Gerade hat er den Krieg um den Namen seines Start-ups gewonnen, da wechselt Jan Hendrik Ansink ihn freiwillig. Im Frühjahr kämpfte der 31-Jährige noch vor Gericht mit einem anderen Gründer um die Nutzung des Namens Vertragslotse. Erst im Sommer einigten sich die beiden Parteien, doch vor wenigen Tagen hat Ansink sein Start-up in Volders umbenannt. Der alte Name habe nicht mehr zur neuen Vision gepasst, sagt er. Während Vertragslotse ein Internetdienst war, der seine Nutzer daran erinnerte, ihren Handyvertrag rechtzeitig zu kündigen, soll Volders zu einer Plattform ausgebaut werden, auf der sämtliche Verträge digital verwaltet werden können.
Außerdem soll es internationaler und seriöser sein als Vertragslotse – so wurde das bisherige Logo, ein bärtiger Kapitän mit Brille, geopfert. „Wir haben uns gefragt, ob die Nutzer ihre Verträge wirklich einem lustigen Kapitän anvertrauen wollen“, sagt der Berliner Gründer.
Mit seiner Idee hat Ansink Erfolg: Sein Start-up gehört zu den sechs Finalisten des WirtschaftsWoche-Gründerwettbewerbs Neumacher. Natürlich liegt das vor allem am Produkt, aber zweifelsohne ist die Wahl des Firmennamens für ein Unternehmen elementar. Viele Gründer vergleichen sie sogar mit der Namensfindung für ein Kind. Doch im Gegensatz zum eigenen Vornamen oder dem des Nachwuchses können Start-ups Fehlgriffe beim Namen korrigieren. Zwar ist das mit Aufwand, Kosten und dem Verlust von bereits erarbeiteter Bekanntheit verbunden. Aber möglich – vorausgesetzt, das Unternehmen befindet sich in einer frühen Phase.
„Das kommt im ersten Jahr häufiger vor“, sagt Bettina Schoenau, bei der IHK Berlin zuständig für Handelsregistereinträge. Laut einer Studie des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) und der Otto-Beisheim School of Management wechselte von 1000 Start-ups ein Viertel im ersten Jahr seinen Namen. Die Gründe sind vielfältig: Oft gibt es rechtliche Probleme mit anderen Markeninhabern. Oder Produkte und Geschäftsmodell haben sich geändert, sodass der alte Name nicht mehr passt. Häufig ist auch eine geplante Internationalisierung der Grund.
Bei den meisten Namenswechseln handelt es sich um eine Kombination, so auch bei Finn Plotz. Der 20-Jährige tauschte den Namen seines Unternehmens, das eine Box herstellt, mit der sich Fernsehen, Onlinevideotheken und Musik über eine Fernbedienung steuern lassen, schon dreimal. Er startete unter dem etwas sperrigen Namen Einfachbox und änderte ihn dann in das gefällige Simplex. Bevor Plotz den Namen eintragen ließ, recherchierte er beim Patentamt und im Handelsregister, ob er schon verwendet wird. Als er nichts fand, wähnte Plotz sich in Sicherheit. Zu früh gefreut: „Das Problem ist, dass auch ähnlich klingende Namen bereits geschützt sein können, und die findet man schwer“, sagt der Jungunternehmer.
Ein kurzer Name als Erfolgsformel
Er beauftragte einen Anwalt, der vor Problemen mit Marken wie Simpl-Ex oder SimPlex warnte. Daraufhin änderte Plotz den Namen erneut, heute heißt sein Start-up Vion. Eine gute Wahl – denn auch wenn es kaum Belege dafür gibt, welcher Name funktioniert und welcher nicht, erfüllt Vion zumindest zwei Erfolgsformeln: „Der Unternehmensname darf keine regionale Begrenzung mit sich bringen“, sagt Hendrik Brandis, Gründungspartner des Münchner Wagniskapitalgebers Earlybird. Für Geldgeber wie ihn ist ein international funktionierender Name wichtig. Deswegen wurde auch das von Earlybird finanzierte Unternehmen Mitfahrgelegenheit zu Carpooling umbenannt.
US-Forscher von der Universität Harvard und dem MIT haben außerdem herausgefunden, dass Unternehmen mit kurzen Namen erfolgreicher sind. Ob der aber aus zwei Silben bestehen sollte, wie der Starinvestor Peter Thiel rät, ist weniger eindeutig.
Auch Marktforschung sei schwierig. „Wenn Steve Jobs vorher gefragt hätte, ob Apple als Name zu einer Computerfirma passe, hätten die meisten wohl Nein gesagt“, sagt Bernd Samland, Geschäftsführer der Kölner Namensagentur Endmark. Das Beispiel zeigt aber, dass auch ein schräger Name gut funktionieren kann.
Doch so wie manche Gründer Geschäftsmodelle abkupfern, orientieren sich auch viele Start-ups bei der Namenssuche an erfolgreichen Vorbildern. Die Samwer-Brüder etwa haben sich bei Zalando selbst kopiert und einfach vor den Namen ihres ersten Start-ups Alando ein Z gesetzt – in Gedenken an den US-Onlineschuhhändler Zappos. Das löste einen Trend aus: Auf Zalando folgten Amiando oder Lieferando. Davor gab es unzählige Start-ups mit doppeltem O, von Asandoo bis Zattoo.
Ebenfalls beliebt: eine Vorsilbe wie bei myToys, myMuesli und myTaxi. Statt solchen Moden zu folgen, rät Experte Samland zu einzigartigen Begriffen. Etwa so wie bei 6Wunderkinder, die mit ihrem zwischen Selbstironie und Größenwahn liegenden Namen von Anfang an polarisierten. Doch der Erfolg gab den Berlinern recht: Sie waren mit ihrer To-do-Listen-App auch international so erfolgreich, dass Microsoft das Start-up für einen dreistelligen Millionenbetrag kaufte.