Werkvertragsgesetz und Scheinselbstständigkeit "Das Schlimmste wurde verhindert"

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Mehr als doppelt so viele Scheinselbstständige binnen acht Jahren?

Laut der DRV gelten unter anderem als scheinselbstständig:

  • Personen mit nur einem Auftraggeber
  • Personen, die allen Weisungen des Auftraggebers Folge leisten müssen
  • Personen die bestimmte Arbeitszeiten einhalten müssen
  • Personen, die dem Auftraggeber regelmäßig in kurzen Abständen detaillierte Berichte zukommen lassen müssen
  • Personen, die in den Räumen des Auftraggebers oder an von ihm bestimmten Orten arbeiten müssen
  • Personen, die bestimmte Hard- und Software benutzen müssen, sofern damit insbesondere Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers verbunden sind

"Wer als Selbstständiger zum oben genannten Personenkreis gehört, ist verpflichtet, sich innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit bei seinem Rentenversicherungsträger zu melden. Dies gilt auch, wenn der- oder diejenige Gründungszuschuss erhalten. Wer sich nicht meldet, muss eventuell Beiträge nachzahlen", heißt es bei der DRV.

Von 19 auf 47 Prozent binnen acht Jahren

Und auch Unternehmern, die einen Freelancer - sei es einen Grafiker, einen Unternehmensberater oder Interim Manager - beschäftigen wollen, wird geraten, sich bei der DRV vorher zu erkundigen, ob der Vertrag hieb- und stichfest ist, oder ob es sich per Definition um Scheinselbstständigkeit handeln würde. Lutz sieht dabei allerdings ein Problem: "2006 wurde in 19 Prozent der Fälle entschieden, dass es sich um Scheinselbstständigkeit handelt, 2014 waren es, bei unveränderter Gesetzeslage, 47 Prozent. Da hat es bei der Rentenversicherung offenbar einen Politikwechsel gegeben." Hinzu komme, dass ein solches Feststellungsverfahren nicht gerade schnell abgearbeitet ist.

Lutz: "Der Auftraggeber will Klarheit und ihm wird wird – von manchen Steuerberatern und Anwälten noch immer geraten, sich bei der Deutschen Rentenversicherung zu erkundigen. So ein Feststellungsverfahren dauert Monate - und dann heißt es in 47 Prozent der Fälle: Nö, das geht nicht, das wäre eine Scheinselbstständigkeit."

Eines der Probleme sei die Auslegung der Kriterien der DRV. Zum Beispiel die Weisungsbefugnis. Lutz erzählt vom Beispiel einer Unternehmerin, die einen Trainer engagieren wollte. Dafür musste natürlich mit ihm Termine, Orte und Themen besprechen. Das wurde gegen sie ausgelegt, weil sie ihm damit Weisungen gegeben hätte. Lutz: "Immer wenn Sie jemandem sagen: "Mach das mal" wird es schwierig." Ein weiteres Anzeichen für Scheinselbstständigkeit sei laut der DRV, dass man keine Angestellten, keine Gebäude oder Maschinen habe. "Soll sich der IT-Berater jetzt eine Lagerhalle kaufen?"

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