4. Die gute alte TV-Werbung schafft Vertrauen!
„Wir gucken selbst gar kein Fernsehen mehr – wofür braucht unser Unternehmen also eine Fernsehwerbung?!“
Ante Krsanac und Anton Rummel, die beiden Geschäftsführer der Berliner Umzugs-Plattform Move24, waren verblüfft, als ihre Investoren vorschlugen, Geld in eine Marketingmaßnahme zu investieren, die ihnen ziemlich altmodisch daherkam. Aber sie hörten auf den Rat, nahmen Geld in die Hand und beauftragten die renommierte Werbeagentur Jung von Matt, zwei Spots zu drehen.
Die Idee der Kreativen: US-Präsident Barack Obama wacht im Weißen Haus auf und muss feststellen, dass sein Nachfolger neben ihm im Bett liegt – der Umzug ging deutlich schneller als geplant.
„Erst im letzten Moment haben wir entschieden, zwei Versionen zu drehen: nicht nur eine mit Hillary, sondern auch noch eine mit Trump“, erinnern sich die Chefs von Move24. Das Timing hätte besser nicht sein können: Rund um die US-Wahl gingen die kurzen Filme online und wurden millionenfach angeklickt, vor allem die Version mit dem Überraschungssieger Donald Trump.
CEO Ante Krsanac freute sich über den Erfolg, aber eine Sache überraschte ihn am meisten: „Uns erreichen ganz neue Anfragen von Umzugsunternehmern, die mit uns zusammenarbeiten wollen, weil sie sagen: Ihr seid doch die aus dem Fernsehen!“ Denn der Spot lief auch auf diversen Fernsehsendern und brachte dem Unternehmen „eine ganz neue Form von Vertrauen“, sagt Krsanac. Außerdem würden die Zugriffe auf die Plattform nach der Ausstrahlung stets signifikant steigen – und das, obwohl ein Mensch im Schnitt nur alle sieben Jahre umzieht.
Die neue Wahrnehmung kann das Start-up gut gebrauchen: 2017 benötigt Move24 neue und vor allem große Finanzierungsrunden, um gegen den Konkurrenten Movinga zu bestehen. Bisher hat Move24 etwa 23 Millionen Euro Wagniskapital eingesammelt und beschäftigt rund 250 Mitarbeiter – ein steiles Wachstum, wenn man bedenkt, dass die Firma gerade mal vor 15 Monaten gegründet wurde.
5. Start-ups müssen weniger Rücksicht nehmen
Berlin ist die Hauptstadt der deutschen Fintech-Szene: 70 Start-ups aus dem Bereich digitaler Finanzdienstleistungen wurden hier gegründet, das bekannteste ist N26.
Seit Anfang 2015 bietet das Start-up ein Gratis-Konto per Smartphone-App an, vor wenigen Monaten bekam das Unternehmen eine Banklizenz und darf damit auch offiziell die etablierten Geldhäuser angreifen.
Markus Gunter, Geschäftsführer der N26 Bank, war vorher CEO bei einer Direktbank und damit Teil jenes „Establishments“, das N26 attackieren will. Er betont: „Echte Innovationen können nicht aus der Branche selbst kommen, weil traditionelle Banken zu viel Rücksicht nehmen müssen auf ihre Filialen, Betriebsräte oder eingefahrenen Strukturen“. N26 dagegen würde mit einer „rule breaking attitude“ arbeiten – also einer Mentalität, wo Regelverstoß zum Alltag gehört.
Leider wendete sich dieses Motto in diesem Sommer gegen die eigenen Kunden. N26 sorgte für große Verunsicherung, weil es 500 Kontoinhabern kündigte, nachdem diese anscheinend zu oft Bargeld vom Automaten abgehoben hatten und damit hohe Kosten bei N26 produzierten.
Was war da los, Herr Gunther?
„Wir sind über unsere eigenen Füße gestolpert“, sagt der Bank-Chef, „wir wollten zu viel auf einmal.“ Entscheidend sei aber, dass N26 aus diesem Fehler gelernt habe und trotzdem weiter versuche, radikaler und freier zu denken als die Konkurrenz. Denn nur so könne es gelingen, die Kundenzahl von jetzt 200.000 auf „fünf bis zehn Millionen“ zu erhöhen, obwohl mittlerweile sogar die Sparkassen eine App entwickelt haben, mit der sich kleine Geldsummen problemlos hin- und herschicken lassen.
Gunter ist zuversichtlich: „Die stoßen schnell an Grenzen, wir sind schneller“ – und eben auch rücksichtsloser.