch?
Meine Leute surfen jeden Tag. Das gehört zu ihrem Job. Die einzigen, die nicht jeden Tag draußen sind, sind die aus der Buchhaltung. Aber auch von denen hat jeder sein Brett, und die sind damit auf dem Wasser, so oft es geht. An manchen Tagen komme ich um 11 Uhr ins Büro: Fuck, wo sind die alle? Ich selbst habe da nicht mal einen eigenen Schreibtisch. Ich kann überall arbeiten, wo ich gerade bin. Also wenigstens in der Hinsicht sind wir nicht gar so konservativ.

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