Intrigen Hinterlistige Machtspiele im Büro

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Heimlicher Blick: Wo Menschen anders nichts bewirken können, greifen sie zur Intrige Quelle: Arto/Fotolia

So ähnlich war es auch bei Friedrich H.*. Dessen Laufbahn endete mit 22 Tagen -Untersuchungshaft. Als im Mai 2008 die Handschellen klicken, werden dem -ehemaligen Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium Geheimnisver-rat, Vorteilsnahme und Bestechung vorgeworfen. Er soll einer Gruppe von -Professoren und Unternehmern Aufträge zugeschanzt haben und als Gegenleistung einen Frankreich-Urlaub sowie ein Laptop und einen Kleinwagen er-halten haben. Der Schaden laut Staatsanwaltschaft Wuppertal: rund 4,3 Millionen Euro.

Die Ermittlungen ziehen sich bis Ende 2009. Telefonate werden abgehört, E-Mails ausgewertet, beim LKA die Sonderkommission „Stuhl“ eingerichtet und eine bundesweite Razzia mit 270 Polizisten angeordnet – es entsteht eine 8000 Seiten dicke Dokumentation, die allerdings einen ganz anderen Schluss zulässt: Friedrich H. ist Opfer eines Komplotts.

Der angebliche Frankreich-Urlaub entpuppt sich bald als selbst bezahlter -Besuch einer Fischtreppen-Anlage, das Laptop als längst zurückgegeben, und den kostenlos zur Verfügung gestellten Kleinwagen hat die beschuldigte Firma nie besessen. Umso wahrscheinlicher ist, dass der Grünen-Sympathisant Friedrich H. kurz nach dem NRW-Regierungswechsel in Ungnade fiel. Als Umwelt-Überzeugungstäter hatte er zum Unwillen des neuen CDU-Ministers Eckhard Uhlenberg auf eine aufwendige Verbesserung der Wasserqualität der Ruhr gedrängt. Danach nahm die Sache ihren Lauf.

Intrigen entwickeln sich durch ein soziales und betriebliches Umfeld

Laut dem Online-Portal „Ruhrbarone“ soll der Leiter des Disziplinarreferats die Ermittlungen „befeuert“ haben, „wo er konnte“. Er habe belastendes Material gegen Friedrich H. gesammelt, bis es für eine Kündigung reichte. Kurz darauf tauchten erste Presseartikel auf, Korruptionsanzeige wurde gestellt, die Staatsanwaltschaft Düsseldorf legt die Akte „50 AR 6/06“ an. Allerdings: Den eigenen Korruptionsbeauftragten schaltete das Ministerium nicht ein, obwohl das eigentlich dessen Pflicht gewesen wäre. Die Anschuldigungen stützen sich jedoch nur auf vage Behauptungen, allenfalls Indizien, aber sie genügen, um ein in die Ermittlungen hineingezogenes Unternehmen zu zerstören und Friedrich Hs. Privatleben zu ruinieren.

Intrigen entwickeln sich in und durch ein soziales und betriebliches Umfeld. Besonders da, wo Menschen anders schwer etwas bewirken können, greifen sie zur Intrige. Wo sie nicht wissen, wie sie ihre Position verbessern können, wo weder Geld und Macht noch Ruhm und Ehre zu erlangen sind, wo Aufstiegs- und Entlohnungskriterien intransparent sind, Hierarchien und Entscheidungsstrukturen unklar oder starr.

Intrigenförderlich sind auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen: Der unsicherer werdende Arbeitsmarkt, die dynamisch steigende Staatsverschuldung, die Debatte um die fallenden Renten, alles das lässt die Angst wachsen um den Job und den Betrieb, das Ersparte und die Rente, das Heute und das Morgen.

Zusätzlich gibt es meist noch einen -konkreten, letzten Anlass zur Intrige - ein „noch mehr“ und damit „zu viel“. Der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass überlaufen und den Intriganten handeln ließ. Häufig dient auch ein „neu“, oder „anders“, eine radikale Veränderung, eine Neubesetzung oder Umstrukturierung dazu, die Intrige ins Laufen bringen. Während und nach Fusionen und Umstrukturierungen steigt die Intrigengefahr deutlich. Ebenso spielen Ressourcen eine große Rolle: Ist ein wichtiges Gut unsicher oder knapp, so steigt die Konkurrenz darum, egal, ob es um Arbeitsmaterial geht oder um Anerkennung.

Überhaupt Anerkennung: Wenn sie durch Managementfehler als knapp gehandelt wird, in ihrer verbalen, formalen oder materiellen Form, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass jemand intrigante Mittel einsetzt. Dabei ist es meist nur schwer möglich, Opfer und Täter, Mittäter und Mitwisser zu unterscheiden.

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