Wahl des Unternehmensstandorts Das sind die besten Städte für Gründer

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Köln - Der Hidden Champion der Gründerszene

Wenn Christian Schwarzkopf und Tim Lagerpusch erzählen, warum sie im Frühjahr 2013 ihre Koffer gepackt haben und von Hamburg nach Köln gezogen sind, sprechen sie gerne von der großen „catchment area“ rund um Köln – zu Deutsch: dem riesigen Einzugsbereich der Domstadt. In einer Stunde erreichen die beiden von hier aus zahlreiche Großstädte im Rheinland und im Ruhrgebiet, wo zusammengenommen mehr als zwölf Millionen Menschen leben. Selbst bis Paris dauert es kaum länger als drei Stunden. „Köln ist ein Hidden Champion“, sagt Schwarzkopf, „und unter Gründern absolut im Kommen.“

Die zehn besten Ratschläge für Unternehmer
Hab Spaß„Das Leben ist ein Marathon und kein Sprint“, sagt Thorsten Reiter, dessen Buch „Start up – Jetzt! Endlich loslegen und es richtig machen“ gerade im Campus-Verlag erschienen ist. Genauso verhält es sich auch mit dem Bestreben als Unternehmer. Reiter: „Wer lange durchhalten will, sollte Spaß an der Sache entwickeln, der er täglich nachgeht, und vor allem daran, wie er es tut.“ Quelle: dpa
The Winner shares it allSteuern Sie auf Ihrem Weg gezielt Win-Win-Win-Effekte an und ermöglichen Sie es so einer größeren Anzahl von Menschen, sich mit Ihrer Idee und der Sache, für die Sie stehen, zu identifizieren. Keine Angst, das bedeutet nicht, dass Sie etwas vom Kuchen abgeben müssen; es bedeutet, so Reiter, dass alle am Ende mehr haben. Wenn jemand also einen WLAN-produzierenden Baum entwickeln würde, wäre der zusätzliche Klimafaktor solch ein Effekt. Quelle: dpa
Nutze alle RessourcenHaben Sie Spaß daran, Teil von etwas zu sein und nutzen Sie das für sich. Als Unternehmer erhalten Sie Zugang zu Ressourcen, für die man sonst große Summen bezahlen müsste. Reiter: „Ein Marketingplan-Wettbewerb an einer lokalen Hochschule beispielsweise gibt der Einrichtung sowie ihren Studierenden Stoff, um sich weiter zu qualifizieren“, und Ihnen als Unternehmer einen enormen Pool an neuen Ideen. Quelle: dpa
Manchmal hilft nur: Zähne zusammenbeißen! Jungunternehmer sollten sich schnell daran gewöhnen, die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit nicht nur auszutesten, sondern sie regelmäßig zu überschreiten. Thorsten Reiter: „Nur so können sich Gründer und Erfolgssuchende sicher sein, wo sie verlaufen.“ Und: „Im gemütlichen Nine-to-Five-Sessel lassen sich keine Märkte revolutionieren und keine Konsumentenerfahrungen erschaffen, die zu wahren Ereignissen im Leben der Kunden werden.“ Quelle: dpa
Glück ist eine Einstellungssache„Jeder Gründer sollte sich entscheiden, stets Glück zu haben“, rät Thorsten Reiter. Seiner Lebensphilosophie nach liegt es in den eigenen Händen, Glück zu haben. Dabei ist für den Gründer-Experten genauso richtig, dass jeder einzelne der Herr seines Schicksals ist wie der Glaube daran, dass alles, was wir erleben, durch etwas oder jemanden vorherbestimmt ist. Quelle: dpa
Glaub an dich Unternehmer sollten sich laut Reiter darauf konzentrieren, ihre Marke auszubauen sowie ihre Arbeit zu erledigen, und aufhören, über sich und ihr potentielles Versagen nachzudenken. „Wenn sie eines Tages scheitern, werden sie es schon merken und haben genug Zeit, im Nachhinein darüber nachzudenken.“ Quelle: dpa
Gib dein Wissen weiter Behalten Sie niemals die Dinge, die Sie auf Ihrem Weg gelernt haben, für sich. Teilen Sie, wann immer sie können, lautet die Empfehlung des Start-Up-Experten Reiter. Halten Sie also Vorträge, geben Sie Workshops oder seien sie selbst ein Mentor für andere Entrepreneure. Reiter: „Dadurch wird auch der Gründer selbst besser, versteht seine Herangehensweisen und erhöht sein Exposure.“ Quelle: dpa

Für Schwarzkopf und Lagerpusch war die Stadt deswegen erste Wahl – vor Hamburg und Berlin. Auch Karlsruhe ließen sie links liegen, obwohl sie dort studiert und das Center für Innovation & Entrepreneurship aufgebaut hatten. Der Grund für ihren Umzug: Für ihren Online-Marktplatz Sugartrends suchen Schwarzkopf und Lagerpusch nach kleinen Läden und Boutiquen mit besonderen Produkten, wie sie sich vor allem in den Innenstädten großer Städte finden. Jene Einzelhändler, die im Wettstreit mit großen Online-Anbietern um ihre Existenz fürchten müssen. Über die Plattform Sugartrends sollen sie mehr Käufer im Netz erreichen.

Lagerpusch und Schwarzkopf haben sich mitten in der entstehenden Gründerzone zwischen den beiden Start-up-Häusern Startplatz und dem Clusterhaus in der Nähe des Friesenplatzes sowie dem Belgischen Viertel niedergelassen – in einem restaurierten Fabrikgebäude aus Backsteinen mit hellen Rundbogenfenstern. „Wir sind mittendrin“, sagt Schwarzkopf, „nah an anderen Start-ups und nah an vielen kleinen Läden.“

Dass Schwarzkopf und Lagerpusch mit ihrer hohen Meinung vom Standort Köln in der Gründerszene der Stadt nicht alleine stehen, zeigte sich etwa Anfang Oktober, als der E-Entrepreneurship Flying Circus an der Universität der Domstadt haltmachte – ein Projekt des Entrepreneurship-Professors Tobias Kollmann, der per Bus in ganz Deutschland für Unternehmertum warb. Auf dem Podium erklärten Gründer, dass die Szene in Berlin „zu viel mit sich selbst beschäftigt“ sei. Köln dagegen besteche etwa durch die Nähe zu Mittelstand und Industrie im Rheinland und Ruhrgebiet. Das helfe vor allem Gründern mit sogenannten Business-to-Business-Ideen – also solchen Start-ups, die ihre Produkte vor allem an gewerbliche Abnehmer verkaufen wollen.

Wie wichtig diese Verbindung ist, bestätigt auch der aktuelle Deutsche Startup Monitor: Fast 40 Prozent der Gründer aus dem Raum Rhein-Ruhr bekannten in der Umfrage, ausschließlich Businesskunden zu adressieren – mehr als in Berlin, Hamburg oder München. Für solche Firmen sei Berlin eher nicht geeignet, weil es in der Hauptstadt und in der Umgebung weniger Industrie gebe und „du da halt nicht gut wegkommst“, formuliert es der Kölner Seriengründer Oliver Thylmann.

Woher Startups ihr Kapital erhalten

Auch die Jungunternehmer Schwarzkopf und Lagerpusch schätzen die Nähe Kölns zu mehreren Flughäfen. Denn einige ihrer Entwickler sitzen in Lissabon – „und dorthin zu kommen war von Hamburg aus schwierig und teuer“.

Schlechte Noten für Politiker

Zumal es im Rheinland gutes Personal gibt, wie Tobias Schiwek bestätigt. Er hat 2012 das Start-up Endore.me gegründet, eine Plattform, die Künstler und Fans zusammenbringen soll. Endore.me startete in Berlin, wo seine ersten Investoren ihren Sitz hatten. Doch als Schiwek und sein Mitgründer in Köln deutlich schneller Entwickler fanden, zogen sie nach einigen Monaten zurück an den Rhein.

Allerdings hat die Region noch Nachholbedarf. Laut dem Deutschen Startup Monitor ist in der Metropolregion Rhein-Ruhr sowohl der Zugang zu Beratern und Mentoren als auch der Zugang zu Investoren schwieriger als in Berlin, München oder Hamburg. Erfolge werden nach Ansicht der befragten Unternehmer nicht sichtbar genug kommuniziert, und das Veranstaltungsangebot für Gründer lässt zu wünschen übrig. Außerdem bewerten die Gründer die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen eher schlecht, wenn es um die Förderung des Gründerstandorts geht. Dabei sollten die Städte der Region kooperieren, findet Sugartrends-Gründer Schwarzkopf: „Kleinstaaterei hilft hier niemandem weiter.“

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